Politik | 17.10.2022

Die Stadtverwaltung hat für ein städtisches Gebäude in der Bachstraße Eigenbedarf angemeldet - Sonnenstudio, eine Ergotherapiepraxis und Friseur-Salon müssen deshalb ausziehen

Remagen: Streit um die Bachstraße

Die Bachstraße 5-7 in Remagen.  Foto: ROB

Remagen. In Remagen wird sich in der Bachstraße zukünftig etwas tun, zumindest, wenn es nach der Stadtverwaltung geht. Denn die Verwaltung hat in dem im Frühjahr von ihr erworbenen Gebäudekomplex „Bachstraße 5-7/Platz an der alten Post“ dem Friseursalon, der Ergotherapie-Praxis und dem Sonnenstudio wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der Grund: Die Verwaltung braucht dringend neues Personal und dafür den entsprechenden Arbeitsraum. In den Räumen soll ein Bürgertreff entstehen. Dass dieser Vorgang nach dem Mietrecht rechtmäßig ist, gilt als zweifelsfrei. Doch die FDP Remagen moniert in einer Pressemitteilung, dass die Stadtverwaltung den Mietern nicht geholfen habe, einen Ersatzstandort zu finden. Stattdessen habe der Wirtschaftsförderer der Stadt, Marc Bors, der Therapeutin empfohlen, sich einen Makler zu nehmen, heißt es seitens der FDP. „Erst auf Druck der FDP habe der Bürgermeister erstmals binnen zehn Monaten persönlich das Gespräch mit den Gekündigten gesucht. In diesem Gespräch wurde der Therapeutin gesagt, die Verwaltung werde nun in Bad Breisig und Sinzig nachhören, ob es dort eine geeignete Fläche gebe. Dies wird von den Liberalen aber als „Offenbarungseid“ der Stadt bewertet, wie Christina Steinhausen, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Stadtrat sagt.

„Respekt- und rücksichtlos“

Auch mit der Kündigung als solches möchte sich die FDP nicht abfinden. „Langjährige Gewerbetreibende sowie deren Angestellte in einer schwierigen Wirtschaftslage ohne Ankündigung und Alternativangebot auf die Straße zu setzen, ist nicht nur respekt- und rücksichtslos, sondern bedroht auch mehrere Existenzen sowie das Vertrauen in die Stadt Remagen“, findet Dennis Trütgen aus dem Vorstand der FDP-Remagen.

Die FDP-Mitglieder befürchten, dass eine Räumung sowohl im Falle der Praxis als auch beim Sonnenstudio einer Geschäftsaufgabe gleiche käme. Denn beide benötigen zwingend bestimmte Voraussetzungen, die derzeit auf dem Markt schlicht nicht zu finden seien. Der Betreiber des Sonnenstudios habe zum Start vor vielen Jahren über 400.000 Euro in den Rohbau investiert. Selbst wenn er gleich große und geeignete Räume fände, müsste er rund 65.000 Euro in die Hand nehmen, nur um die technischen Anschlüsse für die Abluftanlage und die Stromaufbereitung für die acht Sonnenbänke zu installieren.

Steinhausen: „Die Mitarbeiter der Stadt brauchen anständige Arbeitsplätze, keine Frage, aber die müssen nicht genau hier sein. Die Stadt kann für sie auch woanders etwas mieten oder kaufen. Für die Geschäftsleute ist es ungleich schwerer etwas für ihre Bedürfnisse zu finden. Ich hoffe, dass der Bürgermeister das noch einsieht und die Kündigungen zurücknimmt.“

Stadt argumentiert dagegen

Die Antwort der Stadtverwaltung in Form einer Gegendarstellung ließ nicht lange auf sich warten. Dass die Verwaltung nicht geholfen habe, einen Ersatzstandort zu finden, sei falsch. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 10. Oktober sei bekanntgegeben worden, wann und wie häufig Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit den Mietern persönliche Gespräche geführt haben“, heißt es im Text der Gegendarstellung. Dies sei bereits vor den Kündigungen geschehen. „An den Bürgermeister gerichtete Gesprächswünsche wurden durch die Büroleitung und die Wirtschaftsförderung erfüllt, da von hier aus schnellere und zielgerichtetere Hilfe geleistet werden kann“, heißt es im Statement der Stadt. Auch die Behauptung, die Wirtschaftsförderung der Stadt Remagen habe der Inhaberin der Ergotherapeutischen Praxis lediglich geraten „sich einen Makler zu nehmen“ sei falsch: „Ganz im Gegenteil wurden mit allen Mietern mehrfach Gespräche geführt und aktiv bei der Suche alternativer Räumlichkeiten unterstützt, bis hin zu gemeinsamen Objektbesichtigungen.“ Die Empfehlung einen Makler einzuschalten, sei ergänzend zur Unterstützung erfolgt. Die bisherige Suche sei leider an betrieblichen Restriktionen bzw. persönlichen Einschränkungen, Vorgaben und Wünschen gescheitert. Für die Ergotherapeutische Praxis wurde die Suche kürzlich unter Zuhilfenahme der Wirtschaftsförderungen der Stadt Sinzig und der VG Bad Breisig auf diese Gemarkungen ausgeweitet. Erste Telefongespräche habe die Wirtschaftsförderung Remagen Anfang letzter Woche gemeinsam mit der Inhaberin der Praxis geführt.

FDP habe Entscheidung mitgetragen

Völlig unverständlich sei die Forderung der FDP, die Verwaltung solle für ihre Mitarbeiter andere Räumlichkeiten anmieten oder erwerben. Unverständlich sei dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Mitglieder der FDP-Stadtratsfraktion die Entscheidung zum Erwerb und zur Selbstnutzung der Räumlichkeiten durch die Stadt in den städtischen Gremien Ende 2021 mitgetragen haben. „Nach Darlegung der geplanten künftigen Eigennutzung durch die Stadtverwaltung stimmte Christina Steinhausen im Haupt- und Finanzausschuss am 8. November 2021 für den Erwerb der Liegenschaft, ebenso FDP-Stadtratsmitglied Jens Huhn im Stadtrat am 6. Dezember 2021“, listete die Stadtverwaltung auf. „Unser Verwaltungshandeln zielt stets darauf ab, unseren Bürgerinnen und Bürgern serviceorientierte Bürgerdienste anzubieten und möglichst unkompliziert und schnell ansprechbar zu sein“, unterstreicht Bürgermeister Ingendahl und ergänzt: „Hierzu zählt auch ein zentraler Anlaufpunkt rund um den historischen Marktplatz in Remagen und dringend benötigtes zusätzliches Personal zur Erledigung eines immer weite wachsenden Aufgabenspektrums.“

Die Antwort der FDP folgte prompt: Die Remagener Liberalen halten die Gegendarstellung des Bürgermeisters für einen „hilflosen Versuch der Rechtfertigung der von ihm getroffenen Fehlentscheidungen“ und bemängeln dem rücksichtslosen Umgang mit den Mietern. Die FDP stellt klar: „Wir haben 2021 dem Erwerb des Gebäudes zugestimmt. Von Kündigungen der Gewerbetreibenden und der Errichtung eines völlig fraghaften Bürgerwohnzimmer war damals keine Rede“, so Stadtratsmitglied Jens Huhn. Sonst hätten die FDP-Mitglieder wohl auch nicht zugestimmt. Die Liberalen möchten sich nun weiterhin darauf konzentrieren dass die Stadtspitze ihre Kündigungen zurücknimmt. „Tue der Bürgermeister das nicht, müsse er verantworten, die einzige und letzte Ergotherapie-Praxis, ein Sonnenstudio und einen Friseursalon aus der Stadt vertrieben zu haben, und zwar an bester Stelle in der Stadt, am Marktplatz, damit Mitarbeiter der Stadtverwaltung einziehen können“, so die Remagener FDP.

Mieter melden sich zu Wort

Auch die betroffenen Mieter meldeten sich zu Wort. Die Betreiberin des Friseursalons Cathy McDonough-Straussinsky sagt: „Ich bin 59 Jahre alt und stand vor dem Aus.“ McDonough-Straussinsky habe im Januar ein Schreiben der Stadt mit der Kündigung erhalten. Hinzu kam ein Todesfall in der nahen Familie. Daraus resultierte die Schließung des Geschäfts. Jamal Daiz vom Sonnenstudio ist ebenfalls wütend. „Das gesamte Vorgehen der Stadt Remagen ist im höchsten Maße fragwürdig und ist zu verurteilen“, sagt er. Des Weiteren beklagt er eine mangelnde Kommunikation mit der Stadt.

Ähnlich sieht es Nina Hunold, Ergotherapeutin. Als Hunold in einem Gespräch mit Bürgermeister und Wirtschaftsförderung anmerkte, dass die Praxis zu medizinischen Grundversorgung der Stadt gehöre, habe sie kein Gehör gefunden. Ein Umzug würde, laut Hunold, das Ende der Versorgung von vor allem älteren und beeinträchtigten Bürger der Stadt Remagen bedeuten. Als Antwort habe sie erhalten, sich im Gebiet der VG Bad Breisig nach einem geeigneten Standort zu suchen, da es dort „viel Leerstand“ gäbe.

ROB

Die Bachstraße 5-7 in Remagen. Foto: ROB

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