Gary Blackburn vom Baumdienst Siebengebirge baut sich ein Stück britisches Exil

Little Britain – Brexit einmal anders herum

Hoch über dem Rheintal entsteht eine heitere Erholungszone für Jedermann

10.06.2018 - 09:00

Linz-Kretzhaus. Zunächst war Gary Blackburn, Inhaber des Baumdiensts Siebengebirge, erschüttert als er das Votum seiner Landsleute vernahm: Der Brexit würde kommen! Doch schnell überwand der umtriebige Exil-Brite seinen Schrecken und in seinem Kopf begann sich eine Idee zu entwickeln ... eine Idee, deren Umsetzung mit einem Panzer beginnen sollte.

Im Nachhinein lässt sich sicherlich trefflich darüber diskutieren, ob Gary seinen Plan, ein kleines Stück Great Britain an die Rheinschiene zu holen, wirklich hätte mit einem Kriegsgerät beginnen sollen. Der mediale Aufschrei und die Auseinandersetzungen mit den direkten Nachbarn lassen vermuten - eher nein. Aber für ihn war es der richtige Beginn für ein ehrgeiziges Projekt, ein Beginn, der in seiner Kindheit seine Wurzeln hat. „Schon mit drei Jahren habe ich mit einem kleinen Panzer gespielt, den habe ich auch heute noch. Und ich habe nie etwas mit Krieg zu tun gehabt!“, erläutert Gary Blackburn die Bedeutung, die der Panzer für ihn hat, „Außerdem wollte ich mit dem Schwierigsten anfangen.“

Gesagt, getan. Oder vielmehr gedacht, getan - denn seiner Familie erzählte zunächst nichts von seinem Vorhaben, die Altersvorsorge in etwas zu investieren, was landläufig von vielen wohl bestenfalls als „Spinnerei“ abgetan werden würde. Doch Gary ließ sich nicht beirren - er ist überzeugt, dass „Little Britain“ am Ende seinen Kindern, von denen drei in der elterlichen Firma arbeiten, sogar als eine sehr ausgefallene Art von Werbung den Lebensunterhalt sichern kann. Und so ließ er den Schweizer Panzer, auf den er eher zufällig bei der Suche nach Aufbewahrungscontainern für die zahlreichen Motorsägen gestoßen ist, eines Nachts auf das Firmengelände transportieren. Malerisch in Regen und Nebel gehüllt wurde er in Linz-Kretzhaus angeliefert ... und damit gingen die Probleme erst richtig los.


Panzer als Symbol des Friedens


Dass seine Familie ihn zu diesem Zeitpunkt für verrückt erklärte, hat den Engländer, der seine Ausbildung im Sherwood Forest absolvierte, nicht beeindruckt: „Dieser Panzer ist für mich ein Symbol des Friedens, deshalb ist er auch über und über mit Klatschmohn, der als Rememberance Poppy im englischsprachigen Raum das Zeichen für die Gefallenen der Weltkriege ist, geschmückt. Und als solches sollte er den Beginn von Little Britain markieren.“ Doch da hatte er die Rechnung ohne die üblichen behördlichen Stolpersteine gemacht: Denn der Panzer kann momentan nicht bewegt werden, also ist er kein Fahrzeug. Und so müsste er als Gebäude gelten - und benötigt daher eine Baugenehmigung. Die Gary Blackburn zwar beantragte, aber leider nicht erhielt. Auch als Werbeanlage wollte man sein Friedensmal nicht gelten lassen. Da Little Britain in der Zwischenzeit noch weiter gewachsen war und nun auch viele Besucher anzog, war die nächste Idee, das Gesamtkonzept als Freilichtmuseum anerkennen zu lassen. Es wurde ein Architekt beauftragt, Vermessungen wurden gemacht, Pläne wurden gezeichnet - doch auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Und so kommt es nun, zwei Jahre nachdem der Panzer bei den Blackburns seinen Altersruhesitz bezogen hat, zu einer Situation, die an Widersinn und Komik ihresgleichen sucht: Damit der Panzer stehen bleiben kann, muss er sich bewegen können. Dies bedeutet, dass er umgerüstet und vorübergehend an einen Stromgenerator angeschlossen werden muss, der ihn ein paar Meter vor und zurück fahren lassen soll - ein „Moving Mahnmal“, wenn man es mit englischem Humor betrachten möchte. Dem Generator kommt dabei neben dem Antrieb auch noch eine wichtige Sicherungsfunktion zu, denn der Vorbesitzer hatte eindringlich davor gewarnt, dass bei solch „alten Schätzchen“ gelegentlich die Gänge klemmen könnten. Das mag bei einem Auto nicht dramatisch sein - bei einem Panzer aber durchaus verheerend. Da ist es für die Nachbarschaft doch sehr beruhigend, dass der Antrieb des riesigen Gefährts nur so weit wie ein Kabel reichen wird.


Die Queen, Doppeldeckerbusse und das Auto von Mr. Bean


In der Zwischenzeit hat sich das Projekt des Engländers, der vor über 30 Jahren für sechs Monate ins Rheinland kam und bis heute geblieben ist, zu einem wunderbaren Ausflugsziel gemausert – und seine

Familie ist mittlerweile auch begeistert von den Plänen ihres eigensinnigen Familienoberhauptes. Zu dem Panzer gesellte sich zunächst ein aus „echter englischer Exil-Eiche, hier im Westerwald gefällt“ gezimmerter Tee-Pavillon, in dem sich die Besucher mit der Queen am Round Table von König Arthur zu Tisch setzen können. Bald darauf folgten mittlerweile zwei englische Doppeldecker-Busse, die auch als Party- oder Hochzeitslocation gebucht werden können und mehrere Oldtimer, darunter das Auto von Mr. Bean, der dem Besucher hier und da auch in Lebensgröße begegnen kann. Holzbänke mit Widmungen an Mitglieder des Königshauses oder zu Jubiläen und Festlichkeiten der jüngeren englischen Geschichte flankieren einen einladenden Weg zwischen aufwendigen Blumenrabatten. Über 20.000 Tulpen, 6.000 Osterglocken, 400 Begonien und 10 kg Klatschmohn tauchen im Jahresverlauf das Gelände in üppige Blütenpracht. Allein für ihre Bewässerung und Pflege müssen Gary und seine Frau Monika täglich anderthalb bis zwei Stunden Zeit aufwenden. Das ganze Gelände ist mit allerlei Figuren dekoriert - flankieren mannshohe Ritter und Hexen den Eingangsbereich, finden die Besucher entlang des Weges allerlei Figuren aus der englischsprachigen Märchen und Mythenwelt. Da ist der verrückte Hutmacher genauso zu finden wie die Ritter der Tafelrunde oder ein Otterpärchen aus dem Dartmoor.


Prinzenhochzeit auf Großbildschirmen


Und wie jeder Exil-Brite liebt auch Gary Blackburn „sein“ Königshaus aus vollem Herzen. Deshalb war es für ihn eine Ehrensache, die Hochzeit zwischen Prince Harry und seiner Meghan mitten im Herzen Deutschlands auszurichten. Mit hunderten Gästen – auch hier war wieder jeder eingeladen, der kommen wollte – feierte er eine riesige Party: über 300 Liter Bier und Ale, vierzig verschiedene englische Kuchen und Shortbread für über 600 Pfund Sterling spendierte er zu diesem freudigen Anlass. Selbstverständlich wurde das Ereignis auf Großbildschirmen live übertragen – natürlich auf Englisch. Den ganzen Tag bis tief in die Nacht wurde auf den Hügelketten über dem Rhein genauso begeistert gefeiert wie in den Straßen von Windsor.

Das kleine Reich von Gary Blackburn ist eine Reise in die phantasie- und humorvolle Welt eines überzeugten Deutsch-Briten. Da das ganze Gelände ebenerdig und gut ausgebaut ist, ist ein Besuch mit kleinen Kindern oder Rollstuhlfahrern problemlos möglich. „Little Britain“ ist das ganze Jahr über kostenlos für Jedermann geöffnet - und das Tag und Nacht.

Gary Blackburn ist es besonders wichtig, einen Platz zu schaffen, wo sich jeder gern aufhält und auch Familien mit kleinem Budget bei einem Ausflug schöne Stunden erleben können. Deshalb freut ihn ein Eintrag in seinem Gästebuch besonders: der Gruß einer 8-jährigen, die sich bedankte, dass sie ihren Kindergeburtstag mit der Queen am Round Table der Tafelritter feiern konnte.

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Die Entscheidung ist richtig und zu begrüßen ! Wenn der Zustand der Tiere und des Geländes so wie geschrieben besteht , gab es keine Alternative ! Wer über so lange Zeit zulässt, dass die Hunde verwahrlosen und buchstäblich im Dreck leben müssen, ist auf lange Sicht nicht in der Lage diese ohnehin...
Lya:
Unfassbar aufgrund hater in sozialen Medien. Besucht doch den Hof und macht euch ein Bild. Nicht umsonst waren Ralf Seeger von den harten Hunden schon dort. Willkür wegen Menschen denen es nicht um Tiere geht sondern wie in der DDR oder unter Adolf um denunzieren....
Sabine Daniels:
Hallo, ja Kontrollen zum Schutz der Tiere sind wichtig. Aber der Gnadenhof Eifel hat jahrelang ohne Beanstandungen jede Kontrolle bestanden. Falls die. Behauptungen stimmen sollten, warum wird nicht nach einer für jede. Seite verantwortungsvoll, zum Wohl der Tiere eine gemeinsame Lösung gefunden? Ist...
Amir Samed :
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Ralph-Lothar Keller:
Wegen mir muss man in der Öffentlichkeit nicht kiffen dürfen. Wenn man das draußen tut, dann am Besten wo niemand ist. Wenn am Pavillon gerade niemand ist (sagen wir um Mitternacht), dann kann man da ja kiffen. Sonst würde ich es wo anders machen. Viel wichtiger ist, dass der Grenzwert angepasst wird....
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