Generalversammlung des Kreisbauern- und Winzerverbandes
Mit positiver Selbstvermarktung die Wertschätzung zurückgewinnen
Persönlichkeitstrainerin Elke Pelz-Thaller massierte mit ihrem Vortrag die Seelen der heimischen Landwirte und Winzer
Dernau. Mit strahlenden Gesichtern und einer rundum positiven Grundeinstellung verließen die rund 150 Teilnehmer die Generalversammlung des Kreis-Bauern- und Winzerverbandes am Dreikönigstag. Dafür hatte die bayerische Bäuerin und Persönlichkeitstrainerin Elke Pelz-Thaller gesorgt, die als Festrednerin im „Culinarium“ der Weinmanufaktur Dagernova in Dernau mit ihrem Vortrag: „Als Landwirt mutig den zukünftigen gesellschaftlichen Anforderungen begegnen“ die Seelen der heimischen Landwirte und Winzer massierte. Ihr Credo: „Jammern füllt keine Kammern“, deshalb müsse die Landwirtschaft die Opferrolle ebenso wie die aggressive Rolle ablegen und stattdessen mit einer positiven Selbstvermarktung wieder die Wertschätzung der Gesellschaft gewinnen.
Doch leider sei die Landwirtschaft selbst nicht ganz unschuldig an der Entwicklung, weil man vor lauter Produzieren vergessen habe zu Kommunizieren. Das sei früher noch einfacher gewesen, als die Landwirte noch im wahrsten Sinne des Wortes in der Mitte der Gesellschaft, nämlich mitten in den Dörfern und Städten, lebten und arbeiteten. Damals hätten auch Außenstehende dem Berufsstand noch eine hohe Wertschätzung entgegengebracht, weil jeder mit eigenen Augen habe sehen können, was und wie viel der Landwirt arbeitet und leistet. Mit dem Trend zum Aussiedlerhof habe sich das jedoch dramatisch geändert, denn damit sei die Landwirtschaft nicht nur aus der Ortsmitte, sondern auch aus der Mitte der Gesellschaft herausgetreten und werde heute nur noch als Randbereich wahrgenommen. „Die heutige Gesellschaft weiß überhaupt nicht mehr, was der Landwirt überhaupt tut“, schüttelte die „Mentalbäuerin“ den Kopf.
Nicht defensiv auf kritische Berichte reagieren
Vor allem müsse man aufhören, defensiv auf kritische Berichte zu reagieren, weil dadurch die Zahl der Folgeberichte noch größer und damit das Problem weiter verschärft werde. „Wer sich rechtfertigt, hat schon verloren.“ Schließlich zögen die Landwirte aus aller Welt den Hut vor den deutschen Bauern, denn hier werde hohe Qualität produziert, und man sei trotz immenser Auflagen weltweit überaus erfolgreich. „Deutschland produziert die Ferraris der Lebensmittel, deshalb müssen wir dafür sorgen, dass es einen Ferrari nicht mehr zum Preis eines Fiat gibt“, schärfte sie den Landwirten ein.
Ziel müsse es sein, beispielsweise für das hochwertige Naturprodukt Milch den gleichen Preis zu erzielen wie für einen künstlich hergestellten Energydrink, der nur wegen seines „coolen Images“ gekauft werde. Die bisher geübte Bescheidenheit und Zurückhaltung der Landwirte sei in der jetzigen Situation nicht mehr angebracht, vielmehr müsse man sich mit knallharten Erfolgsstrategien und zielgerichteter Kommunikationspsychologie beschäftigen, um so das Blatt zu wenden. „Suchen Sie sich erfolgreiche Vorbilder und stellen Sie sich im übertragenen Sinne auf deren Schultern.“ Pelz-Thallers Rat: Um eine positive Verknüpfung mit seinem Produkt zu erreichen, müsse man überall dort, wo etwas los sei und die Menschen etwas Schönes erlebten, präsent sein.
Positive Grundeinstellung gibt viel Kraft
Zu einer positiven Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gehöre es aber auch, den Menschen nicht mehr nur als Verbraucher, sondern als Kunden anzusehen. Wenn man selbst wertgeschätzt werden wolle, müsse man zuerst sein Gegenüber wertschätzen. Wie viel Kraft eine positive Grundeinstellung einem Menschen verleiht, zeigte sie anschaulich am Beispiel des „Freiwilligen“ Johannes Bell und seiner Widerstandskraft bei unterschiedlichen Stimmungen. War er gut gelaunt, konnte er seinen ausgestreckten Arm trotz gehörigem Druck spielend oben halten - bei schlechten Erinnerungen klappte er herunter wie eine müde Bahnschranke. Sie gab den Teilnehmern zum Schluss jede Menge guter Tipps für eine rundum positive Lebenseinstellung.
Zuvor hatte der Kreisvorsitzende Franz-Josef Schäfer den neuen Kreisgeschäftsführer Dr. Knut Schubert vorgestellt. Der studierte Agrarökonom habe selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb und freue sich, jetzt an der Basis arbeiten zu dürfen. Doch Schubert formulierte auch eine klare Erwartung an die Mitglieder: „Wir brauchen mehr Gemeinsamkeit und Zusammenhalt in einer herausfordernden Situation.“ Das bestätigte auch der Kreisbeigeordnete Horst Gies, der zudem in Vertretung von Landrat Dr. Jürgen Pföhler herausstellte: „Der Kreis Ahrweiler steht hinter der Landwirtschaft.“ So investiere der Kreis Jahr für Jahr 20.000 Euro in die Förderung der Landwirtschaft und des Weinbaus, sei zudem sogar Mitglied im Kreisbauern- und Winzerverband.
Afrikanische Schweinepest könnte zum Problem werden
Die Afrikanische Schweinepest könne noch zu einem enormen Problem für die heimischen Schweinehalter werden, befürchtete Michael Horper, der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Die Frage sei nicht mehr, ob diese schwere Krankheit nach Deutschland komme, sondern nur noch, wann. Auch für den Milchpreis sehe es im Moment nicht besonders gut aus, zeigte er sich eher pessimistisch. Angesichts der Wetterturbulenzen im vergangenen Jahr wünschte er sich jedenfalls für die Landwirtschaft „ein stinknormales Jahr von der Witterung her.“
Dem schloss sich der Kreisvorsitzende an und erinnerte an einen viel zu warmen Winter, der dafür gesorgt habe, dass die Vegetation ihrer Zeit weit voraus gewesen sei, als Anfang April noch einmal tagelanger Nachtfrost den Landwirten und Winzern ins Kontor schlug. Zum Glück sei es nicht so schlimm gekommen, wie befürchtet, denn die Natur habe einiges kompensieren können. Schäfer wies darauf hin, dass ab diesem Jahr die elektronische Antragstellung Pflicht sei. „Wer nicht elektronisch meldet, erhält keine Förderung“, machte er unverständlich klar. Auch die neue Düngerverordnung sei in Kraft getreten und erfordere eine lückenlose Stoffstrombilanz. Wer das selbst nicht leisten könne, müsse sich fachkundige Hilfe organisieren, denn Fehler würden spürbar sanktioniert.
Bauern sind der Hit in der Medienwelt
„Wir Bauern sind der Hit in der Medienwelt und omnipräsent, aber leider nicht im positiven Sinne“, bedauerte Schäfer. Deshalb könne auch er es nur begrüßen, wenn man neue Strategien entwickle, die den Berufsstand wieder in ein besseres Licht rückten und allen Kollegen eine wirtschaftliche Perspektive böten. Allerdings störe es ihn, dass die Diskussion nicht auf der Basis von Fakten vonstattengehe, sondern letztlich nur derjenige gehört werde, der am lautesten brülle. „Aber Fake News dürfen nicht die Grundlage der Auseinandersetzung sein“, wünschte er sich. Wenn es so weitergehe, werde die bäuerliche Kultur in 15 Jahren ganz verschwunden sein, und niemand werde den Verfall aufhalten, weil der landwirtschaftliche Familienbetrieb niemandem etwas wert sei. Dadurch würde der Trend zu immer größeren und effizienteren Betrieben weiter beschleunigt mit unvorhersehbaren Kollateralschäden. Und die habe dann die ganze Gesellschaft auszubaden.
JOST
Der Landtagsabgeordnete und Kreisbeigeordnete Horst Gies bekam Zuwendung von Referentin Elke Pelz-Thaller. Foto: Photographer: Volker Jost Auf de
