Wie kann sich die Stadt eigenverantwortlich vor künftigen Ereignissen schützen?
Rheinbach erarbeitet kommunales Starkregenmanagement
Als Erstes soll eine Starkregenrisikokarte erarbeitet werden, die mit drei möglichen Szenarien arbeiten soll - Bürger sollen ihre Ideen und Vorschläge mit einbringen
Rheinbach. Die Unwetterkatastrophe vom 14. Juli 2021 hat Rheinbach mit einer bis dahin unvorstellbaren Intensität getroffen. „Was uns damals ereilt hat, hat keiner für möglich gehalten, aber doch ist es so gekommen“, sagte Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) jetzt in einer Pressekonferenz. „Das Wasser kam von überall her und richtete immense Schäden an.“ Seit diesem Tag sei die Stadtverwaltung mit der Beseitigung der Schäden beschäftigt, doch nun gelte es, den Blick nach vorne zu richten und zu überlegen, wie die Stadt sich eigenverantwortlich vor solchen Ereignissen in Zukunft schützen könne. Deshalb habe er die Umsetzung eines kommunalen Starkregenrisikomanagements in Auftrag gegeben, ein entsprechendes Konzept soll laut Plan im Sommer kommenden Jahres vorliegen. Die Projektsteuerung hat die Kommunal Agentur NRW übernommen. Allerdings wies Banken schon jetzt darauf hin: „Hochwasserschutz dauert erfahrungsgemäß lange, allein die Behebung der Schäden in Rheinbach wird eine Dekade dauern.“ In dieser Zeit sollen parallel dazu auch die Maßnahmen aus dem jetzt zu erarbeitenden Starkregenmanagement umgesetzt werden.
Vollkaskoversicherung wird es nicht geben
Allerdings werde sich Rheinbach nicht komplett vor einem Ereignis dieser Dimension schützen können, „eine Vollkaskoversicherung wird es nicht geben“, so Banken. Doch wenn die richtigen Schlussfolgerungen gezogen würden, könne man sich im Fall des Falles zumindest einigermaßen schadlos halten. „Es müssen unglaublich viele Mosaiksteinchen zusammenpassen, damit ein komplettes Bild entsteht“, wusste Banken aber auch. Zudem müsse das Thema auch auf regionaler Ebene angegangen werden, denn Maßnahmen in einer Kommune könnten durchaus Auswirkungen auf die Hochwassersituation in einer Nachbarkommune haben. Schon jetzt gebe es eine Reihe von interkommunalen Arbeitskreisen, in denen sich beispielsweise die Anliegerkommunen der Erft und ihrer Nebenflüsse zwischen Bad Münstereifel und Kerpen zusammengeschlossen haben. Gemeinsam mit dem Erftverband suche außerdem der Rhein-Sieg-Kreis nach Möglichkeiten einer überkommunalen Koordination.
Die Kommunal Agentur NRW sei ein Dienstleister für den Städtebund Nordrhein-Westfalen und verfüge über jede Menge Expertise in Sachen Hochwasserschutz, nicht zuletzt als Koordinator des Netzwerks Hochwasser- und Überflutungsschutz, begründete Fachgebietsleiter Torsten Bölinger deren Wahl. Zunächst gelte es, mithilfe einer Starkregengefahrenkarte die Überflutungsgefährdung bei einem künftigen Starkregenereigniss zu analysieren. Dies soll mit drei möglichen Szenarien durchgerechnet werden, wobei die zeitliche Abfolge der zu erwartenden Ereignisse ebenfalls untersucht werden soll. Damit könne man zunächst geographisch die möglichen Überflutungsgebiete ermitteln und kritische Objekte identifizieren. Darüber hinaus könnten auch die Bürger selbst auf dieser Karte feststellen, wann bei einem bestimmten Ereignis das Wasser bei ihnen auf dem Grundstück stehe, glaubt Bölinger. Denn nach wie vor sei unabdingbar: „Auch die Bürger selbst müssen ihre Immobilien vor Hochwasser und Starkregen schützen.“
Manchmal ist die Natur einfach stärker
Dr. Jan Echterhoff, stellvertretender Fachbereichsleiter der Kommunal Agentur NRW, wies darauf hin, dass es sich bei der Erarbeitung eines kommunalen Starkregenrisikomanagements um eine sehr umfangreiche Aufgabe handele. Hier müssten sehr viele Akteure einbezogen und an unzählige Stellschrauben gedreht werden. „Ob der Schutz vor einem Starkregenereignisse dann zu 100 Prozent gelingt, hängt auch vom Ausmaß eines künftigen Ereignisses ab, manchmal ist die Natur halt einfach stärker.“ Zunächst gehe es um eine genaue Analyse, wann das Wasser bei einem Starkregenereignisse von wo nach wo fließe und welche Gebäude oder Infrastruktur dadurch gefährdet werden. Anschließend gehe es darum, Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen zum Objektschutz und für ein künftiges Krisenmanagement. Beides soll am Ende in ein umfassendes Konzept zusammengefasst werden. Die Starkregengefahrenkarte sei daher ein wichtiger Baustein für das Gesamtkonzept und soll im April oder Mai an ein fachkundiges Ingenieurbüro vergeben werden. Ein Jahr werde es anschließend dauern, bis das Konzept für ein kommunales Starkregenmanagement fertiggestellt werde. „Damit ist Rheinbach dann gut auf ein künftiges Ereignis vorbereitet“, glaubt Echterhoff.
Die Rheinbacher Bürger sollen ihre Vorschläge und Informationen ebenfalls bei der Stadt einreichen, sie sollen dann in das Konzept eingearbeitet werden, falls sinnvoll. „Schließlich können die Bürger die örtliche Situation am besten einschätzen“, weiß Echterhoff. Außerdem seien mehrere Informationsveranstaltungen geplant, um zum einen Fragen der Bürger zu beantworten und Ideen einzufangen, aber auch, um das Vorhaben insgesamt darzulegen. Wobei Banken schon vorab klarstellte: „Die Bürger werden dafür nicht zu Kasse gebeten.“ Stattdessen hofft man auf namhafte Zuschüsse vonseiten des Landes, eine Förderung von 50 Prozent sei realistisch. Die Förderanträge sollen schon bald gestellt werden, „aber wir haben keine Zeit, ewig auf Fördergelder zu warten, wir werden das Thema dafür nicht stoppen“, versicherte Banken. Die Stadt sei durch die Behebung der Flutschäden ohnehin schon stark gefordert, deshalb appellierte er an Land und Bund, für solche Vorhaben neue Fördermöglichkeiten zu schaffen. „Dafür ist ein riesiger Bedarf da - nicht nur bei der Stadt Rheinbach“, wusste er.
JOST