Großes Interesse an der wechselvollen Geschichte der Deutschen aus Russland
Landrat Kaul: Kultur des Dialogs und des Miteinanders ist ein echter Standortvorteil
Kreis Neuwied. Die von Kreisverwaltung, Schule und mennonitischen Gemeinden gemeinsam organisierte Wanderausstellung mit Projekttagen im Unterricht der David-Roentgen-Schule wurde im Rahmen einer Kultur- und Begegnungsveranstaltung in der voll besetzten Schulaula mit einem musikalischen Programm des Jugendchores der mennonitischen Brüdergemeinde Neuwied eröffnet. Landrat Rainer Kaul wies in seiner Ansprache darauf hin, dass in Stadt und Kreis Neuwied traditionell ein Klima der Toleranz und des Respekts herrsche. „Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Kultur des Dialogs ein besonderer Standortvorteil ist,“ so Landrat Kaul weiter. „Die Stadt Neuwied war deutschlandweit ein Schwerpunkt des Zuzugs für die mennonitischen Rückkehrer,“ erläuterte Hans von Niessen, der als mennonitischer Umsiedlerbetreuer viele Jahre tätig war und bei der Eingliederung mit Rat und Tat zur Seite stand. „Die mennonitischen Glaubensgemeinschaften halten eng zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Dies ist bei der Integration ein großer Vorteil gewesen,“ ist Hans von Niessen überzeugt.
Wer in den letzten Wochen die Kreisverwaltung betrat, traf auf viele Bürgerinnen und Bürger, die ins Lesen vertieft vor den Tafeln der Ausstellung über die Geschichte der Deutschen aus Russland standen. Für viele von ihnen spiegelte dies die eigene Geschichte wider, denn insgesamt leben im Landkreis Neuwied etwa 12.500 Deutsche aus Russland.,“ berichtete Andrea Oosterdyk, Geschäftsführerin des Beirates für Migration und Integration des Landkreises Neuwied. Großes Interesse fanden die Projekttagen in den Schulklassen unter Leitung von Jakob Fischer, der selbst als Lehrer für Geschichte aus Kasastan den Weg nach Deutschland suchte und der mit seinem Wissen und seiner eigenen Geschichte die Jugendlichen faszinierte und sie anregte, sich mit ihrer eigenen Herkunft und ihren Wurzeln zu beschäftigen.
Mehr als 2,5 Millionen Russlanddeutsche sind seit 1950 wieder in das Land ihrer Vorfahren zurückgekehrt. Sie gehören damit zu dem Fünftel der deutschen Bevölkerung, die einen sogenannten Migrationshintergrund haben. Mit der Migrationsgeschichte der Aussiedler nach Osten als Siedler zur Zeit Katharina der Großen, die die Deutschen einlud, damit sie mit Fleiß und ihren Kenntnissen die Urbarmachung der Weiten Russlands vorantrieben. Für viele Angehörige gerade des mennonitischen Glaubens war der Ruf Katharinas sehr attraktiv, waren sie doch in Russland neben anderen Privilegien vom Wehrdienst befreit, den sie aus religiösen Gründen ablehnten.
200 Jahre später gab es für diese Personengruppe keine Perspektiven mehr in Russland, mehr Restriktion und Diskriminierung. Umso überraschter waren die Deutschen aus Russland, die dort 250 Jahre lang in den Siedlungsgebieten sorgsam ihre deutschen kulturellen Gepflogenheiten und Traditionen pflegten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Deutschland auf eine Gesellschaft trafen, die sich in den 250 Jahren verändert hat, urbaner und globaler geworden ist und die sie als Fremde betrachtete. Besonders zu schaffen machte den Aussiedlern, dass sie oftmals gar nicht als Deutsche wahrgenommen wurden und mit Vorurteilen und manchmal Ablehnung zu kämpfen hatten. Diese Erfahrungen werden in den vielen Thementafeln behandelt, aber auch die erfolgreiche Integration der Deutschen aus Russland. Die Wanderausstellung, die schon in zahlreichen Städten und Gemeinden in Deutschland zu sehen war, kann während der Öffnungszeiten der Kreisverwaltung besucht werden. Schulklassen sind ebenfalls herzlich willkommen.
Pressemitteilung
Kreisverwaltung Neuwied
Von links nach rechts: Integrationsbeauftragte Andrea Oosterdyk, mennonitischer Umsiedlerbetreuer a.D. Hans von Niessen, Projektleiter im Auftrag des Innenministeriums Jakob Fischer, Landrat Rainer Kaul, Stellvertr. Schulleiter Albert Göppert und Fachkonferenzleiter für Sozialkunde/Wirtschaftslehre OSTR Gerhard Neumann.Foto: Privat
