Vergnügliche Verwechslungsgeschichte voller Turbulenzen
Mülheim-Kärlich. Jüngst fand im Pfarrsaal unter der katholischen Kirche in Mülheim-Kärlich die grandiose Inszenierung des Stückes „Der eingebildete Doktor“ statt. Die engagierten Laienschauspieler brachten mit ihrer Spielfreude das Publikum zum Lachen.
Das Stück von Hans Weigel handelt vom windigen Versicherungsvertreter Otto Kaiser von der Hals- und Beinbruch-Versicherung, der von Familie Müller mit dem erwarteten, renommierten Psychoanalytiker Eisig verwechselt wird. Das große Geschäft witternd, gibt er sich prompt als ebendieser aus, stolpert über so manchen Fachbegriff und heilt am Ende mit seinen eigenwilligen „Behandlungsmethoden“ gleich die ganze Familie.
Die Familie, das ist Patient Andi, der sich eine einzigartige Geschichte ausgedacht hat, mit der er den Doktor etwas vorspielen will. Vater Rudi, der liebend gerne Döppekooche isst und eine Abneigung gegen das Wort „natürlich“ hat. Mutter Brigitte, die ihrerseits das „grauenhafte Kartoffelgericht“ nicht ausstehen kann und Schwester Lisa, die in Psychologie bewandert ist und alle Bücher des Psychoanalytikers gelesen hat. Dann wäre da noch Haushälterin Olga, die dümmer tut, als sie ist, und der richtige Professor. Zu allem Überfluss tauchen zum Ende auch noch ein Patient und die Assistentin des Versicherungsmaklers auf.
„Für wen halten Sie mich...?“
Zunächst musste der windige Versicherungsvertreter, der sich kurzerhand bei den Müllers einquartiert hat, herausfinden, mit wem er denn verwechselt wird. Die Familie erwartet nämlich den „besten und weltbekannten Spezialist“, der den Sohn des Hauses von seinen vermeintlichen Seelenqualen erlösen soll. Dass diese ebenfalls nur vorgetäuscht sind, macht die ganze Geschichte noch etwas verzwickter. Bei der „Behandlung“ seines Patienten entwickelt er spontan seine eigene Art der Psychoanalyse: „Der Patient sitzt, der Professor geht auf und ab, das ist meine Methode“. Doch irgendetwas fehlt, was es ist, will ihm noch nicht einfallen. (Spoiler: Es ist die Traumdeutung).
Wer behandelthier eigentlich wen?
Zu diesem Zeitpunkt tritt der richtige Professor auf den Plan. Doch aufgepasst, der falsche Doktor hat vorgesorgt und die Familie hält diesen nun für einen Stalker und Patienten. Die Frage lautet: Wer behandelt hier eigentlich wen? Denn ehe er sich versehen kann, liegt der eigentliche Behandler auf der Liege und erzählt von seinen Träumen und wird so, wie man später erfährt, von seiner Schlaflosigkeit geheilt.
Das Motto vom falschen Professor: „Hegen, pflegen und vernichten“.
Im Laufe des Stückes kommen immer mehr seelische Probleme der Familie zutage: Da gesteht die Dame des Hauses dem vermeintlichen Psychiater, dass sie ihren Mann umbringen will. „Aber das ist doch völlig normal“, so der verhinderte Heiler, und bringt damit das Publikum zum Lachen. Allzu verständlich fand er den Grund - die Leidenschaft des Gatten für Döppekooche. Gibt es doch zahlreiche merkwürdige Variationen. Ja, das rheinische Kartoffelgericht, ist nicht jedermanns Sache, aber zum Glück, so der Hochstapler, kein allzu seltenes Phänomen. Und Döppekooche sei nicht so schlimm wie Camembert oder gar Remouladensauce - diese sei nämlich unheilbar.
Beim Fachsimpeln mit der attraktiven Tochter des Hauses, gespielt von Laura Wilbert, kommt der vermeintliche Doktor ins Straucheln, windet sich aber immer wieder kreativ aus der Situation. Doch die Tochter lässt nicht locker, da hilft nur der Gegenangriff, der Möchtegern-Professor „analysiert“ ihre Träume und unterstellt ihr kurzerhand romantische Absichten. Trotzdem überführt die gewitzte Studentin schließlich den Vertreter.
Martin Witte alias Otto Kaiser: „Das ist meine Methode“
Nicht nur Familie Müller fiel auf den Versicherungsvertreter Otto Kaiser als Professor Dr. Eisig rein. Schauspieler Martin Witte stellte den Psychoanalytiker so eloquent dar, dass man ihm den Doktor glatt abkauft und einen solchen Beruf auch im wirklichen Leben zuschreiben würde. „Das ist meine Methode“, so der Schauspieler, und brachte damit den Leitsatz von Professor Eisig vor. Er lerne die Texte immer sehr schnell und kann dann ganz in die Rolle schlüpfen und diese spielen. Die Theatergruppe trifft sich zu wöchentlichen Proben und vor den Aufführungen sogar noch häufiger, so Regisseur Thomas Anheier.
Die Theatergruppe der Kolpingfamilie produziert seit mehreren Jahrzehnten mehraktige Theaterstücke, die immer um die Osterzeit aufgeführt werden. Der Besuch der Inszenierung ist für viele Mülheim-Kärlicher eine geliebte Tradition und begeistert Generationen: „Meine Tochter schenkt mir jedes Jahr Karten, da freue ich mich schon das ganze Jahr drauf“, so Zuschauerin Magret Breitbarth. Die Aufführungen gehen noch bis Ende Mai.
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Regisseur Thomas Anheier, der auch den Patienten Seidler spielte, Klaus Zimmer (Ton und Technik) und die zwei Professoren Martin Witte und Ingo Rutschmann.
Der Versicherungsmakler heilt am Ende mit seinen eigenwilligen „Behandlungsmethoden“ die ganze Familie.
