Frank Oppermann zieht eine erste Bilanz – das kleine Theater auf neuen Wegen?

...und dann kam die Pandemie

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Die Umbauarbeiten für einen Neustart laufen auf Hochtouren. Fotos: BV

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Noch ist die Bühne leer. Alle hoffen, dass es bald wieder weiter geht.

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Frank Oppermann im Gespräch.

Region. Nach 50-jähriger Vertragslaufzeit hieß es im letzten Sommer für Walter Ullrich „der letzte Vorhang fällt“ und Frank Oppermann wird als sein Nachfolger neuer Intendant des kleinen Theaters. Ein großes Erbe, welches Oppermann nach einigem HickHack am 1. Juli 2019 annehmen konnte. Der 54-jährige Oppermann erfüllte sich mit der Übernahme des kleinen Theaters einen Lebenstraum, denn das kleine Theater faszinierte ihn bereits seit seinem 11. Lebensjahr und somit kann man sagen: „A dream comes true.“ Grund genug für BLICK aktuell, einmal nachzufragen, wie es dem Allroundtalent heute so geht.

BLICK aktuell: Warum wollten Sie unbedingt neuer Intendant des kleinen Theaters werden?

Frank Oppermann: Im kleinen Theater hatte ich mit 11 Jahren mein erstes Theatererlebnis und ich war schon damals völlig verzaubert von seinem Charme. Als ich mich 2016 erstmals an die Stadt wandte, erinnerte ich mich wieder an diesen vergessenen Zauber. In der Beschäftigung mit dem Konzept war mir sofort klar, dass es für mich keinen besseren Ort geben kann. Ich bin hier zuhause. Die Mischung des Spielplans bietet genau das breite, bodenständige Spektrum, das ich weiterentwickeln und zukunftsfähig machen möchte. Das Publikum ist mir vertraut. Und die Bewahrung solcher traditionsreichen Kostbarkeiten war mir schon immer eine große Motivation.

BLICK aktuell: War es ein herber Schlag erst einmal gegen Klaus Weise zu verlieren?

Frank Oppermann: Natürlich war ich enttäuscht, aber irgendwie muss ich gefühlt haben, dass es noch nicht vorbei ist. Denn das „tiefe Loch“ in das man ja dann auch leicht mal gefühlsmäßig fällt, hat sich nicht ergeben.

BLICK aktuell: Mit „Wir sind die Neuen“ starteten Sie im kleinen Theater. Sind Sie immer noch die Neuen?

Frank Oppermann: Das ist interessant! Tatsächlich fühlt es sich nach fast einem Jahr so an, als hätte ich nie etwas anderes getan. Es gab nie ein „Fremdeln“, es war immer alles so vertraut. Aber es hat ja nirgends einen tiefen Schnitt gegeben. Herr Ullrich ist auch noch im Haus und fast das ganze alte Team ist mir erhalten geblieben.

BLICK aktuell: Wenn Sie auf die letzten Monate zurückblicken, sind Sie zufrieden mit ihrer Arbeit?

Frank Oppermann: Es gab gleich nach „Wir sind die Neuen“ eine markante sechswöchige Delle. Das hat mich schon etwas beunruhigt. Die Ursache war maßgeblich ein unzuverlässiger Plakatierer. Tatsächlich liegen wir aber nun zum Abschluss des Februars seit Spielzeitbeginn mit Umsatz und Zuschauerzahlen erfreulich über den Zahlen meines Vorgängers. Da wir aber auch rund 160.000 Euro mehr erwirtschaften müssen, ist das zwar eine gute Tendenz, aber noch nicht das zu erreichende Ziel. Was die künstlerische Qualität anbelangt, haben wir gezeigt, dass wir mit modernen Impulsen die Erwartungen vielleicht sogar übertreffen konnten und neben der Unterhaltung auch gehaltvolle Aspekte des Schauspiels in den Fokus zurückholen.

BLICK aktuell: Das Theaterprogramm hat sich unter Ihrer Leitung verändert. Wie wird das neu gestaltete Programm von den Besuchern angenommen?

Frank Oppermann: Ich habe das Rad nicht neu erfunden, aber ich bin wieder in die Programmatik der Vergangenheit des kleinen Theaters eingestiegen. Auch bei Herrn Ullrich gab es immer die Mischung zwischen dem Klassiker, der Komödie neben dem Drama und der musikalischen Theaterproduktion. Allerdings war die Wahrnehmung immer mehr zum Boulevard verrutscht. Diesen Schwerpunkt habe ich nun wieder verschoben und es kommen auch wieder mehr ernsthafte Themen vor. Aber auch das ist Zeitgeist. Nehmen Sie die Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater. Auch hier spielt man jetzt wieder „Die Glasmenagerie“. Das war aber – wie gesagt – auch immer der Platz des kleinen Theaters – die Brücke zwischen der leichten Unterhaltung zum dramatischen Theaterprogramm, als reines Schauspielertheater. Daneben gibt es aber Programmpunkte, die ein komplett neues Publikum ansprechen, die sonst vielleicht nie den Weg zu uns gefunden hätten. Dem Publikum scheint es zu gefallen, denn momentan ist die Tendenz steigend.

BLICK aktuell: Hat sich das Publikum unter neuer Leitung verjüngt?

Frank Oppermann: Die Generation, die Herrn Ullrich begleitet hat, ist dem Theater glücklicherweise noch sehr verbunden. Aber es ist zu spüren, wie sich die Generationen immer mehr durchmischen. An manchen Vorstellungstagen ist dies deutlich wahrzunehmen. Besonders in unserem Rahmenprogramm entdecken die Jüngeren den Charme unseres Hauses. Es gibt Programme, in denen ausschließlich Zuschauer zu finden sind, die noch nie im kleinen Theater waren.

BLICK aktuell: Sie haben ja mal was Richtiges gelernt. Sie sind Bankkaufmann. Was hat Sie dazu bewogen dann auch noch Schauspieler zu werden?

Frank Oppermann: Das war eigentlich immer mein Wunsch gewesen. Mit der Ausbildung bei der Bank und am Juridicum Trier war ich aber dem Wunsch meines Vaters, etwas „Richtiges“ zu lernen, gefolgt. Als Jugendlicher hatte ich ja schon als Tänzer auf der Bühne gestanden. Aber als die Aufnahmegrenze des 25. Lebensjahres näher rückte, dachte ich, jetzt oder nie. Und dann folgte die übliche Tour durch die renommierten Schauspielschulen, bis ich dann 1991 an der Folkwang Universität in Essen aufgenommen wurde.

BLICK aktuell: Wenn man Ihre Biografie anschaut, stellt man fest, dass Sie in vielen Musicalproduktionen mitgewirkt haben, unter anderem auch in der Rocky Horror Show. Wird man sie auch im Kleinen Theater als Musical Darsteller sehen?

Frank Oppermann: Auf jeden Fall. Die nächste Spielzeit werde ich im August noch mal als Paul Abraham eröffnen, der das musikalische Deutschland der späten 20er verkörperte. Am Ende der kommenden Spielzeit bin ich Teil des Musicalensembles von „The Fantasticks“. Darin werde ich einen der Väter übernehmen, der im Film von Joel Grey gespielt wurde, dessen größte Filmrolle ich auch gleich zu Beginn meiner Laufbahn auf der Bühne verkörpern durfte, nämlich den Conférencier in CABARET.

BLICK aktuell: Schauspieler, Sänger, Musicaldarsteller oder Theaterleiter, in welcher Rolle sehen Sie sich am liebsten?

Frank Oppermann: Da gibt es keine Präferenzen. Ich bin sehr glücklich all das machen zu dürfen.

BLICK aktuell: Ein herber Schlag für die Kulturszene ist die derzeitige Situation mit dem Corona-Virus. Auch das kleine Theater ist betroffen und Sie mussten ihre Pforten schließen. Wie finanzieren Sie sich im Moment, denn so kurz nach der Übernahme des Hauses und den Renovierungsarbeiten scheinen die eigenen Kassen ja noch nicht so gefüllt zu sein.

Frank Oppermann: Wir haben die Soforthilfe des Landes NRW über 25.000 Euro erhalten und alle Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt. Dazu kommen noch Spenden. Damit halten wir uns derzeit über Wasser, müssen davon aber auch die kostenintensiven Vorbereitungen für die neuen Auflagen bestreiten.

BLICK aktuell: Wie sieht es mit Zuwendungen seitens der Stadt aus?

Frank Oppermann: Wir sind seit der Übernahme ja nicht mehr städtisch gefördert. Aus einem Nothilfefonds haben wir einen Betrag bis zu 10.000 Euro beantragt.

BLICK aktuell: Und wie sieht es mit Mietzahlungen für das kleine Theater aus?

Frank Oppermann: Obwohl der Mietvertrag zwar eine komplette Ruhendstellung des Vertrags bei höherer Gewalt vorsieht, hat die Stadt uns nur eine Stundung der Miete in Aussicht gestellt, sowie eine Regelung zu den Sanierungsauflagen. Bislang haben wir dazu aber nichts Schriftliches.

BLICK aktuell: Fühlen Sie sich von der Politik in den Coronazeiten im Stich gelassen?

Frank Oppermann: Es gab ein Videomeeting mit den Grünen und Nachfragen einzelner Politikvertreter aus CDU, FDP und SPD. Ich vermisse aber die generelle Frage seitens der Kulturpolitik und -verwaltung, wie hoch der Schaden wirklich ausfällt. Ich hätte mir eine fundierte Erhebung gewünscht, um dann gemeinsam zu besprechen, wie Unterstützung aussehen könnte. Meine Schreiben von Anfang März blieben komplett unbeantwortet.

BLICK aktuell: Wer unterstützt Sie und welche Art von Zuwendungen bekommen Sie von Freunden, Bekannten und der Kultur wohlgesonnen Menschen?

Frank Oppermann: Es gab viele Schreiben und Spenden unserer Zuschauer. Dazu gab und gibt es tolle Aktionen, wie z. B. die Versteigerung von Bildern der Fotokünstlerin Martina Al-Omari, deren Erlös dem kleinen Theater zu Gute kommt.

BLICK aktuell: Was passiert mit den bereits geplanten Stücken und den damit verbundenen Verpflichtungen?

Frank Oppermann: Mit der Reduzierung der Sitzplätze von eigentlich 161 um über 2/3 auf rund 51 Plätze und den geforderten Abstandsregeln auf der Bühne, lässt sich vieles nicht mehr zeigen. Wir versuchen, das zu verschieben, wenn die Verlage da mitmachen. Es tut uns irrsinnig leid, dass damit aber von den Schauspielern fest eingeplante Engagements wegbrechen. Unser neuer Spielplan bleibt aber dennoch spannend und interessant.

BLICK aktuell: Kann man Gutscheine kaufen, um das Theater zu unterstützen?

Frank Oppermann: Ja, die kann man direkt bei uns kaufen. Außerdem gibt es über Bonnticket die Möglichkeit ein sogenanntes Solidaritätsticket zu kaufen. Das ist dann wie eine Spende.

BLICK aktuell: Die Politik hat entschieden, dass Theater und Kulturbetriebe in Bälde wieder ihre Türen öffnen dürfen, allerdings mit hohen Auflagen. Wie realistisch ist die Umsetzung für Sie?

Frank Oppermann: Wir haben uns viele Gedanken gemacht und Platz geschaffen. Die bisherige Raumnutzung war für Wartende im Foyer immer ein bisschen Gedränge. Das haben wir nun mit der Wegnahme der großen Empfangs- und Garderobentheke deutlich verbessert. Für die Kontrolle der Zuschauergänge müssen wir mehr Personal einsetzen. Aber mit maximal 51 Zuschauern wird das überschaubar.

BLICK aktuell: Lohnt sich das überhaupt, wenn rund 70 Prozent der Plätze nicht besetzt werden dürfen.

Frank Oppermann: Nein! Eigentlich nicht. Und wenn wir jetzt Mitte Juni öffnen, wird sich zeigen, ob dieses Wagnis aufgeht. Wenn uns die Zuschauer wegbleiben, kann dies das Aus für ein solches Szenario unter diesen Umständen bedeuten. Aber wir sind zuversichtlich trotzdem eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Dazu sind wir als Abotheater natürlich auch unseren Abonnenten verpflichtet.

BLICK aktuell: Gab oder gibt es Hilfestellungen vom Land bei der Erstellung eines Krisenplanes?

Frank Oppermann: Zum 30. Mai ist die Öffnung bisher nur angekündigt. Die aktuelle Landesschutzverordnung verbietet den Betrieb noch. Die neue Fassung vom 25. Mai soll die Öffnungsmöglichkeit wohl formulieren. Am 18. Mai ist das Eckpunktepapier der Kultusminister erschienen, die die Grundlage für die individuellen Konzepte bilden. Vieles ist da aber noch nicht geklärt. Daher können wir bislang mehr erahnen, als rechtssicher planen.

BLICK aktuell:Gerade bei den Soloselbstständigen, wozu ja auch die Künstler gehören, herrscht einen große Unklarheit, wie die Zukunft aussehen wird, da sie aus jedem Förderprogramm herausfallen. Mussten Sie bei den Buchungen in Vorkasse gehen?

Frank Oppermann: Nein, das können wir uns ja gar nicht erlauben. Wir leben von vereinnahmten Kartenverkäufen, die wir nun zweieinhalb Monate nicht hatten. An die vereinnahmten Gelder für die Abonnements werden wir erst dann rangehen, wenn wir daraus die diesbezüglichen Produktionen finanzieren.

BLICK aktuell: Was denken Sie, wie es mit ihrem Haus nach der Coronakrise weiter geht?

Frank Oppermann: Ich werde eine solche „neue Normalität“ nicht als solche akzeptieren. Für uns ist das eine schwere Krise, mit der wir umgehen müssen und nicht versuchen sollten schönzureden. Dieser schweren Krise folgt dann hoffentlich auch wieder eine wirkliche Normalität. Aber bis dahin scheint es noch ein langer Weg. Ob das kleine Theater diesen Weg schafft, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt von unserem Publikum.

BLICK aktuell: Haben Sie bereits konkrete Pläne, wie man den Menschen die Angst vor Inhouse bzw. „Großveranstaltungen“ nimmt?

Frank Oppermann: Glücklicherweise sind wir kein Großveranstalter. Ich weiß nicht, wie man da unter den jetzigen Bedingungen, die Vorgaben erfüllen soll. Wir für uns haben die für uns höchstmöglichen Vorkehrungen umgesetzt. Die Zuschauer sitzen mit Abstand, wenn sie nicht in häuslicher Gemeinschaft leben, die Bühne ist mit Plexiglas geschützt, die Fenster im Saal sind nach fünfzig Jahren wieder freigelegt und sorgen vor und nach der Vorstellung für eine natürliche Belüftung. Wir haben eine vertikal arbeitende Belüftungsanlage, wir desinfizieren sämtliche Kontaktflächen regelmäßig und beachten die behördlichen Empfehlungen. Damit ist die Gefahr genau so eingeschränkt, wie beim Einkaufen oder sonst wo.

BLICK aktuell: Sollte insbesondere nach der Coronakrise mehr in die Kultur investiert werden oder welche Möglichkeiten sehen Sie für die Erhaltung von Kultureinrichtungen in den kommenden doch schwierigen Zeiten?

Frank Oppermann: Das wird noch mehr vonnöten sein, als vor der Krise. Leider befürchte ich aber, dass durch die zu erwartende Rezession, hier noch mehr eingespart werden soll, was dann in Folge zu einem verlängerten Sterben von großen Teilen der jetzigen Kulturlandschaft führen wird. Da bin ich, entgegen meiner Gewohnheit, nicht sehr optimistisch. Schon jetzt in der Krise, hat man ja den brennenden existentiellen Bedarf nicht wahrnehmen wollen und wenigstens durch Kommunikation die notwendige Wertschätzung signalisiert. Für viele ist es schönlängst nicht mehr „fünf vor zwölf“

. BV