Bei der AHRche laufen die Fäden für Hilfsaktionen und Spenden zusammen

AHRche in Ahrweiler: Ziel ist, nicht mehr gebraucht zu werden

AHRche in Ahrweiler: Ziel ist, nicht mehr gebraucht zu werden

Überblick über das AHRche-„Dorf“ auf dem alten Campingplatz in Ahrweiler. Foto: GS

AHRche in Ahrweiler: Ziel ist, nicht mehr gebraucht zu werden

Im AHRche-Büro koordinieren Lucas Bornschlegl (links) und Maternus Fiedler die mannigfaltigen Hilfen des Vereins. Foto: GS

Ahrweiler. „Unsere Wintertreffs sind so etwas wie Zufluchtsstätten, Archen. Orte, an denen Menschen ihre seelischen Päckchen abladen können. Räume in denen von der Flut Betroffene und Helfer sich austauschen können.“ Das sagt Lucas Bornschlegl. Der 30-Jährige ist Vorsitzender des Vereins AHRche, ein Verein für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau. Bornschlegl ist seit dem ersten Tag nach der Flut im vergangenen Juli als Helfer im Einsatz, zuerst als Mitglied der Grafschafter Feuerwehr, dann als Privatmann und seit der AHRche-Gründung im August vergangenen Jahre als deren Frontmann. Wobei er bei den 20 Aktiven des mehr als 100 Mitglieder zählenden Hilfsverein eher als Gleicher unter Gleichen gilt.

Wintertreffs im Überblick

Ihre Zelte hat die AHRche auf dem alten Campingplatz an der Ahrweiler Kalvarienbergstraße aufgeschlagen. Von dort koordiniert Maternus Fiedler (68) als Schatzmeister der AHRche auch die Wintertreffs, deren es zehn in der Kreisstadt gibt. Mit unterschiedlichen Betreibern und auch Finanzgebern. Hier ein Überblick: Der Wintertreff in Heimersheim läuft unter der Regie und Finanzierung des Arbeiter-Samariter-Bundes, in Heppingen und Walporzheim haben die Malteser den Hut auf. Die Malteser finanzieren auch den Wintertreff aus dem Moses-Parkplatz, der von der Bethelstiftung und Wolfgang Steinheuer betrieben wird. Zuständig für die Treffes am Nelkenweg und im Bad Neuenahrer Kurpark ist die Arbeiterwohlfahrt, über den AHRche e.V. werden die Treffs am KBM und am Pfarrhaus von Sankt Laurentius vom Paritätischen Gesamtverband finanziert. Und letztlich finanziert das Kinderhilfswerk die Wintertreffs im Bachemer Sängerheim und der AHRche in Ahrweiler.

„Wir werden die Wintertreffs, in denen auch eine warme Mahlzeit angeboten wird, bis April aufrecht erhalten“, unterstreicht Fiedler die Wichtigkeit dieser Einrichtungen für die Bevölkerung bei einem Ortstermin mit „Blick aktuell“ im Gartenhaus-Büro auf dem Ahrweiler Campingplatz. Dort laufen die Fäden für alle AHRche-Aktionen zusammen. Wobei Bornschlegl und sein Vize Benjamin Kruska (55) Wert darauf legen, alles möglichst auf viele Schultern zu verteilen.

So zeichnet zum Beispiel der TuS Ahrweiler für das Sportzelt - von der Deutschen Sternstiftung finanziert - auf dem Campingplatz verantwortlich, teilt die Nutzung ein. So hat der Schulsport der Aloisius-Grundschule dort ebenso eine neue Heimat gefunden wie die Sport-Leistungskurse des Peter-Joerres-Gymnasiums. Die TuS-Abteilungen füllen den Stundenplan ebenso wie Yoga-Kurse, die AKG, Seniorensport oder Karate Doja Dernau.

Kino und Konzerte

Im großen Verpflegungszeit gibt es indes nicht nur ein warmes Plätzchen für ein warmes Mittagessen, sondern auch Platz für Kultur. „Kino, Weinproben, Konzerte, das Programm ist vielfältig“, sagte Kruska beim Rundgang über den Platz, auf dem Chef-Koch Sascha Wienert und Willi Siefke für den Mittag Bratkartoffel mit Fleischsalat ankündigen. Siefke ist selbst mit seinem Lokal in der Altstadt von der Flut betroffen und hat sich deshalb die Kochschürze für die AHRche übergezogen. Einer von vielen Helfern, die sich in den Dienst der guten Sache gestellt haben.

Zurück ins AHRche-Büro, Zeit für Zahlen. Die haben Fiedler und Bornschlegl parat, legen wert drauf, dass die komplette Spendenverwaltung „akribisch, detailliert und unter Aufsicht von Steuerberater und Wirtschaftsprüfer stattfindet“. „Aktion Deutschland hilft“ ist das Dach, unter dem mehr als ein Dutzend Organisationen wie zum Beispiel die Adra, Malteser, Arbeiter-Samariter-Bund, Arbeiterwohlfahrt, Kinderhilfswerk Parität, Lions und Rotarier agieren. „Rund 1,6 Millionen Euro sind bis zum Jahresende 2021 an Geldspenden eingegangen. An Sachspenden mit Quittung waren es noch mal 400 TSD Euro“, rechnet Fiedler vor. Doch das sei bei Weitem nicht alles, ergänzt Bornschlegl. Denn die AHRche begleite auch Aktionen wie das Klimaprojekt, bei dem von Klima-Handwerkern aus ganz Deutschland insgesamt über 1080 von einem Radiosender finanzierte sogenannte Ein-Raum-Heizungen zwischen Ahrweiler, Bad Münstereifel und auch bei Flutopfern in Trier eingebaut wurden. „Das allein war eine Wertschöpfung von 3,5 Millionen Euro“, sagt Bornschlegl und hebt hervor: „Die Anlagen gehen komplett ins Eigentum der Betroffenen über.“ Und macht mit Nachdruck klar: „Alle Spenden und Projekte werden differenziert aufgelistet und genau dokumentiert.“

Überhaupt legt der 30-Jährige mit seinem Team Wert auf Genauigkeit. So reicht ihm der Begriff Wintertreff allein nicht aus. „Es sind auch Integrationsstätten, Sammelplätze der verschiedenen Kulturen. Wir gehen unseren Weg mit unseren sozialen Werten.“

Werkzeug-Ausleihe

Aber auch um materielle Werte kümmert sich das Team im Büro unweit der provisorischen Ahrtorbrücke. Unter den Schreibtischen stapeln sich Kisten mit Stemmhämmern, Kettensägen und anderem professionellen Werkzeug. Nicht lange, denn der Bedarf ist auch sieben Monate nach der Flut groß. So kommen täglich Menschen mit unterschiedlichsten Anliegen der Ausleihe. Wobei auch Großgerät kein Problem darstellt. Wird ein Radlader gebraucht, wird er genauso vermittelt wie ein Kleinlaster. „Voraussetzung ist nur, dass die Ausleiher die entsprechenden Scheine für den Betrieb der Geräte vorweisen können“, sagt Bornschlegl, der wenig später vom eintreffenden Vize-Ortsvorstehet Ferdi Heuwagen ein dickes Lob kassiert: „Etwas Besseres als die AHRche hätte uns nicht passieren können.“ Heuwagen verbreitet Optimismus. Dies obwohl er selbst mit zum Teil frisch renovierten Objekten meterhoch in der Flut gestanden hatte: „Mir krinn dat widde hin.“

Dem stimmen die Helfer widerspruchslos zu. Und machen unisono klar: „Unser Ziel ist, dass wir nicht mehr gebraucht werden. Solange wird es die AHRche geben.“ Aber auch Neues ist angedacht. Denn vor allem die Masse an Kleidungstücken, die sich noch in den Hilfsgüterdepots befindet, wird im Ahrtal nicht oder kaum noch benötigt, wird aber für Geflüchtete in Osteuropa dringend gebraucht. Das ist jedoch eine andere Geschichte.

Infos über die AHRche:

www.die-AHRche.de