Diskussionsrunde forderte auf der 4. Koblenzer Vocatium einen frühen Berufseinstieg durch Praktikum und Ausbildung
„Zu viele folgen Akademiesierungs-Wahn“
2300 Schüler aus 36 Schulen besuchten die Fachmesse für Ausbildung und Studium in der Rhein-Mosel-Halle
Koblenz. 2.300 Schüler aus 36 Schulen im nördlichen Rheinland-Pfalz besuchten die Vocatium. Das war die 4. Koblenzer Fachmesse für Ausbildung und Studium in der Rhein-Mosel-Halle (RMH) mit 54 Ausstellern, bestehend aus sieben Institutionen und Verbänden, 29 Unternehmen, sechs Akademien und Fachschulen sowie zwölf Hochschulen. Die hatten ihren Stand im Koblenzer Büro des Instituts für Talentwicklung (ITF), die Zentrale ist in Berlin, bei Projektleiterin Tina Wahlen angemeldet. Hintergrund war, qualifizierten Nachwuchs bzw. Schüler zu akquirieren. So vereinbarten Interessenten über die ITF bei den Ausstellern insgesamt 5.500 Info- und Beratungstermine an den beiden Messetagen, 600 mehr als im vergangenen Jahr. Auf der Koblenzer Vocatium, Blick aktuell war Medienpartner, warben Unternehmen, Institutionen und Schulen u. a. mit Modellen, Videos, Plakaten, Flyern und Infomaterial für Nachwuchs, Schüler, Praktikanten und Azubis. In einigen Räumen der RMH gab es Info- und Fachvorträge, da viele Aussteller die Masse der Terminwünsche für die Vocatium nicht bewältigen konnten.
Info- und Diskussionsrunde
Zu Beginn der Messe hatten Tina Wahlen und Miriam Schöler, IFT West Geschäftsführerin, zu einer Info- und Diskussionsrunde geladen u. a. mit der Koblenzer Kulturdezernentin Dr. Margit Theis-Scholz sowie den Ausbildungs- und Kommunikationsreferenten Michael Gruber (Finanzamt Koblenz), Thomas Molitor (Hauptzollamt), Carsten Delkur (Fachoberschule Kobern-Gondorf) und Dirk Wehner (Fachoberschule Mendig). Miriam Schöler stellte das ITF vor, das in Deutschland mit 250 Mitarbeitern an 83 Standorten vertreten ist und dort jährlich die Messe Vocatium veranstaltet. Die Diskussionsteilnehmer glauben, dass Bewerber oft nicht wissen, um was es bei den Berufen konkret geht. Hier seien auch die Schulen gefordert. Als Wunsch stand auf jedem zweiten Vocatium-Fragebogen Studium der Psychologie, gefolgt von Auslandsaufenthalten. So mussten die Unis Koblenz-Landau, Bonn und Mainz auf der Messe etwa zwölf Prozent der Gesprächsanfragen ablehnen, da sie zu wenig Berater hatten. Tina Wahlen kritisierte: „Zu viele Abiturienten folgen dem Akademiesierungs-Wahn und wollen möglichst lange im geschützten Rahmen der Schulen bleiben.“ Thomas Molitor gab zu Bedenken, dass das Hauptzollamt Koblenz viel mehr Dienststellen im mittleren als im gehobenen Dienst habe. Dabei könnten sich die Bewerber mit Fachhochschulreife nur schwer gegen Akademiker durchsetzen.
Duales Studium
Die Diskutanten waren sich einig, dass ein Jahrespraktikum oft in eine Ausbildung münde und so man qualifiziertes Personal bekäme. Unternehmen im Raum Koblenz machen sich derzeit Gedanken um ein duales Studium. Dies bedeutet, dass im Betrieb die jungen Leute normal arbeiten oder ausgebildet werden und sich abends und am Wochenende dem Studium widmen. Dies sei beim Finanzamt Koblenz möglich versicherte Michael Gruber. So fragten auch viele Messebesucher bei den Ausstellern und Hochschulen nach, ob ein solch duales Studium möglich sei. Ein duales Studium bedeutet für den Betreffenden jedoch eine große Belastung, denn statt Freizeit ist über Jahre intensives Lernen notwendig. Berufseinsteiger bewerben sich meist mehrfach bei Unternehmen und Schulen, was für die Diskussionsteilnehmer durchaus akzeptabel ist. So kommt es, dass die Fachoberschule Kobern-Gondorf laut Carsten Delkurt viel zu viele Bewerber für ihre 60 Plätze hat. Zur Qualifikation der jungen Leute unterstrich Thomas Molitor, das beim Hauptzollamt Koblenz alle den gleichen Test schreiben: „Mathe ist eher einfach, aber bei Deutsch fallen die meisten durch. Wir sortieren die Bewerber nicht nach dem Notenschnitt, da der nicht gleich ist. Wir laden alle Bewerber ein und die haben dann die gleichen Chancen. Für uns sind Persönlichkeit und Können ausschlaggebend.“ Bei der Berufsfindung laufe es meist nach dem 08/15-Schema meinte Kulturdezernentin Dr. Theis-Scholz und forderte: „Die Eltern müssen da offener werden, damit die Jugendlichen sich nicht nur auf familiäre Erfahrungen berufen. Etwas Unbekanntes wählen, ist aber schwierig.“ Nach der Diskussion informierten sich die Teilnehmer auf einem Rundgang über die Messe bei zahlreichen Ausstellern über deren Vocatium-Aktivitäten.
HEP
Am Stand der Bundeswehr informierten sich zahlreiche Jugendliche.
Über Ausbildung und Studium informierte auch die Stadtverwaltung Koblenz.
Am Stand von Birkenstock gab es ein Stromschaltpanel zur Demo.
Mit Videos auf einen Großbildschirm warb die Firma Dyckerhoff um Nachwuchs.
