Politik | 07.08.2013

Urteil im spektakulären Doppelmord-Prozess

Zu lebenslanger Haft verurteilt

Wegen Doppelmordes an ihren Schwiegereltern verurteilte das Schwurgericht Koblenz Henrike S. zu einer lebenslangen Haftstrafe

Koblenz. Im spektakulären Doppelmord-Prozess hat das Koblenzer Schwurgericht nach insgesamt 23 Verhandlungstagen das Urteil gesprochen: Wegen Doppelmordes an ihren Schwiegereltern verurteilte es Henrike S. zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist auch bei guter Führung eine frühzeitige Entlassung nach 15 Jahren Haft ausgeschlossen.

Das Gericht sieht eine besondere Schwere der Schuld

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die heute 47-Jährige im Juli 2011 von ihrem Wohnort Haren im Emsland nach Koblenz gefahren ist, um ihren 75-jährigen Schwiegervater und dessen 68 Jahre alte Ehefrau umzubringen. Das Motiv war Habgier. Laut Staatsanwaltschaft habe die Angeklagte durch die Bluttat an das Vermögen der wohlhabenden Schwiegereltern gelangen wollen. Denn der Ehemann der Verurteilten war der Alleinerbe.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft lag das Geld- und Immobilienvermögen der Opfer bei rund 1,7 Millionen Euro, während die Finanzssituation der Angeklagte und deren Ehemann als eher angespannt zu bezeichnen sei. Vor diesem Hintergrund hätten Henrike S., deren 48-jähriger Mann und die drei Töchtern im Alter von 16 und 18 Jahren über ihre Verhältnisse gelebt. Da das Familienkonto regelmäßig um mehrere tausend Euro überzogen gewesen sei, hätten die Getöteten die Familie der Angeklagten seit 2007 mit rund 170000 Euro unterstützt, damit etwa Heizöllieferungen oder die Nachhilfe für die Töchter hätten bezahlt werden können. Nach einem Streit sollen die Schwiegereltern jeoch damit gedroht haben, ihre finanzielle Hilfe einzustellen. Möglicherweise haben sie gar mit dem Gedanken gespielt, ihr einziges Kind - den Ehemann der Angeklagten - zu enterben. Angesichts der drohenden Geldprobleme habe Henritte S. den Plan gefasst, ihre Schwiegereltern umzubringen, um so an das Erbe zu kommen,

Laut Staatsanwaltschaft sei die 47-Jährige in der Nacht zum 8. Juli 2011 mit ihrem BMW von ihrem Wohnort Haren (Niedersachsen) nach Koblenz gefahren. Mit ihrem Schlüssel sei sie ins Haus der Schwiegereltern eingedrungen. Den 75-jährigen Schwiegervater habe sie im Bad, dessen 68 Jahre alte Ehefrau im Schlafzimmer mit insgesamt 20 Stichen erstochen. Auch wenn es am Tatort keine objektiven Spuren gegeben habe, die die Täterschaft der Schwiegertochter belegten, war Staatsanwältin Andrea Maier von der Schuld der Angeklagten überzeugt. So läge eine Vielzahl von Indizien vor. Diese ließen sich zu einem Gesamtbild zusammensetzen, dem zufolge die Täterschaft zweifellos feststehe. So habe es am Haus der Opfer keine Spuren eines gewaltsames Eindringens gegeben, auch sei nicht nach Wertgegenständen gesucht worden, was gegen einen Raubüberfall spreche. Außerdem habe die Angeklagte einen Schlüssel für das Haus besessen.

Für die Staatsanwaltschaft ist Habgier das Motiv

Zudem sei der Wagen ihres Mannes, mit dem sie von Haren nach Koblenz gefahren sein soll, von einem Zeugen gesehen worden. Schließlich habe die Angeklagte kein glaubwürdiges Alibi und ein Motiv - das Erbe.

Dagegen bezeichnete Verteidigerin Julia von Dreden die Aussage des Motorradfahrers, der angab, in der Tatnacht den Pkw der Angeklagten gesehen zu haben, als sehr widersprüchlich und daher nicht glaubhaft. Sein Verhalten sei ohne die suggestive Berichterstattung - etwa in der Sendung „Aktenzeichen XY“ - nicht erklärbar. Auch die Aussage einer Nachbarin, die von Henrike S. um ein Alibi für die Tatnacht gebeten worden sein soll, bezeichnete die Verteidigung als unglaubwürdig. So habe sie etwa im Internetforum Allmystery über die Angeklagte hergezogen.

Die Vernehmung bei der Polizei, bei der sich Henrike S. in widersprüchliche Aussagen verwickelt hatte, war nach Auffassung von Staranwalt Johann Schwenn, der unter anderem Wettermoderator Jörg Kachelmann bei dessen Vergewaltigungsprozess vertreten hat, nicht verwertbar. So hätten die Polizisten die verbotene Vernehmungsmethode der Ermüdung eingesetzt. Darüber hinaus hätten die Beamten sie durch ihre suggestive Gesprächsführung dazu gebracht, auf einen Anwalt zu verzichten. Und zu den widersprüchlichen Aussage der Angeklagten bei der Polizei führte Schwenn aus: „Wenn sich das Alibi eines Tatverdächtigen als falsch herausstellt, beweist dies nicht dessen Täterschaft.“ Zudem habe die Angeklagte kein Tatmotiv gehabt. Ob ihr Mann von den Opfern tatsächlich enterbt werden sollte, sei nicht belegt - eine völlige Enterbung rechtlich unmöglich. Und schließlich gebe es „keinen einzigen Sachbeweis“, der für die Täterschaft der Angeklagten spreche, sodass es einen Freispruch geben müsse. Daher sei sie aus dem Gefängnis zu entlassen und für ihre 13-monatige Untersuchungshaft zu entschädigen.

Die Verteidigung forderte einen Freispruch

Das sah das Gericht allerdings anders. „Letztlich war es nicht die Vielzahl von Indizien, sondern ein Zeuge, der uns glaubhaft von der Schuld der Angeklagten überzeugt hat“, sagte Richter Ralf Bock. Dabei handelte es sich um jenen 47-jährigen Koblenzer, der in der Tatnacht in Tatortnähe mit seinem Motorrad unterwegs gewesen ist, den BMW der Angeklagten gesehen haben und mit diesem fast kollidiert sein will. Die Angeklagte selbst hatte während des Prozesses geschwiegen. Erst in ihren letzten Worten hatte sie ihre Unschuld beteuert: „Ich habe die Tat nicht begangen.“ Nach dem Urteilsspruch brach sie in Tränen aus. Ob die Angeklagte in Revision gehen will, ist offen geblieben.

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