Bekanntmachung
Gemäß § 15 Abs. 1 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz – VersammlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600) geändert worden ist, in Verbindung mit §§ 32 S. 1, 28 Abs. 1 S. 1 und 2, 28a Abs. 7, 29 und 30 Abs.1 S. 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5162) geändert worden ist, in Verbindung mit § 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes vom 10. März 2010, zuletzt geändert durch § 7 des Gesetzes vom 15.10.2021 (GBGl. S. 341), in Verbindung mit § 4 Abs. 2 der 29. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (29. CoBeLVO) in der aktuell gültigen Fassung, § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erlässt die Kreisverwaltung Ahrweiler als Versammlungsbehörde und zuständige Behörde nach dem Infektionsschutzgesetz für das Gebiet des Landkreises Ahrweiler folgende
Allgemeinverfügung
Hiermit werden für die Durchführung von nicht ordnungsgemäß angemeldeten öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel in Form von sogenannten „Spaziergängen“, „Montagsspaziergängen“ oder thematisch vergleichbaren Ersatzversammlungen auf dem Gebiet des Landkreises Ahrweiler folgende Auflagen festgesetzt:
1. Aufgrund des § 4 Abs. 2 der 29. CoBeLVO werden für die genannten Versammlungen folgende Auflagen im Rahmen des Infektionsschutzes festgesetzt:
a) Es gilt das Abstandsgebot des § 3 Abs. 1 der 29. CoBeLVO. Zwischen Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören, ist ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten. Das angeordnete Abstandsgebot gilt ausdrücklich auch im Freien.
b) Sofern das vorstehende Abstandsgebot nicht sicher eingehalten werden kann, gilt die Maskenpflicht des § 3 Abs. 2 der 29. CoBeLVO, also die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske (OP-Maske) oder einer FFP2-Maske oder einer Maske eines vergleichbaren Standards. Die angeordnete Maskenpflicht gilt ausdrücklich auch im Freien.
c) Das Abstandsgebot sowie die Maskenpflicht gelten nicht in den in § 3 Abs. 3 Ziff. 1-3 der 29. CoBeLVO genannten Fällen.
2. Die Sicherheit der Versammlungsteilnehmer sowie des Straßenverkehrs darf nicht beeinträchtigt werden. Die Teilnehmer des Aufzuges haben die Bürgersteige, insbesondere an den stark frequentierten Straßen, zu nutzen.
3. Feuerwehr-, Rettungsdienst- oder Polizeieinsatzfahrzeugen ist die Durchfahrt zu ermöglichen und unverzüglich freie Bahn zu schaffen.
4. Die sofortige Vollziehung der in Ziffer 2. und 3. verfügten Auflagen wird im besonderen öffentlichen Interesse gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Hinsichtlich der infektionsschutzrechtlichen Anordnungen hat der Widerspruch bereits nach § 16 Abs. 8 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 3 IfSG keine aufschiebende Wirkung.
5. Diese Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – in Verbindung mit § 41 Abs. 4 S. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG) und tritt am 24.01.2022 um 0:00 Uhr in Kraft
6. Diese Allgemeinverfügung gilt bis zum Ablauf des 11.02.2022.
Begründung:
Es handelt sich bei den bezeichneten Aktionen um die geplante Durchführung von öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel im Sinne des Versammlungsgesetzes. Es ist dabei die Strategie zu versuchen, örtliche Zusammenkünfte von Personen unter Umgehung des Versammlungsgesetzes durchzuführen. Dies wird verfolgt, indem solche Versammlungen ohne die grundsätzlich gebotene Anzeige im Sinne von § 14 VersammlG durchgeführt werden, um damit die – zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit gebotenen – behördlichen Präventiv-/Steuerungsmaßnahmen der Versammlungsbehörde und Polizei zu unterlaufen sowie die Verantwortlichkeit als Veranstalter / Versammlungsleiter zu verschleiern.
Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist und die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne der §§ 14 ff. VersammlG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung und Kundgebung. Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken. Durch die mediale Berichterstattung infolge der bundesweit stattfindenden Montagsspaziergänge ist der Hintergrund der „Spaziergänge“ auch der breiten Masse der Bevölkerung bekannt. Es bedarf zur Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung nicht zwingend der versammlungstypischen Hilfsmittel wie Reden, Plakate, Banner, Flyer o.ä. Versammlungen sind dabei nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (wie Sitzdemonstrationen, Mahnwachen, Schweigemärsche und Menschenketten) bis hin zu nonverbalen Ausdrucksformen. Die geplanten Aktionen haben nach ihrem Gesamtgepräge das Ziel, gemeinschaftlich zusammen zu kommen, um eine demonstrative Aussage im Kontext der Corona-Schutzmaßnahmen zu transportieren.
Mehrere hunderttausend Bürgerinnen und Bürger sind jeden Montag bei Spaziergängen und Versammlungen auf der Straße. Auch für die kommende Zeit ist mit entsprechenden Veranstaltungen zu rechnen.
Die Botschaft des Protestes gegen die Corona-Schutzmaßnahmen ist in allen Fällen gleich. Insofern liegt die Zweckverbundenheit unter den Teilnehmern vor, die auf eine „gemeinschaftliche kommunikative Entfaltung“ gerichtet ist. Auch im Landkreis Ahrweiler haben bereits mehrere Spaziergänge / Versammlungen in der jüngeren Vergangenheit stattgefunden. Angemeldet im Sinne des Versammlungsrechtes waren diese bisher regelmäßig nicht. Es liegt ein Verstoß gegen § 14 VersammlG vor. Danach besteht grundsätzlich das Erfordernis, wonach eine öffentliche Versammlung im Sinne von § 14 VersammlG spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde anzumelden ist. Das Anmeldeerfordernis trägt dem Umstand Rechnung, dass die zuständigen Sicherheitsbehörden einen zeitlichen Vorlauf brauchen, um zu prüfen, ob von der Durchführung der Versammlung Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen und bejahendenfalls Vorkehrungen zu treffen haben, um die Gefahren und Schäden für Dritte zu verhindern. Bei den geplanten Zusammenkünften sind erhebliche Gefahren für hochrangige Rechtsgüter Dritter zu besorgen. Namentlich dadurch, dass es zu einer erheblichen Anzahl von physischen Kontakten kommt, keine Mindestabstände konsequent eingehalten und keine geeignete Mund-Nasen-Bedeckung getragen wird. In Ansehung an das derzeitige Infektionsgeschehen kommt eine Versammlung nur unter Einhaltung von infektionshygienischen Auflagen in Betracht, sofern die hinreichende Gewähr besteht, dass diese Auflagen auch (mehrheitlich) umgesetzt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach § 15 Abs. 3 VersammlG eine Versammlung oder ein Aufzug aufgelöst werden kann, wenn er nicht angemeldet worden ist. Da die bisher im Landkreis Ahrweiler stattgefunden Versammlungen ruhig und bisher auch im Vergleich zu anderen Regionen mit moderaten Teilnehmerzahlen stattgefunden haben, ist nach Gesamtabwägung derzeit ein Verbot der Versammlungen nicht angemessen. Bedingt durch den Verstoß und die weiterhin zu erwartenden Verstöße gegen die Anmeldepflicht, ist jedoch der Erlass der Allgemeinverfügung zur Festsetzung der Auflagen erforderlich und angemessen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass durch diese Allgemeinverfügung die grundsätzliche Anmeldepflicht nicht entfällt. Vielmehr gilt die Allgemeinverfügung für alle nicht ordnungsgemäß angemeldeten Versammlungen und alle spontan entstehenden Ereignisse. Vorliegend kann im Hinblick auf die andernfalls zu besorgende Gefährdung durch das verdichtete Zusammenkommen einer größeren Personenmehrheit für hochrangige Rechtsgüter nicht abgewartet werden, bis sich die Personen versammeln und erst dann die notwendigen Anordnungen getroffen werden. Aus Gründen des effektiven Schutzes von Leib und Leben ist in der aktuell angespannten Pandemielage nur ein präventives Vorgehen verhältnismäßig und angemessen. Gemäß § 15 Abs. 1 VersammlunG kann die zuständige Behörde eine Versammlung von bestimmten beschränkenden Verfügungen (Auflagen) abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar konkret gefährdet ist. Zudem kann die Versammlungsbehörde nach § 4 Abs. 2 der 29. CoBeLVO Auflagen aus Gründen des Infektionsschutzes für Versammlungen anordnen. Eine unmittelbar konkrete Gefahr ist hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit dann anzunehmen, wenn für Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zeit Schaden droht. Die Auflagen und Hinweise sollen sicherstellen, dass die geplante Veranstaltung einen störungsfreien Verlauf nimmt und mögliche Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit, wie hier insbesondere des öffentlichen Straßenverkehrs und des Infektionsschutzes, ausgeschlossen oder zumindest auf ein Mindestmaß reduziert werden. Insoweit handelt es sich hierbei um die Konkretisierung der Grenzen, denen auch das durch das Grundgesetz garantierte Recht auf Versammlungsfreiheit unterliegt. Dies stellt somit das Ergebnis einer sachgerechten Ermessensausübung dar, die sowohl die Rechte der Versammlungsteilnehmer als auch die tangierten öffentlichen Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gebührend berücksichtigt.
Im Einzelnen gilt:
Zu Ziff. 1.:
§ 4 Abs. 2 der 29. CoBeLVO ermächtigt ausdrücklich zur Anordnung von Infektionsschutzauflagen bei Versammlungen im Sinne des Artikel 8 Grundgesetz. Dabei ist die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen (namentlich: Einhaltung von Mindestabständen oder Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung) auch im Freien erforderlich, um das Übertragungsrisiko zu minimieren. Denn nach der Risikobewertung des Robert Koch-Instituts stellt das generelle Tragen von Masken in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum weiterhin unabhängig vom individuellen Impfschutz einen wichtigen Schutz vor einer Übertragung durch Tröpfchen bei einem engen Kontakt dar. Wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Maske unterschritten wird, z. B. bei größeren Menschenansammlungen, besteht auch im Freien ein Übertragungsrisiko. Die Einhaltung dieses Mindestabstandes ist nach der Gefahrenprognose bei Durchführung der genannten Versammlungen oftmals nicht gewährleistet. Daher ist alternativ zum Abstandsgebot die Maskenpflicht anzuordnen.
Zu Ziff. 2.:
Mit der Auflage zur Nutzung der Verkehrswege soll den Gefahren durch bzw. für den Straßenverkehr begegnet werden. Insbesondere durch die Teilnahme von Kindern und die oftmals in der Dunkelheit stattfindenden Spaziergänge ist dies aus Gründen der Gefahrenverhütung erforderlich.
Zu Ziff. 3.:
Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Einsatzfahrzeuge nicht behindert werden und es zu keinen Beeinträchtigungen durch Versammlungsteilnehmer kommt.
Zu Ziff. 4.:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 4 der Verfügung liegt im besonderen öffentlichen Interesse. Dem verfolgten Ziel des Schutzes von Leib und Leben sowie der Verhinderung strafbarer Handlungen (§ 26 Nr. 2 VersammlG) bzw. Ordnungswidrigkeiten (§ 29 Abs. 1 VersammlG) ist Vorrang vor dem Interesse an der Durchführung der Versammlungen ohne Auflagen einzuräumen. Es kann nicht bis zum Abschluss eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens zugewartet werden, weil sonst die dringende Gefahr irreparabler Schäden für die betroffenen Rechtsgüter bestünde. Eine Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO konnte daher im Interesse eines effektiven öffentlichen Gesundheitsschutzes aufgrund der Dringlichkeit (hochdynamisches Infektionsgeschehen, rasche Ausbreitung der besorgniserregenden Omikron-Variante) hier nur zu Gunsten der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausfallen. Hinsichtlich der infektionsschutzrechtlichen Anordnungen hat der Widerspruch bereits nach § 16 Abs. 8 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 3 IfSG keine aufschiebende Wirkung.
Zu Ziff. 5. und Hinweis zur Bekanntmachung:
Kann wegen eines Naturereignisses oder wegen anderer besonderer Umstände die in der Hauptsatzung vorgeschriebene Bekanntmachungsform nicht angewandt werden, so kann in unaufschiebbaren Fällen die öffentliche Bekanntmachung durch öffentlichen Ausruf, durch Aushang (Anschlag) oder in anderer, eine ausreichende Unterrichtung der Einwohner gewährleistenden Form erfolgen. Die Bekanntmachung ist unverzüglich nach Beseitigung des Hindernisses in der vorgeschriebenen Form nachzuholen; wenn nicht der Inhalt der Bekanntmachung durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist. Die derzeitige erhebliche Infektionsgefahr durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 stellt eine solche außergewöhnliche Ausnahmesituation dar. Eine Bekanntmachung auf der Homepage der Kreisverwaltung Ahrweiler kann mithin die gegenständliche Allgemeinverfügung in Kraft setzen. Es erfolgt daher die Bekanntgabe durch Veröffentlichung auf der Homepage der Kreisverwaltung Ahrweiler. Die reguläre öffentliche Bekanntmachung wird umgehend nachgeholt.
Zu Ziff. 6.:
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist die Allgemeinverfügung zeitlich befristet. Die Befristung richtet sich nach der Geltungsdauer der 29. CoBeLVO.
Hinweise:
Die Polizei kann zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung jederzeit Anordnungen / Verfügungen erteilen. Die eventuellen Anordnungen sind unverzüglich zu beachten.
Verstöße gegen die hiesigen Auflagen sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 VersG bußgeldbewährt.
Nach Beendigung der Versammlung gelten die Kontaktbeschränkungen nach § 4 der 29. CoBeLVO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Kreisverwaltung Ahrweiler, Wilhelmstraße 24 - 30, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler, einzulegen. Der Widerspruch kann
1. schriftlich oder zur Niederschrift bei der Kreisverwaltung Ahrweiler,
Wilhelmstraße 24 - 30, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler,
2. durch E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur1) an:
oder
3. durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach dem De-Mail-Gesetz an: info@kreis-ahrweiler.de-mail.de
erhoben werden.
Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere technische Rahmenbedingungen zu beachten, die auf der Internetseite der Kreisverwaltung Ahrweiler (www.kreis-ahrweiler.de) im Impressum aufgeführt sind.
Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend.
Bad Neuenahr-Ahrweiler, den 21.01.2021
In Vertretung
Horst Gies MdL
Erster Kreisbeigeordneter
