
Am 17.09.2014
Allgemeine BerichteEinrichtung der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach besteht seit 15 Jahren in Cochem
Tagesklinik Cochem ist Balsam für die Seele
Team feiert Jubiläum mit Bevölkerung bei einem Kinoabend
Cochem. Wer im Kreis Cochem-Zell an einer psychischen Erkrankung leidet, muss oft viele Kilometer zurücklegen, bis er Hilfe findet. Niedergelassene Psychiater oder ärztliche und psychologische Psychotherapeuten sind in der ländlichen Region rar gesät. Eine Versorgungsstruktur ist kaum vorhanden. Um zumindest einem Teil der Betroffenen lange Anfahrten zu ersparen, hat die Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach (RMF) die Tagesklinik Cochem eingerichtet, die in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert. Dr. Stefan Elsner ist ärztlicher Direktor an der RMF. Er war maßgeblich involviert an der Einrichtung der Tagesklinik (TK). „Als wir Mitte der 1990er-Jahre mit der Planung begonnen haben, war die Versorgungsstruktur im Kreis Cochem-Zell sehr dürftig. Die 65.000 Einwohner waren angewiesen, ferne Einrichtungen aufzusuchen. Lange Zeit war die RMF die einzige Klinik weit und breit.“ Auch mit der Tagesklinik hat sich natürlich nicht alles zum Guten gewandt. Die nächste vergleichbare Einrichtung ist in Wittlich. Mit Wartezeiten muss in Cochem gerechnet werden. Elsner formuliert es so: „Weitere niedergelassene Kollegen hätten hier in der Region sicher ihr Auskommen.“ Auch die TK sucht seit Monaten noch einen zweiten Facharzt. Neun Mitarbeiter arbeiten derzeit in der Tagesklinik in der Avallonstraße, etwa die Hälfte des Teams ist seit den Anfängen im Jahr 1999 dabei. Regelmäßig kommt Unterstützung von Krankenpflegeschülern des benachbarten Marienkrankenhauses, auf dessen Gelände sich die TK befindet. Das eingespielte Team besteht aus Facharzt und -pflegern, Psychologin, Ergotherapeuten und einer Sozialarbeiterin. Dadurch, dass die Mannschaft klein ist, sind auch die Zuständigkeitsgrenzen durchlässig. Anja Fuhrmann, die pflegerische Leiterin, sagt: „Unser kleines Team deckt das gesamte Tagesprogramm ab.“ 15 Patienten werden behandelt, die sich aus allen Altersgruppen zusammensetzen - nur volljährig müssen sie sein, nach oben hin gibt es kaum Grenzen. Dr. Jürgen Reichert, Facharzt an der TK, sagt: „Allgemein ist zu beobachten, dass unsere Patienten im Laufe der Jahre jünger wurden. Auch hatten wir in früheren Jahren mehr psychotische Patienten. Das hat sich gewandelt. Zu uns kommen vermehrt Betroffene mit Depressionen, Ängsten, Zwängen oder Essstörungen.“ Psychologin Anna Frieda Osiander ergänzt: „Die Leute kommen häufiger in jungen Jahren nicht mehr zurecht mit ihrem Leben, haben Angst vor dem, was kommt.“ Reichert wertet die heterogene Altersstruktur der Patientengruppe als nicht zu unterschätzenden Vorteil: „Sie ist gut. Die Lebenserfahrung älterer Patienten kann für jüngere sehr bereichernd sein.“ Der Kontakt der Patienten untereinander ist ohnehin rege. „Der Austausch ist sehr wichtig. Nicht selten kommen Betroffene zu uns, die lange Zeit keine sozialen Kontakte hatten. Bei uns blühen sie dann richtig auf“, sagt Reichert. So ist denn auch der therapeutische Ansatz auf Gruppendynamik ausgerichtet. Ob Training zur Stressbewältigung, Atem- oder Muskelentspannung, Spaziergänge oder Walking-Einheiten, Ergotherapie oder Singkreis - die Patienten werden gemeinsam animiert. Neben den ausgefeilten Therapiekonzepten gehören aber auch ganz alltägliche „Übungen“ wie Kochen oder Backen zum Programm. Das komplette Angebot hat den Zweck, den Patienten eine normale Tagesstruktur zu schaffen. Osiander erläutert: „Menschen, die zu uns kommen, sind nicht mehr arbeitsfähig, haben Störungen in der Konzentration. Oft fehlt auch der Antrieb, morgens aufzustehen. Wir versuchen, Ihnen wieder Halt zu geben.“ Parallel zu den Gruppentherapien erhalten die Patienten psychotherapeutische Einzelgespräche - auf Wunsch auch mit ihrer Familie. „Das häusliche Umfeld ist ein wichtiger Faktor in der Behandlung. Oft sind die häuslichen Verhältnisse der ausschlaggebende Punkt für einen ambulanten Aufenthalt bei uns oder einen stationären in der RMF“, erklärt Jürgen Reichert. Natürlich gibt es auch Patientengruppen, die in der Tagesklinik Cochem nicht behandelt werden können. „An Demenz Erkrankte können wir nicht aufnehmen. Ebenso können wir Alkohol- oder Drogensucht in der Tagesklinik, die die Patienten ja am Abend wieder verlassen, nicht behandeln“, erklärt Reichert. Betroffene, von denen eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung ausgeht, können nur im „Mutterhaus“ in Andernach betreut werden. Immerhin müssen die Patienten der Tagesklinik in den Nächten oder an den Wochenenden alleine zurecht kommen. Die Tagesklinik ist täglich von 8 bis 16.30 Uhr (freitags bis 15 Uhr) geöffnet und pflegt einen kollegialen Austausch mit dem benachbarten Marienkrankenhaus, wo Dr. Reichert auch konsiliarisch tätig ist. Die Patienten der Tagesklinik gehen zum EKG ins Krankenhaus und erhalten aus der dortigen Küche ihr Mittagessen. Reichert ist froh um die vorhandenen Strukturen: „Es ist eine enge und gute Nachbarschaft.“ Die wollen die Verantwortlichen auch weiterhin mit der Bevölkerung pflegen. Deshalb sind zum geplanten Kinoabend auch die Cochemer eingeladen.