Feierliche Enthüllung und Einsegnung einer Bronze-Figur durch den Möhnen-Club Mülheim: Bringt der Teppich-Klopfer den Männern tatsächlich Glück?
Marie Baulig ist zurück am Kolpingplatz

Mülheim-Kärlich. Rund 44 Jahre nach ihrem Tod erhielt eine Mitbürgerin ein Denkmal in Form einer Bronze-Statue: Marie Baulig, die ehemalige Bewohnerin des Fachwerkhauses am Kolpingplatz. Einst war die Dame, die durchaus als „Original“ bezeichnet werden kann, nicht unumstritten. Sie stemmte sich gegen Pläne des Gemeinderates, die den Abriss des Hauses am heutigen Kolpingplatz vorsahen. Ihr Widerstand war friedlich, aber dennoch effektiv. Ohne ihr Handeln wäre Mülheim-Kärlich zweifelsohne um eine Attraktion und um ein schönes Postkarten-Motiv ärmer.
„Herzlich willkommen am Marie-mach-Platz“, mit diesen Worten begrüßte Martina Niepagen am zurückliegenden Wochenende Gäste aus Nah und Fern zu einem bunten Fest. Anlass war die Enthüllung und Einsegnung der Bronze-Figur für Marie Baulig. Wohlwissend, dass der Ort eigentlich „Kolpingplatz“ heißt, machte die Möhnen-Präsidentin mit ihrer Ansprache auf eine Geschichte aufmerksam, die zwischenzeitlich fester Bestandteil der Mülheim-Kärlicher Historie ist. Was es mit dem Ausspruch „Marie-mach-Platz“ auf sich hat, erläuterte sodann Heimathistoriker Horst Hohn mit der passenden Portion Humor. Die Gemeinde Mülheim hatte das Fachwerkhaus am Kolpingplatz erworben und wollte dieses abreißen. Die letzte Bewohnerin Marie Baulig besaß jedoch ein lebenslanges Wohnrecht. Trotz zahlreicher attraktiver Angebote, in moderne Wohnungen zu ziehen, machte sie hiervon bis zu ihrem Tode im Jahre 1979 kein Gebrauch. Das Kuriose: Den Männern des MGV Frohsinn stand sie sogar Modell: Einer der Sänger stellte sie auf dem Karnevalswagen nämlich mit einem Teppich-Klopfer in der Hand dar. Auch der Ausspruch „Marie-mach-Platz“ war deutlich angebracht. Ihre Meinung änderte Marie Baulig aber nicht, so dass sie den Abriss des Hauses regelrecht ausgesessen hat. Heute beheimatet das unter Denkmalschutz stehenden Gebäude eine Seniorenbegegnungsstätte. „Das ist nicht nur ein Denkmal für eine einzelne Person, sondern auch ein Denkmal für Hartnäckigkeit, für die Fähigkeit über sich selbst zu lachen und für die rheinische Lebensfreude, die im Karneval ihren schönsten Ausdruck findet“, resümierte Horst Hohn seine Ausführungen zur Geschichte.
Beeindruckt und amüsiert von dieser Geschichte zeigte sich auch Landrat Dr. Saftig: „Was würde sie wohl sagen, wenn sie uns heute sehen könnte?“, fragte der Kreis-Chef. „Sie wäre sicherlich erstaunt und erfreut. Solche Menschen wie Marie Baulig bereichern unsere Gesellschaft, auch wenn sie vielleicht nicht wichtige Ämter oder Mandate innehatten“, so Dr. Alexander Saftig.
Jörg Perscheid, Vorstandsmitglied der Sparkasse Koblenz, ergänzte in seinem Grußwort: „Wenn man sich dieses Haus anschaut, dann fragt man sich heute, wie konnte man damals auf die Idee kommen, so etwas abzureißen? Da sieht man, wie sich die Gesellschaft ändert. Marie Baulig war offenbar damals ihrer Zeit voraus“, so Perscheid.
Auch Stadtbürgermeister Gerd Harner beglückwünschte den Möhnen-Club zur Realisierung des Projekts: „Wir sind froh, dass wir uns hier im Stadtkern von Mülheim zentral treffen können, wo sich die Menschen wohl fühlen. Wenn es Marie Baulig nicht gegeben hätte, wäre sicherlich auch ein zentraler Platz entstanden. Wie dieser aussehen würde, ist eine andere Frage“, so Gerd Harner, der es sich nicht nehmen ließ, im Rahmen seines Grußwortes auf das aktuelle Thema Tauris einzugehen.
Zu den Festrednern gehörte auch VG-Bürgermeister Thomas Przybylla: „Es ist wichtig, die Vergangenheit und die Geschichte zu kennen, um mit diesem Wissen die Zukunft zu gestalten. Ich sehe heute viele ältere Mitbürger aus Mülheim-Kärlich, aber auch viele Kinder, die an der Hüpfburg ihre Freude haben. Jung und Alt gemeinsam, zentral im Ortskern, so stellt man sich eine lebendige Stadt vor“, so Przybylla.
Sichtbar viel Freude hatten sodann auch Möhnen-Präsidentin Martina Niepagen und die Möhnen-Vorsitzende Kornelia Punstein bei der Enthüllung der Bronze-Figur. Gestaltet wurde diese durch den renommierten Künstler Fred Schäfer-Schällhammer sowie dessen Tochter Doris Büma. Vor der Einsegnung erhielt die Figur noch eine inoffizielle Taufe: Die Möhnen erfrischten die Bronze-Statue mit einer Flasche „Möhnen-Brause“ (Sekt).
Die offizielle Einsegnung erfolgte durch Pastor Günter Vogel. „Dass Alltagshelden mit einem Denkmal geehrt werden, ist selten. Es sind aber nicht nur die großen Welten-Lenker, die das Leben meistern, sondern die ganz normalen Leute wie Du und ich, die Tag für Tag ihren Mann oder ihre Frau stehen“, so der katholische Geistliche. Im gemeinsamen Gebet wurde von ihm die Heimatverbundenheit und die Gemeinschaft besonders erwähnt, die sich zweifelsfrei auch in der Bronze-Figur widerspiegeln.
Dem offiziellen Teil schloss sich ein buntes Unterhaltungsprogramm an. Es wurde ausgelassen gefeiert, wobei sich das Möhnenpaar mit der Obermöhn Beatrix Steinigans und Möhnerich Kerstin samt des Hofstaats als besonders konditionsstark erwies. Kuriose Geschichte am Rande: Der ein oder andere Mann glaubte dem beim Festakt vorgetragenen Gerücht und berührte den Teppich-Klopfer der neuen Bronze-Figur: Dies bringt angeblich Glück - und zwar in der Form, dass der Mann nach einem langen Abend, zu Hause niemals mit einem solchem in Kontakt kommt…

Auch das aktuelle Möhnenpaar samt Hofstaat freute sich über die Enthüllung der neuen Bronze-Figur am Kolpingplatz.
V.l.: Kornelia Punstein, VG-Bürgermeister Thomas Przybylla, Andreas Anheier, Sparkassen-Vorstand Jörg Perscheid, Heimathistoriker Horst Hohn, Möhnen-Präsidentin Martina Niepagen, Pastor Günther Vogel, Stadtbürgermeister Gerd Harner, Kirschblütenkönigin Marina I., EKB Pascal Badziong, MdL Peter Moskopp und Bernd Oster (Sparkasse Koblenz). Fotos: KH