
Am 12.12.2022
Allgemeine BerichteLesung in Andernach am Internationalen Tag der Menschenrechte
Weltweite Lesung persischer Literatur
Andernach. Am Samstag, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, war eine Gruppe von Andernachern Teil einer weltweiten Lesung persischer Literatur. Aufgerufen zu dieser Solidaritätsaktion mit den Protestierenden im Iran hatte das internationale literaturfestival berlin. „Wir möchten uns beteiligen, um auf diesem Weg unsere Unterstützung für das iranische Volk auf dem Weg zu Demokratie und Freiheit zum Ausdruck zu bringen“, so Maria Gärtner, eine Initiatorin der Lesung in Andernach.
Seit dem Tod der jungen Frau Jina Mahsa Amini Mitte September, protestieren täglich tausende von Menschen im Iran gegen das brutale Regime. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser solidarisierte sich ausdrücklich anlässlich des Jahrestages der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit den Protestierenden im Iran.
Mit unglaublichem Mut, so Faeser, setzen die Menschen im Iran ihr Leben aufs Spiel „um für die Menschenrechte in ihrem Land einzutreten.“
So fanden am Samstag weltweit Solidaritätslesungen für den Iran statt. Bundesweit gab es über 20 Lesungen in Städten wie Berlin, Hamburg, Konstanz und eben auch in Andernach.
Einleitend las Christiane Bals einen Text der Kölner Islamprofessorin Amirpur vor. Die Wissenschaftlerin weist darauf hin, dass Persisch zwar Amtssprache im Iran sei, die Sprache jedoch nur von der Hälfte der Iraner als Muttersprache gesprochen werde. Im Iran gebe es eine Sprachenvielfalt verschiedener ethnischer Gruppen, darunter Azeri, Arabisch, Balutschi, Turkmenisch und Armenisch. Dennoch stifte die Jahrtausendjahre alte persische Sprache, die viele als die schönste Sprache der Welt bezeichnen, Identität.
Eine Kostprobe dieser melodischen und klangvollen Sprache genoss das Publikum, als die Andernacher Exil-Iranerin Jilla Rafat, Gedichte von Forugh Farroschzad auf Persisch vortrug. Die Lyrikerin gilt als weltweit bekannte Dichterin und Filmregisseurin und repräsentiert die iranische Moderne. Die anschließend vorgelesene Übertragung der Gedichte in deutscher Sprache beeindruckte durch Bildkraft und Poesie: „meine Finger streichen über die gespannte Haut der Nacht“ lautet etwa eine Zeile aus Farroschzads bekanntestem Gedicht: Der Vogel ist sterblich.
Im Anschluss an die Lesung tauschten die Zuhörerinnen und Zuhörer ihre Hoffnungen und Gedanken mit Blick auf die Proteste im Iran aus. „Wir meinen immer, wir könnten hier nicht viel machen“, meinte ein Exil Iraner. „Aber ich kann Sie alle ermutigen.
Die protestierenden Menschen im Iran wecken uns aus unserem Dornröschenschlaf auf. Menschenrechte sind uns nicht einfach in die Wiege gelegt, sie müssen täglich verteidigt werden und manchmal braucht es dazu Mut und Rückgrat.“ Er ergänzt: „Jetzt gilt es, die Solidarität mit den Protestierenden im Iran täglich weiter auszudrücken. Analysen zeigen, dass Aufmerksamkeit in den sozialen Medien der beste Schutz für Inhaftierte und zum Tode Verurteilte ist. Da es keine Gewerkschaften gibt, sind streikende Geschäftsinhaber außerdem auf Spenden aus dem Ausland angewiesen, um ihre Existenz zu sichern.“
Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg bestätigt, dass Menschenrechte weltweit unter enormen Druck stehen. Die Räume in denen Zivilgesellschaft agieren kann, schrumpfen derzeit vielerorts. Umso wichtiger erschien es den Frauen, die diese Lesung initiiert haben, dass auch in Andernach solche Räume genutzt werden.