Kritik an neuem Pflegeneuausrichtungsgesetz
„Keine Gerechtigkeit vorhanden“
Wahlkreiskandidat der Linken fordert „echte solidarische Pflegeversicherung“

Bullay. Mit dem in diesem Jahr in Kraft getretenen Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) haben CDU, CSU und FDP eine weitere Zusatzversicherung geschaffen, welche das Prinzip der solidarischen Finanzierung und Leistung beiseite wischt. Bei der Veranstaltung mit der pflegepolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Kathrin Senger-Schäfer sowie dem Direktkandidaten der Partei im Wahlkreis 201, Martin Krötz, fand in Bullay ein Austausch zur aktuellen Situation in der Pflege und zu alternativen Konzepten statt. So entlarvte Kathrin Senger-Schäfer faktenreich das Totschlagargument der Demographie, mit welchem auch in der Pflege operiert würde, um einer weiteren Privatisierung von Risiken das Wort zu reden: „Die Aussage, dass die Pflege teurer würde, je älter die Menschen werden, ist so nicht haltbar“, erklärt Senger-Schäfer, „Die Menschen werden zunehmend gesünder älter. Entscheidend für die Höhe der Kosten in der Pflegeversicherung ist vor allem das letzte Lebensjahr. Wir erleben allerdings eine Entwicklung, dass Menschen mit geringerem sozialen Status früher und länger pflegebedürftig sind.“ Der sogenannte „Altenquotient“ sei keine aussagekräftige Größe, wichtig sei dagegen vielmehr die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen sowie die Entwicklung der Produktivität. Arbeitslosigkeit und Niedriglohn sorgten dagegen für rückläufige Einnahmen in Sozialversicherungen. Es sei daher in einer reichen Gesellschaft vielmehr eine bedeutende Frage, wie die Einkommens- und Vermögenszuwächse verteilt seien. „Die Frage, ob eine Pflegeversicherung funktioniert, muss zunächst klären, ob sie auch wirklich auf solidarischer Grundlage steht.“ so Martin Krötz. „Dies ist mit dem jetzigen „Pflege-Riester“ nicht mehr der Fall. Statt ein umlagefinanziertes, solidarisches System zu entwickeln, wird der Versicherungsindustrie weiteres Steuergeld in den Rachen geworfen, um die Bürger für ein entsolidarisierendes und unsicheres Versicherungsvehikel zu begeistern. Man tut gerade so, als hätten wir derzeit einen gut regulierten und sicheren Finanzmarkt!“ Man mache sich nun auch noch in der Pflege abhängig von zukünftigen Finanzmarkt- und Währungsentwicklungen. „Wo soziale Ausgleichsmechanismen gefragt sind, wird entgegen jeglicher Moral und jedem Verstand weiter der Einstieg in private Sicherungssysteme vorangetrieben“ so Krötz weiter, „Immer weniger Menschen können sich diese ganzen Zusatzversicherungen leisten.“ „Das Prinzip, dass eine Gesellschaft Solidarität immer nur aus der aktuellen Wirtschaftsleistung leistet, ist ein wesentliches Argument für umlagefinanzierte und zugleich gegen sogenannte kapitalgedeckte Absicherungen“, ergänzt Senger-Schäfer, „wenn sich nicht genügend frische Kapitalanleger finden lassen, kommen privatisierte Systeme schnell in die Krise.“ Kritisiert wurde von allen Diskussionsteilnehmern, dass beim PNG die Höhe des Einkommens überhaupt keine Berücksichtigung fände. Wer sich diese staatlich subventionierte Privatversicherung nicht leisten könne, schaue in die Röhre. Als Teilkaskoversicherung führe das neue „Pflege-Riester“ zu den seit der „Riester-Rente“ bekannten grundsätzlichen Problemen. Auch seien hiervon keinerlei positive Effekte für die schon heute problematischen Arbeitsbedingungen im Pflegebereich zu erwarten. Der Wahlkreiskandidat der LINKEN forderte daher die Wiederherstellung des Solidarprinzips in den sozialen Sicherungssystemen. Es sei ein Hohn, wenn der Satz: „Die starken Schultern sollten mehr tragen“ immer wieder von Politikern betont würde, dies aber nicht mal in den Systemen gelte, welche dies dringend erforderten: „Heutzutage bezahlt ein Normalverdiener, ja selbst mancher Niedriglöhner einen erheblichen Anteil seines Einkommens in die Sozialversicherungssysteme, während Besserverdienende und Reiche einen erheblich geringeren Prozentsatz ihres Einkommens hierfür opfern müssen, oder man sie gleich ganz aus der Solidarität entlässt.“ So sprach sich Krötz deutlich gegen das Nebeneinander privater und sozialer Pflegeversicherung aus: „Alle zahlen solidarisch in ein System - Dann klappts auch.“ Nur DIE LINKE. setze sich für eine in diesem Sinne solidarische Bürgerversicherung ein, in welche Alle, unter Berücksichtigung auch des Einkommens von großen Geldvermögen, einbezahlten, erläutert Kathrin Senger-Schäfer die Alternative der Partei. Die unabhängige Studie von Klaus Bartsch (2011) durchgerechnet weise nach: Mit einer echten solidarischen Bürgerversicherung könnte der Beitragssatz bei einer sofortigen Erhöhung der Leistungsfähigkeit um 25 Prozent dauerhaft unter zwei Prozent gehalten werden. Nur so werde auch der finanzielle Spielraum für eine umfassende und dringend gebotene Pflegereform eröffnet.
Pressemitteilung
Die Linke Cochem-Zell