Das „Eifeler Mühlsteinrevier“ und die „Sayner Hütte“ auf dem Weg zum Welterbe
Eindrucksvolle Erlebniswelten begeistern mit ihrer Geschichte
Kreistag stimmt der Bewerbung zu
Kreis Mayen-Koblenz. Die Liste der UNESCO-Welterbestätten ist lang, viele Kultur- und Naturdenkmäler haben schon das höchste Gütesiegel der Welt – den UNESCO-Welterbe Titel. Viele stehen auf der deutschen Vorschlagsliste für das Jahr 2021.
Mit Unterstützung des Kreises Mayen-Koblenz bewerben sich zwei Projekte aus unserer Region um einen Platz auf der Tentativliste der deutschen UNESCO-Kommission: das „Eifeler Mühlsteinrevier“ und die „Sayner Hütte“. Beide sind eindrucksvolle Erlebniswelten, die mit ihrer Geschichte begeistern. Für Menschen, die sich für die frühindustrielle Epoche Deutschlands und den quartären Vulkanismus interessieren, ist der Besuch empfehlenswert und lohnend.
Die „Sayner Hütte“
Die „Sayner Hütte“ ist ein ehemaliges Hüttenwerk in Bendorf und liegt im Stadtteil Sayn am gleichnamigen Flüsschen (www.saynerhuette.org). Der Trierer Kurfürst Wenzeslaus von Sachsen ließ sie von 1769 bis 1770 errichten. Am 1. Juni 1815 übernahm der preußische Staat die „Sayner Hütte“. In Gleiwitz (ab 1796) und Berlin (ab 1804) bestanden bereits Gießereien. Mit der Errichtung einer neuen Gießhalle um das Jahr 1830, wurde die „Sayner Hütte“ im folgenden halben Jahrhundert zu einer der größten Gießereien in Preußen. Von dort aus versorgte man das Rheinland mit Gebrauchseisen jeglicher Art und Größe und stellte benötigtes Material zum Ausbau der Koblenzer Festungen her. Dazu gehörten Rohre, Kanonen und Munition.
Die „Sayner Hütte“ galt als Musterbetrieb. Mit neuartigen Funktionsabläufen beim Verhütten und Gießen, sowie durch die Leistungsfähigkeit ihrer Gebrauchseisen- und Kunstgussproduktion, entstand eines der großen Innovationszentren der Gusseisen Technologie. Der Übergang zur industriellen Fabrikation gelang. Die Produktionspalette erweiterte sich als man ab 1817 mit der Herstellung von Kunstguss begann. In Musterbüchern wurde den Kunden Leuchter, Schreibzeug, Uhrhalter, Teller und feingliedriger Schmuck angeboten.
Zum Neujahr erhielten besondere Persönlichkeiten Neujahrskarten in Form von Reliefplaketten, ein Brauchtum welches von den Königlich-Preußischen Eisengießereien in Berlin, Gleiwitz und Sayn gepflegt wurde. Für die in seidengefütterten roten Etuis verpackten Geschenke, wählte die „Sayner Hütte“ überwiegend Motive von Bau- und Kunstdenkmälern aus dem Rheinland und aus Westfalen. Mehrfach zierte der Kölner Dom den Neujahrsgruß.
Als machtvolles und zugleich prächtiges Zeugnis der Gusseisen-Zeit, ist die „Sayner Hütte“ ein historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst und kreativer Ort für neue Entwicklungen. Nach umfangreicher Renovierung 2012 bis 2014, zeigt sich die geschichtsträchtige Gießhalle als ein architektonisch und technologisch kreativer Ort mit großer Ausstrahlung. Von der Bundesingenieurkammer erhielt sie 2010 die Auszeichnung „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“.
Eine im Jahr 2012 errichtete Stiftung übernahm die Aufgabe, das Kulturdenkmal zu erhalten, zu pflegen und für die Nutzung zu kulturellen sowie kulturhistorischen Zwecken weiter zu entwickeln. Infos zu Öffnungszeiten unter Tel. (0 26 22) 9 84 95 50 und per Mail unter info@saynerhuette.org.
Das „Eifeler Mühlsteinrevier“
Ein ebenso außergewöhnliches und historisch bedeutsames Projekt ist das „Eifeler Mühlsteinrevier“ (Erlebniswelten Grubenfeld www.mayen.de). Es liegt in der Osteifel zwischen Mayen und Mendig. Es entstand vor rund 200.000 Jahren, als der Bellerberg Vulkan ausbrach. Beim Ausbruch bildeten sich drei Lavaströme, einer davon floss in südlicher Richtung und schuf nach seiner Erkaltung das Mayener Grubenfeld. Es gilt als eines der ältesten und bedeutendsten Abbaugebiete für Basaltlava, aus dem bereits vor rund 7000 Jahren der erste Basalt als Rohstoff genutzt wurde. Beispielsweise fertigten schon die Kelten aus Basalt Reibsteine zum Mahlen von Getreide, vor 2000 Jahren produzierten dann die Römer aus diesem Rohstoff hochwertige Mahl- und Mühlsteine. Diese verschifften sie über den Rhein und exportierten sie nach Großbritannien, Skandinavien, Osteuropa und Amerika.
Im Mayener Grubenfeld finden sich Abbauspuren des römischen Bergbaus unmittelbar neben Abbauspuren des Industriezeitalters. Im Mittelalter begann man mit dem Untertageabbau, um an das tieferliegende Gestein zu gelangen. Ein Schacht wurde - unter dem zehn Meter mächtigen Dachgebirge - bis in die Basaltlagerstätten gegraben und Untertage zu größeren Hallen erweitert. Sicherheitspfeile aus Basaltsäulen ließ man in regelmäßigen Abständen stehen, es entstand ein unterirdisches System, indem die Hallen durch Gänge verbunden waren.
Die Produktion von Mühlsteinen fand um 1900 ein Ende, geschuldet der mangelnden Nachfrage – moderne Mühlen arbeiteten mit Walzenstühlen, ältere verwendeten vermehrt günstigere importierte Steine – die wiederum zu einer Abnahme der Mühlsteinproduktion führte. Als Pflastersteine und Schotter für den Eisenbahn- und Straßenbau war der Abbau von Basalt aber weiter wichtig und erfolgte überwiegend in Steinbrüchen übertage.
Nutzlos wurden die beim untertägigen Abbau entstandenen Felsenkeller aber nicht. Sie eigneten sich hervorragend zur Lagerung verderblicher Lebensmittel, da die niedrige Temperatur konstant blieb. In Mayen und Mendig nutzten Brauereien die Felsenkeller als Bierkeller, ein Grund, warum sich zahlreiche Brauereien hier ansiedelten. Die Vulkanbrauerei in Mendig besitzt den tiefsten Lager- und Gärkeller der Welt, der 30 Meter unter der Erde liegt und über 153 Stufen erreichbar ist.
Das Steinbruchgelände ist seit 2014 Naturschutzgebiet mit einzigartiger Flora und Fauna. Es ist das bedeutendste Fledermausquartier Deutschlands. Im Besucherzentrum erfahren die Besucher/innen Wissenswertes über die Geologie, den Vulkanismus der Region und über die vorkommenden Tier- und Pflanzenarten. Die zahlreichen untertägigen Spuren des Basaltabbaus machen einen Blick in die Untertagewelt möglich und lassen sich im Rahmen von Führungen erkunden.
Überirdisch informieren Basaltstelen mit Informationstafeln auf dem 13 Kilometer langen „Eifeler Mühlsteinwanderweg“ (von Mayen nach Mendig) über den Basaltabbau und die Mühlsteinproduktion, auch finden sich zahlreiche Spuren des früheren Abbaus, zum Beispiel an den gewaltigen Felswänden der Ettringer Lay und des Kottenheimer Winfelds.
Infos zu Öffnungszeiten unter Tel. (0 26 51) 49 15 06 und per Mail unter erlebniswelten-Grubenfeld@mayenzeit.de. EP