Wladimir Kaminer gastierte in Bad Breisig und bescherte dem Publikum eine sehr unterhaltsame Zeit

Von Panzern und Katzen

Von Panzern und Katzen

Der gebürtige Moskauer und Wahlberliner Wladimir Kaminer gastierte in Bad Breisig. Foto: ROB

Von Panzern und Katzen

Mit Wladimir Kaminer hatte BREISIG.live-Chef Rüdiger Kowalsky einen echten Hochkaräter verpflichtet. Foto: ROB

Bad Breisig. Eines gleich vorweg: Wladimir Kaminer ist kein Comedian. Und doch hatten die rund 310 Besucherinnen und Besucher sichtlich und hörbar ihren Spaß. Der Kulturverein BREISIG.live hatte am Sonntag in die Jahnhalle eingeladen, um den russisch-deutschen Schriftsteller live zu erleben. Der gebürtige Moskauer und Wahlberliner stellte hier sein neuestes Programm und Buch „Frühstück am Rande der Apokalypse“ vor - und irgendwie doch nicht. Denn wenn Kaminer einmal in Fahrt ist, geht die humorvolle Reise weit über die Buchseiten hinaus.

Wladimir Kaminer ist zweifellos ein hervorragender Autor, aber ein noch besserer Geschichtenerzähler. Im Prinzips steuert er von einer Anekdote zur nächsten und nimmt sein dankbares Publikum gerne mit. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch mit seinen liebenswerten und selbstironischen Eigenschaften.

Auch der lokale Bezug ist stets gegeben. So freute er sich angesichts der vermeintlich überschaubaren Einwohnerzahl Bad Breisigs, „die ganze Stadt“ in der Jahnhalle begrüßen zu dürfen und plauderte gerne über die humorvoll-skurrilen Erlebnisse, die er schon in den hintersten Winkeln der gesamten Bundesrepublik sammeln durfte.

Böses humorvoll erzählt

Dabei gelingt es Kaminer, die großen Herausforderungen unserer Zeit mit Humor zu verbinden und das Schauderhafte nicht mehr ganz so schauderhaft erscheinen zu lassen. „Humor hilft uns, im Meer des Wahnsinns nicht unterzugehen“, sagte Kaminer vorab in einem Interview mit BLICK aktuell. Tatsächlich zieht sich ein Thema wie ein roter Faden durch das gut zweistündige Programm: der Krieg in der Ukraine. Szenenweise erzählt Kaminer von der Flucht einer Bekannten, die in St. Petersburg Lehrerin war, sich aber weigerte, Putins Lehrpläne zu übernehmen. Um Repressalien zu entgehen, blieb ihr nur die Flucht aus ihrer Heimat Russland. Doch Kaminer nimmt dem Krieg seine Skurrilität und erzählt die Geschichte anhand der beiden Katzen seiner Freundin. Eine der Katzen hatte kein Fell, war also eine Nacktkatze. Als das Tier seine ersten Ausflüge in die neue Heimat in Brandenburg - Kaminers Zweitwohnsitz auf dem Land - unternahm, erregte es nicht den Argwohn der Nachbarn. „Die haben sie wohl für ein ganz normales russisches Kind gehalten“, scherzt Kaminer und nimmt damit seine eigene Herkunft genüsslich auf die Schippe.

Kaminer ging auf die aktuelle Nachrichtenlage ein, die sich irgendwo zwischen dem Schlagersänger Michael Wendler, Gurkensalatrezepten und Leopard-Lieferungen an die Ukraine bewegt. Natürlich waren die Waffenlieferungen ein Thema in seinem unterhaltsamen Programm, und gerade bei den Panzern holte Kaminer zum Rundumschlag aus. So schilderte er sein Leben in einem hippen Berliner Wohnhaus und die Reaktion seiner Nachbarn auf die Panzerlieferungen aus Deutschland an die Ukraine. Seine Nachbarschaft sei gegen die Lieferung von Leopard-Panzern, vor allem, weil die Panzer mit ihren Ketten die neue Fahrradstraße vor der Haustür beschädigen würden - nichts ist so herrlich verdreht wie das wirkliche Leben.

Hochkaräter in der Quellenstadt

Wer abseits der Bühne mit Kaminer plaudern wollte, hatte dazu Gelegenheit. Gut gelaunt signierte Kaminer seine Bücher und stand für Selfies zur Verfügung. Das Ergebnis: hochzufriedene Gäste. Zufrieden war auch Rüdiger Kowalsky, 1. Vorsitzender des Kulturvereins. Ihm und seinem Team war es gelungen, mit Wladimir Kaminer einen echten Hochkaräter nach Bad Breisig zu holen. Die nächsten hochkarätigen Veranstaltungen lassen nicht lange auf sich warten. Am 20. April wird zur Grobschnitt Acoustic-Party geladen, am 19. Oktober ist Maddin Schneider zu Gast in Bad Breisig. Auch den 29. November sollten sich die Fans schon einmal vormerken: Dann kommt Tom Gerhardt in die Jahnhalle. ROB