Am 24. März kommt Wladimir Kaminer nach Bad Breisig: BLICK aktuell sprach im Vorfeld mit dem Schriftsteller über die Bedeutung von Humor in schweren Zeiten

„Humor hilft uns, im Meerdes Wahnsinns nicht unterzugehen“

„Humor hilft uns, im Meer
des Wahnsinns nicht unterzugehen“

Wladimir Kaminer. Foto: Michael Ihle

Bad Breisig. Der 1967 in Moskau geborene Schriftsteller, Kolumnist und Moderator Wladimir Kaminer lebt seit 1990 in Berlin und wurde durch seine biografischen Erzählbände „Russendisko“ (2000) und „Militärmusik“ (2001) einem breiten Publikum in ganz Europa bekannt. Allein Kaminers Debüt „Russendisko“ verkaufte sich rund 1,5 Millionen Mal und wurde 2013 verfilmt.

2023 erschien Kaminers jüngstes Buch mit dem Titel „Frühstück am Rande der Apokalypse“. Sein neuestes Werk stellt der Bestsellerautor am 24. März in der Jahnhalle in Bad Breisig vor. Darin geht er der Frage nach, was zum Beispiel die Pilzsaison und Wladimir Putin gemeinsam haben. Die Antwort: Sie existieren gleichzeitig und schaffen so eine Normalität, die vielen nicht ganz normal erscheint. Mit viel Humor, Witz und Ironie will er nun auch dem Publikum in Bad Breisig genau diese Welt näher bringen. BLICK aktuell sprach mit Kaminer vor seinem Auftritt in der Jahnhalle.

BLICK aktuell: Herr Kaminer, Ihr neues Buch trägt den Titel „Frühstück am Rande der Apokalypse“. Um was geht es genau?

Wladimir Kaminer: Im Grunde genommen ist es ein Kriegstagebuch aus Deutschland. Derzeit finden viele, dass wir in schlechten Zeiten leben. Erst kam Corona, dann der Krieg in der Ukraine. Aber wann waren die Zeiten jemals leicht? In meinem Buch möchte ich schildern, wie sich der Krieg auf die Menschen auswirkt. Aber auch auf Tiere. Wussten Sie, wie schwer es ist als Flüchtling aus der Ukraine oder Russland, Katzen mit nach Deutschland mitzubringen? Dazu braucht es mehr Papiere, als wenn man selber flüchtet. Ich hatte eine Zeit lang 23 Katzen bei mir wohnen, größtenteils von Freunden oder Verwandten von Freunden.

BLICK aktuell: Sind schwere Zeiten denn leichter, wenn man sie mit Humor nimmt?

Kaminer: Natürlich. Es ist wichtig, bei all den Tragödien auch lachen zu können. Wenn wir nur weinen, kommen wir nicht weiter. Alles kann lächerlich sein, auch das Böse selbst. Schauen Sie sich Putin an, wie er da sitzt, an seinem langen Tisch. Das kann doch nicht bequem sein. Oder seine Gangart. Und noch besser: Er hat Angst vor einem toten Mann. In Russland ist derzeit einiges los nach dem Tod von Alexander Nawalny. Sechs Kilometer lang bildete sich die Schlange von Menschen, die sich bei seiner Beisetzung von ihm verabschieden wollten. Im russischen Fernsehen kommt da natürlich nichts von, aber die Menschen haben Social Media und sehen, was los ist.

BLICK aktuell: Was ist denn derzeit ein großes Thema im russischen Fernsehen?

Kaminer: Kinder gebären. Ich höre das immer, wenn meine Frau meine 83-jährige Schwiegermutter im Kaukasus anruft. Da ist immer im Hintergrund der Fernseher so laut. Da heißt es immer nur: „Gebären Sie! Gebären Sie! Gebären Sie!“ Es ist wahnsinnig, wie sehr alte Männer im Kreml an die Sexualität junger Menschen appellieren. Das Lustige ist: Die jüngeren Menschen, die Kinder bekommen können, schauen sich das gar nicht mehr an. Meine Schwiegermutter fühlt sich deshalb auch etwas ausgegrenzt vom russischen Fernsehen. Da sind wir wieder beim Humor. Humor ist eine Waffe. Er hilft uns, im Meer das Wahnsinns nicht unterzugehen.

BLICK aktuell: Glauben Sie, dass sich mittelfristig das politische Klima in Russland wieder wandeln wird?

Kaminer: Ja. Sehen Sie, Russland ist ein Land mit vielen lieben, kreativen Menschen und die absolute Mehrheit fühlt sich zu Europa zugehörig. Nicht zu China. In Russland herrscht ein großes Misstrauen gegenüber der Politik und es war ein Fehler, die politischen Zügel aus der Hand zu lassen. Jetzt haben wir einen unabwählbaren Präsidenten. Das wird sich ändern, aber egal wie lange es dauert, es dauert zu lange. Ich glaube aber an eine Art wundersamer Verwandlung von Russland und dass Russland zu Europa zurückkehrt.

BLICK aktuell: Sie leben seit über 30 Jahren in Berlin. Wie sieht es mit dem Rheinland aus? Haben Sie einen Bezug zu der Region?

Kaminer: Jedes Jahr im Januar starte ich meine Winterlesereise in Köln. Im Rheinland leben sehr viele fröhliche Menschen. Sie lachen schon, wenn man noch gar nicht auf der Bühne steht. Das ist toll. Ich bin aber ein zurückhaltender Mensch und mag es ein bisschen ruhiger. Auf dem Land zum Beispiel. Wie viele Einwohner hat Bad Breisig noch gleich?

BLICK aktuell: In etwa sind das 10.000 Einwohner.

Kaminer: Dann ist Bad Breisig absolut meine Stadt! (lacht)

Die Lesung mit Wladimir Kaminer findet an Palmsonntag, 24. März in der Jahnhalle in Bad Breisig statt. Die Veranstaltung beginnt um 18:00 Uhr, der Einlass öffnet bereits um 17:00 Uhr. In der Pause und nach der Veranstaltung besteht die Möglichkeit, Bücher persönlich von Wladimir Kaminer signieren zu lassen.