LSB hatte zum Forum „Nachhaltige Sport- und Sportstättenentwicklung“ geladen
Verwendung von Sportstätten optimieren

Koblenz. Verzögerte Sanierungsmaßnahmen, Nutzungseinschränkungen und Schließungen von Sportanlagen sind immer öfter die Folge von Verteilungskonflikten innerhalb von Kommunen. Grund ist die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte und zunehmend auch die demografische Entwicklung einer Gemeinde oder Region. Das Forum „Nachhaltige Sport- und Sportstättenentwicklung bei knappen Kassen“ im Haus des Sports in Koblenz befasste sich mit der Frage, wie eine nachhaltige Mittelverteilung für den Sport in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Akteuren erreicht werden kann und wie dazu belastbare Kriterien entwickelt werden können. Eingeladen hatte der Landessportbund in Zusammenarbeit mit seinem Kuratorium Sportwissenschaft, dem Institut für Sportstättenentwicklung (ISE) der Europäischen Akademie des Rheinland-Pfälzischen Sports sowie den Kommunalen Spitzenverbänden.
Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit von Sportanlagen – wichtig bei der Entscheidung, welche Anlage bleibt oder auf welche verzichtet wird – beleuchtete von allen Seiten Prof. Dr. Ronald Wadsack von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Salzgitter. Businessplan und Lebenszyklusanalyse waren Stichworte aus dem Handwörterbuch des Sportstättenmanagements, die als Grundlage zentraler Entscheidungen vielen im Sport und auch in der Politik noch nicht geläufig sind. Es gelte, gerade in kleineren Kommunen, gemeinschaftlich Konzepte zu entwickeln und festzulegen, „was es uns wert ist, zum Beispiel einen Rasenplatz in einem 600-Seelen-Dorf vorzuhalten“. In den Augen von Prof. Dr. Eike Emrich vom Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes zählt hier „nicht nur der Aspekt des Sporttreibens, sondern auch die Bindung in der Region“. Sportaktivität könne auch ein Mittel der regionalen Bindung sein.
Zwei unterschiedliche Logiken
„Die Sportfunktionäre in den Vereinen haben Schwierigkeiten, die Logiken der Politik zu erfassen und zu verstehen, nach welchen Prinzipien diese Entscheidungen funktionieren“, sagte Prof. Dr. Lutz Thieme, Mitglied des LSB-Kuratoriums Sportwissenschaft und Dozent am RheinAhrCampus in Remagen, vor 100 Zuhörern, darunter zur Hälfte Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen und Kreisverwaltungen sowie des organisierten Sports. Es gebe eine Kluft zwischen dem, was einen Vereinsvorsitzenden umtreibe und dem, was einen Sportpolitiker bewege – „das sind zwei unterschiedliche Logiken“. Das Interesse des organisierten Sports sei es, möglichst große Anteile des Etats zu erhalten, während es der Kommunalpolitik um Stimmenmaximierung gehe – und darum, den Bereich mit dem höchsten Stimmenpotenzial zu priorisieren. Zu bedenken gab Thieme, dass einzelne Sporthallen nicht immer ausgelastet seien. „Wenn in einer Dreifeldhalle nur zehn Leute sind, ist es nicht mehr vermittelbar, wenn der Sport trotzdem mehr Hallen fordert.“ Dies bekräftigte Prof. Emrich, Vorsitzender des LSB-Kuratoriums Sportwissenschaft und auch Moderator der Veranstaltung: „Wir haben kein Regelungsdefizit – wir haben ein Überwachungsdefizit.“ Prof. Thieme, der Konflikte zwischen den Politikfeldern, den Sportarten sowie zwischen Vereinen und Standorten skizzierte, legte dar, dass Korporation – also die Einbindung aller – als Lösungsstrategie mit zunehmender Ressourcenknappheit erodiere. „Manchmal ist eine negative Entscheidung für einen Verein besser als gar keine Entscheidung.“ In seinen Augen sind Ausgaben für freiwillige Leistungen – dazu zähle auch der Sport – nachgelagert. „Von Haushaltseinsparungen sind zunächst die freiwilligen Leistungen betroffen, die Förderung des Sports ist keine pflichtige Aufgabe der Kommunen“, führte Thieme aus. Zudem gebe es einen Verteilungskonflikt zwischen den Sportarten. Denn das Geld könne man nur an einer Stelle investieren. Der Fachmann plädierte für größere Transparenz und „möglichst kleinteilige Lösungsanalysen“. Entscheidungen von Politikern müssten stärker auf Wirkungsanalysen basieren.
Nachdem Christian Rullang vom Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes die Möglichkeiten des Interneteinsatzes im organisierten Sport dargelegt hatte, resümierte Sportökonom Emrich: „In Zeiten zurückgehender Ressourcen und knapper Kassen kommt es umso mehr darauf an, die Verwendung von Sportstätten zu optimieren, um Vereinen die Möglichkeit zu geben, ihren Sport zu betreiben und dabei als nicht intendierte Folge das Gemeinwohl zu verbessern.“
Pressemitteilung
Landessportbund Rheinland-Pfalz