Koblenz hat 500 Mio. Euro Schulden
Zum Gegensteuern stimmte Rat Eckwertebeschluss zu - 20 Minuten parken könnten um 10 Cent teurer werden
Koblenz. „Der Kernhaushalt 2015 wird die Gesamtschuldenmarke der Stadt Koblenz von 500 Millionen Euro überschreiten“, erklärte Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig in der jüngsten Stadtratssitzung im historischen Rathaussaal. Für diesen Schuldenberg von einer halben Milliarde Euro muss die Stadt jährlich 32 Millionen Euro an Zinsen und Tilgung zahlen.
Der Oberbürgermeister erläuterte dem Stadtrat die Ursache der Schulden, und wie man gegensteuern kann, sollte doch schon im nächsten Jahr die Nettoneuverschuldung, das sind Kredite, um Zinsen und Tilgung zu bezahlen, auf Null heruntergefahren werden.
Für ein entsprechendes Programm, genannt Eckwertebeschluss, gab der Rat, nachdem er über die zehn Punkte einzeln mit kleinen Änderungen abgestimmt hatte, grünes Licht. Hier die zehn Punkte, gekürzt auch das Wichtigste:
1. Es wird angestrebt, die Nettoneuverschuldung kontinuierlich bis 2016 auf Null zurück zu führen.
2. Es wird auch weiterhin erwartet, dass Bund und Land dazu beitragen, die finanzielle Situation der Kommunen erheblich zu verbessern, um dieses Ziel zu erreichen. Darüber hinaus soll die Einhaltung des Konnexitätsprinzips (Verhältnis des Landes zu den Kommunen) im Zusammenwirken mit den kommunalen Spitzenverbänden ständig überprüft werden.
3. Durch Verbesserungen in der Aufbau- und Ablauforganisation der Verwaltung sollen Effektivität und Wirtschaftlichkeit gesteigert und Einsparungen erzielt werden.
4. Sämtliche von der Stadt Koblenz wahrgenommenen Aufgaben sind daraufhin zu prüfen, ob sie grundsätzlich weiterhin wahrgenommen werden müssen und mit welchem Standard (Aufgabenkritik).
5. Es soll ein ganzheitliches Controlling für alle Verwaltungsbereiche implementiert werden.
6. Die Verwaltung wird beauftragt, das im Rat am 27.09.2012 beschlossene Personalentwicklungskonzept umzusetzen. Auch im Haushaltsjahr 2015 ist Ziel, dass durch Fluktuation (z. B. Wechsel des Arbeitgebers, Eintritt in, den Ruhestand) frei werdende Stellen zu 50 % (bezogen auf die Gesamtzahl der Stellen) eingespart werden, soweit dies mit der gesetzlichen Aufgabenerfüllung zu vereinbaren ist.
7. Sämtliche Einnahmemöglichkeiten sind auszuschöpfen. Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sollen neue Einnahmen erschlossen werden.
8. Grundsätzlich sind keine neuen großen Investitionen vorgesehen. Das bedeutet, dass nur noch begonnene Investitionen oder Investitionen, zu denen die Stadt rechtlich verpflichtet ist, oder die für die Erfüllung notwendiger Aufgaben erforderlich oder die wirtschaftlich sind, durchgeführt werden.
9. Der Zuschussbetrag im Bereich der freiwilligen Leistungen wird (mit Ausnahme der Gebäude-, Energie- und Personalkosten) maximal in Höhe der Haushaltsansätze 2014 etatisiert. Darüber hinaus wird erwartet, dass weitere Sparbemühungen vorgenommen werden.
10. Für die Eigenbetriebe gelten (außerhalb der Gebührenhaushalte) die vorstehenden Punkte
Klar, dass dieser Beschluss auch Auswirkungen auf die Bürger hat, so z.B. durch Punkt 7. Einnahmemöglichkeiten für die Stadt sind Steuern und Gebühren für die, ausgenommen sind Gewerbe- und Grundsteuer, erwägt wird, sie in diesem oder im nächsten Jahr moderat zu erhöhen. Während Standgebühren für Flohmärkte nicht viel bringen, ist das bei den Parkgebühren anders. Die Verwaltung überlegt, ob 20 Minuten Parkzeit künftig zehn Cent mehr kosten. Schließlich seien die überirdischen Parkplätze gegenüber Tief- und Hochgaragen zu billig und außerdem könnte so der Parksuchverkehr vermindert werden.
Punkt 9, der sich mit freiwilligen Leistungen beschäftigt, besagt, dass z.B. die Zuschüsse für Vereine, Sport und kulturelle Dinge (Stadttheater) auf dem Niveau von diesem Jahr bleiben, also keinesfalls steigen. „Auf die freiwilligen Leistungen schaut die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) drauf wie das Kaninchen auf die Schlange“, führte Prof. Dr. Hofmann-Göttig aus, „wir werden 2015 und 2016 keinen ausgeglichenen Haushalt haben, denn laut ADD sollen noch die gesamten Abschreibungen erwirtschaftet werden. Doch davon träumen fast alle Kommunen. Welche Kürzungen rechtlich zulässig und welche verantwortlich sind, ist dann die Sicht der ADD, nicht unsere“, betonte der Verwaltungschef.
Hofmann-Göttig: „Wir können uns allein nicht aus dem Sumpf ziehen“
Kritik äußerte der Oberbürgermeister an Bund und Land, die der Stadt immer mehr Aufgaben aufs Auge drückten, dafür aber viel zu wenig Geld bereitstellten. „Obwohl Koblenz eine der stärksten Wirtschaftszentren in Rheinland-Pfalz ist, können wir uns allein nicht aus dem Sumpf ziehen, da der Bund mit wenigen Federstrichen eingreift und uns nicht unterstützt“, beklagte der Stadtchef. Er bezeichnete Koblenz mit 27,3 Prozent Migrantenanteil als integrationsfreundliche Stadt, die bereit ist, entsprechende Aufgaben zu erfüllen: „4 Millionen Euro wenden wir auf. Es ist aber ein Bundesthema und der Bund muss die Lasten dafür übernehmen“, forderte der OB. So sei es auch im Sozialbereich, der mit 80 Millionen Euro ein Riesenbrocken im Etat ist und kommunal fast nicht steuerbar sei.
Aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs hat das Land den Finanzausgleich neu geregelt und dafür gerade mal 50 Millionen Euro bereitgestellt, von denen lediglich etwa eine Million Euro nach Koblenz fließen. Damit ist nicht nur Koblenz unzufrieden, sondern auch andere Kommunen wie z.B. der Kreis Neuwied, klagen gegen diese Neuregelung. Daran will die Stadt Koblenz sich nicht beteiligen, da der Innenminister versprochen hat, dass alle rheinland-pfälzischen Kommunen nach einem Urteil genau so behandelt würden, als hätten auch sie geklagt.
