Leserbrief zum Thema Stadtradeln
Stadtradler leben gefährlich
Es ist sehr erfreulich, dass sich nunmehr auch die VG Bad Breisig erstmalig der Initiative „Stadtradeln“ angeschlossen hat. Werbewirksam präsentierte sich dazu Bürgermeister Caspers mit dem eigenen Team der VG zu einem Foto im Kurpark und plädierte engagiert für das Radfahren aus Gründen des Umweltschutzes.
Im Gegensatz zu dem glücklosen ehemaligen Stadtbürgermeister Udo Heuser, der täglich auf verschiedenen Rädern zum Stadtbild gehört, ist Herr Caspers bisher nicht auf dem Rad im Ortsbild aufgefallen. Vielleicht fährt er auch nicht häufig durch die Stadt, denn sonst wäre ihm gewiss nicht entgangen, dass Radfahren in der Stadt Bad Breisig gefährlich ist.
Da ich seit Jahrzehnten fast täglich alle Einkäufe mit dem Fahrrad erledige und auch viele kleinere und größere Radtouren unternehme, kann ich ein Lied davon singen. Zunächst Positives: Wunderbar ist der Radweg am Rheinufer, wenn man von der „Hubbelstrecke“ nach Sinzig absieht, die aber saniert werden soll. Es bleibt auch zu hoffen, dass eine Verlängerung des Radwegs am Rhein nach Brohl in absehbarer Zeit erfolgt. Wohl geplante Radwege im Brohltal und im Vinxtbachtal wären eine touristische Bereicherung und würden Fahrten ins Vinxtbach- und Brohltal sicherer machen.
Eine einzige Katastrophe ist aber nicht nur der Radweg an der Bundesstraße 9. Oft ist er im Stadtkern an verschiedenen Stellen zugeparkt. Das Ordnungsamt scheint dies nicht zu stören, zumindest tritt es nicht in Erscheinung oder es wird großzügig darüber hinweggesehen. Sie können ja nicht überall sein. Auf leicht erzielbare Einnahmen durch Bußgelder wird ebenfalls verzichtet. Dass Glasscherben von zertrümmerten Flaschen mitunter tagelang in den Unterführungen Lohkump, am Kurpark und in der Bachstraße liegen, wird wohl ebenfalls als nicht von Belang angesehen.
Besonders gefährlich ist für Radfahrer die Fahrt auf dem Arweg, in der Brunnenstraße und das Einbiegen von der Mittelstraße über die Ampel auf den Radweg der Bundesstraße 9.
Ein Gutachten zur Verkehrssituation in Bad Breisig, das noch unter der damaligen Stadtbürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch im Kulturbahnhof vorgestellt wurde, empfahl besonders hier, aber auch in der Gesamtstadt, eine Verbesserung der Verkehrssituation für Radfahrer und auch Fußgänger durch geeignete Maßnahmen, um innerörtlichen Autoverkehr zu vermeiden und das Radfahren attraktiver und sicherer zu machen. In der Mittelstraße wurde sogar eine eigene Spur für Radfahrer als sinnvoll vorgestellt. Getan hat sich seither nichts, wenn man von den Pollern im Umfeld der Biergasse absieht.
Neue Verkehrskonzepte erfordern halt Mut, Entscheidungs- und Getaltungwillen - auch gegen Widerstände, aber daran fehlt es in Bad Breisig scheinbar immer noch bei vielen brennenden Problemen. Vielleicht bedarf es dazu eines frischen grünen Windes zur Ergänzung der bekannten Breisiger Brise. Aber vielleicht ändert sich ja auch nach der Neuwahl des Stadtbürgermeisters am 11. Juli 2021 etwas, weil dann die früher gebetsmühlenhaft beschworenen Synergieeffekte zwischen Verbandsgemeinde und Stadt Bad Breisig wieder erstarken können.
Programmatisches war bisher aber öffentlich von Herrn Caspers nicht zu hören, der als einziger Kandidat antritt. Hoffentlich gehen dennoch viele zur Wahl, um ihn zu stärken.
Ob sich dann „umgehend“ etwas tut, wage ich aufgrund eigener Erfahrungen zu bezweifeln, denn auf eine Anfrage an Herrn Bürgermeister, die zunächst mündlich im März vorgetragen wurde und danach im April ausführlich in schriftlicher Form, wurde mir am 22. April 2021 von der VG Bad Breisig mitgeteilt, dass sich Herr Bürgermeister „umgehend“ der Angelegenheit annehmen werde. Seither sind zwei Monate ins Land gegangen und ich frage mich, was „umgehend“ bei der VG Bad Breisig heißt. Wochen, Monate, Jahre...? Die bürokratischen Mühlen mahlen in Bad Breisig halt langsam.
Es bleibt zu hoffen, dass nach der Stadtbürgermeisterwahl am 11. Juli 2021 viele hinlänglich bekannten Baustellen, zu denen auch Verbesserungen der Verkehrssituation für Radfahrer und Fußgänger zählen, „umgehend“ mit Elan und frischem Wind tatkräftig angegangen werden. Nicht nur viele Dauer-Stadtradler würde es auf jeden Fall sehr freuen.
Leonhard Janta,
Bad Breisig
