Wirtschaft und Politik im Dialog: Diskussionsrunde des Wirtschaftsrats der CDU e.V. zum Neuaufbau des Ahrtals

Wie sieht das Ahrtal in fünf oder zehn Jahren aus?

27.09.2021 - 08:31

Koblenz. Der Neuaufbau des Ahrtals ist eine Aufgabe, der die dortige Region noch Jahre beschäftigen wird. Doch wie gelingt dieser am Besten? Was sind die dringendsten Aufgaben, nachdem die ersten Schäden beseitigt wurden und milliardenschwere Hilfspakete auf den Weg gebracht wurden?

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. bezeichnet sich selbst als Stimme der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland und Europa. In Koblenz brachte man daher hochrangige Vertreter von Politik und Unternehmen an einen Tisch. Gemeinsam wurde über Visionen, Verwaltungshandeln und notwendigen Veränderungen im Ahrtal gesprochen. Und zugleich daran erinnert, dass es private und unbürokratische Hilfen waren, die - von einer enormen Spendenbereitschaft begleitet - die erste Not vor Ort linderten.

„Wir brauchen nun eine Vision für den Neuaufbau, Innovation und Technologie für eine zukunftsweisende Infrastruktur, digital und vernetzt. Für Arbeitsplätze, Wohlstand und Zukunftsfähigkeit. Dazu zählt der Klima- und Umweltschutz“, betonte Kerstin Raclet als Landesgeschäftsführerin des Wirtschaftsrates zu Beginn der Veranstaltung. Als Podiumsteilnehmer konnte sie Thomas Wolff (Firma Wolfcraft GmbH), Mechthild Heil (Bundestagsabgeordnete), Susanne Tack (Krupp Verlags GmbH) und Dipl.-Ing. Andreas Jacob (Firu GmbH) begrüßen. Neben interessierten Unternehmerinnen und Unternehmen aus Koblenz und der Region verfolgten u.a. auch die Landtagsabgeordnete Petra Schneider und ihr Landtagskollege Torsten Welling die Veranstaltung.

In den dreiminütigen Eingangs-Statements der Referenten wurde schnell klar: Es sind gewaltige Herausforderungen, die das Ahrtal bewältigen muss. Eine „Blaupause“ für den Neuaufbau gebe es nicht, auch wenn beispielsweise in Grimma (Sachsen) interessante Erfahrungen bei der langfristigen Bewältigung der Schäden nach dem Hochwasser im Jahr 2002 gemacht wurden.

„Jede Partei hat in ihrem Wahlprogramm das Wort Bürokratie-Abbau aufgeführt. Jetzt wäre die Chance, hier im Ahrtal bei diesem wichtigen Punkt Wort zu halten“, betonte Thomas Wolff als Sektionssprecher des Wirtschaftsrates Mittelrhein und forderte in erster Linie von der Politik konkrete Taten.

Susanne Tack (Krupp Verlags GmbH) berichtete von ihren Gesprächen mit Kunden und Mitarbeitern. Neben den infrastrukturellen Maßnahmen und der Sicherung der Arbeitsplätze werde auch immer wieder ein anderes Thema angesprochen: „Mir als Mutter ist die Bildung ebenfalls ein großes Anliegen. Viele Schulen sind zerstört worden. Es gibt zwar jetzt ein Konzept für den temporären Schulbetrieb, doch dies deckt nur einen Teil der regulären Unterrichtszeit ab. Wenn wir die Chance haben, die Schulen neu auszubauen, dann muss dies bitte auch mit den neuesten technischen Möglichkeiten erfolgen“, forderte Susanne Tack. Sie betonte zudem die Notwendigkeit eines Beauftragten für das Ahrtal auf Bundesebene: „Das Ahrtal wird nicht nur jetzt unmittelbar nach der Flut, sondern auch in den nächsten Jahren immer wieder Anliegen haben, die auf einer hohen Hierarchie-Ebene angesiedelt sein müssen“, so Susanne Tack, die auch das regionale Marketing erwähnte.

Die Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil sieht ebenfalls die Notwendigkeit, Ansprechpartner für eine bessere Vernetzung zu initiieren. „Mir fehlt jemand, der gewisse Themen vor Ort moderiert. Wir brauchen vielleicht auch eine Aufbaugesellschaft, die die Kommunikation in die Hand nimmt, beispielsweise auf der Ebene der Kreisverwaltung“, so Mechthild Heil. Die staatliche Förderung müsse schnell, strategisch und transparent erfolgen, betonte die Bundestagsabgeordnete.

Stadtplaner Andreas Jakob ergänzte, dass die Schlagworte „Heimat“ und „Gebundenheit“ beim Neuaufbau ebenfalls von zentraler Bedeutung seien. „Es handelt sich um einen jahrhundertelang gewachsenen Strukturraum. Man muss sich daher behutsam die Frage stellen, wo sind jetzt bauliche Verlagerungen möglich und nötig.“ Von zentraler Bedeutung sei auch die Versickerung von Oberflächenwasser. Die sogenannte „Schwamm-Stadt“ sei daher ein Aspekt, über den man zwingend sprechen müsse. Hierbei handele es sich um ein Konzept der Stadtplanung, anfallendes Regenwasser in Städten lokal aufzunehmen und zu speichern, anstatt es lediglich zu kanalisieren und abzuleiten. Unterstützung in dieser Forderung erhielt er von einem Teilnehmer: „Die Rückhaltung des Wassers muss nicht nur im Ahrgebiet, sondern in erster Linie in der Eifel erfolgen. Wir brauchen deshalb nicht nur eine Schwamm-Stadt oder gar ein Schwamm-Tal, sondern eine Schwamm-Region“, so der Unternehmer.

Nicht nur bei diesem Diskussionspunkt wurde deutlich, dass Kirchturmdenken zur Bewältigung der aktuellen und zukünftiger Herausforderungen nicht dienlich ist. Es bedürfe vielmehr eines überregionalen Vorgehens, ohne hierdurch auf die Schnelligkeit und Flexibilität zu verzichten, die sich bei den Hilfsaktionen in den ersten Tagen und Wochen nach der Flut gezeigt habe. Allgemein wurde die Sorge geäußert, dass der Wiederaufbau durch Bürokratismus erschwert werde. Erleichterungen bei öffentlichen Vergabe- und Genehmigungsverfahren seien daher dringend notwendig.

Optimistisch blickte Andreas Jakob in die Zukunft: „Wie sieht das Ahrtal in fünf oder zehn Jahren aus? Neben den Toten müssen wir leider auch den Verlust von Kulturgut beklagen. Aber seien wir ehrlich: Es war aber auch einiges an Verstaubtem da. Wir haben nun auch die Chance, gewisse Fehler der Vergangenheit zu korrigieren“, betonte der Stadtplaner.

„Es war beeindruckend, wie schnell und spontan die Menschen nach der Katastrophe im Ahrtal angepackt haben“, so Kerstin Raclet Fazit als Landesgeschäftsführerin des Wirtschaftsrates. Es gelte, diesen positiven ´Spirit des Anpackens´ weiterzuleben. Die notwendigen Rahmenbedingungen hierzu müssten von der Politik geschaffen werden, so das Fazit des Wirtschaftsrates am Ende der zweistündigen Diskussionsrunde.

Weitere Beiträge zu den Themen

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Umschüler nach Weiterbildungskurs am Mayener Bundesbildungszentrum freigesprochen

24 neue Dachdeckergesellen

Mayen. Im Januar gestartet und im Mai gebührend gefeiert: Alle 24 Umschüler haben sich am Mayener Bundesbildungszentrum für das Dachdeckerhandwerk (BBZ) erfolgreich der Prüfung zum Dachdeckergesellen gestellt und somit eine Erfolgsquote von 100 Prozent erreicht. Der Vorbereitungslehrgangs ist für Dachdeckerhelfer und Umschüler konzipiert und findet bereits seit 1970 am BBZ statt. Die Agentur für Arbeit unterstützt die Weiterbildung. mehr...

Neues Spielvergnügen in der Kita Lehpfad

Kinderherzen schlagen höher

Urmitz. Die Kita Lehpfad in Urmitz erlebte kürzlich eine Welle der Begeisterung unter den Kindern und Pädagogen. Durch die Initiative des engagierten Elternausschusses konnten gesammelte Gelder für die Anschaffung neuer Spielsachen verwendet werden. Es wurde dabei besonderer Wert auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder gelegt, die Möglichkeit hatten, ihre Spielzeugwünsche zu äußern. Darunter fielen... mehr...

Regional+
 

Schützenbruderschaft St. Hubertus Bell

Abschluss-Schießen der Alters- und Seniorenklasse

Bell. Beim Abschluss-Schießen selbst konnte die Damen-Mannschaft Bell mit 193 Ringen den ersten Platz in der Altersklasse erringen (mit den Schützinnen Simone Breitbach (Einzelwertung Platz 1 mit 50 Ringen), Antje Schütz (P. 3 / 49 R.), Bettina Schneider (P. 7 / 48 R.), Ellen Fulgraff (P. 13 / 46 R.). Monika Junk (P. 14 / 46 R.) und Heike Schneider (P. 21 / 43 R.) schossen ebenfalls in der Mannschaft mit. mehr...

Digitalbotschafter bringt älterer Generation die digitale Welt näher

E-Akte, E-Rezept und Abfall-App im Fokus

VG Weißenthurm. In der heutigen, immer stärker digital ausgerichteten Welt ist es entscheidend, mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Mit dem Projekt „Digital-Botschafterinnen und -Botschafter Rheinland-Pfalz“ will das Land digitale Kommunikation für Seniorinnen und Senioren zugänglich machen. Ältere können verschiedene Angebote nutzen, die die geschulten Ehrenamtler kostenlos vor Ort bereithalten. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Wohnmobil-Unfall: Ersthelfer greift ein

Unfall in der Eifel: Hilfsbereite Frau zwischen Fahrzeugen eingeklemmt

Wohnmobil-Unfall: Ersthelfer greift ein

Schleiden-Gemünd. Am Dienstag, 7. Mai gegen 10.30 Uhr befuhr ein 78-jähriger Niederländer mit seinem Wohnmobil die Dürener Straße von Schleiden-Gemünd in Richtung Schleiden-Herhahn. Eine 67-jährige Pkw-Fahrerin aus Schleiden befuhr die Dürener Straße hinter dem Wohnmobil in gleicher Fahrtrichtung. mehr...

14-jährige stürzt in Straßengraben

Verkehrsunfall in Montabaur: Jugendliche Fahrradfahrerin verletzt - Schwarzer SUV nach Unfall gesucht

14-jährige stürzt in Straßengraben

Montabaur. Am 8. Mai zwischen 07:40 Uhr und 07:50 Uhr wollte eine 14-jährige Radfahrerin in Montabaur von der Neptunstraße in die Straße Am Himmelfeld einbiegen. Als ein PKW von der Straße Am Himmelfeld... mehr...

Kandidaten für den
Verbandsgemeinderat aufgestellt

SPD Mendig gibt Liste für Kommunalwahlen bekannt

Kandidaten für den Verbandsgemeinderat aufgestellt

Mendig. Mit einer vollen Liste an Bewerbungen startet die SPD in die Wahl zum Verbandsgemeinderat Mendig. Die Kandidatinnen und Kandidaten wurden jüngst in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung der SPD-Mitglieder von Bell, Mendig, Rieden, Thür und Volkesfeld aufgestellt. mehr...

Bedeutsamer Austausch

Junge Handwerker aus den Innungsbetrieben und der Jungen Union in Neuwied

Bedeutsamer Austausch

Neuwied. In einer Veranstaltung, die kürzlich in der Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft Rhein Westerwald stattfand, kamen Mitglieder von jungen Handwerker aus unseren Innungsbetrieben Lisa Preißing,... mehr...

Neue persönliche Bestzeit gelaufen

Leichtathletin des SV Blau-Gelb Dernau beim Aggerstadion Opening in Troisdorf

Neue persönliche Bestzeit gelaufen

Dernau. Die Troisdorfer Leichtathletikgemeinschaft startete am 5. Mai als Ausrichter mit dem Aggerstadion Opening für die Unter-16-Jährigen in die Freiluftsaison 2024. Paula Dahmen, diesmal einzige Teilnehmerin vom SV Blau-Gelb Dernau 1922 e. mehr...

Überraschungen beim Deichmeeting

LG Rhein-Wied

Überraschungen beim Deichmeeting

Neuwied. Überraschungen und nicht erwartete Ergebnisse machen den Sport so besonders. Beim „Lotto Deichmeeting präsentiert von Rhodius Mineralquelle“ gab es im Neuwieder Rhein-Wied-Stadion gleich zwei davon. mehr...

Fußball C-Junioren Leistungsklasse

Auch gegen den Tabellennachbarn behält Hausen die Oberhand

Mayen. Im Spitzenspiel am 27. April spielte die JSG Stadtdörfer Hausen gegen den SGL Heimersheim, einen Konkurrenten aus den Vorjahren. Die Heimersheimer gewannen das Hinspiel mit 1:0 und führten nun Punktgleich die Tabelle mit der JSG Stadtdörfer Hausen. mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

In Mayen kennt ihn fast jeder!

Rainer Lachmann:
In Mayen kennt ihn (fast) keiner, entspricht eher der Wirklichkeit....

Gegenkundgebung

Amir Samed :
Das ist kognitive Dissonanz im Endstadium: Erst indirekt die Opposition und damit Millionen Menschen als, wahlweise , Nazis", "Russenfreunde" oder "China ergeben" diffamieren und das dann als „Antwort auf Hass und Hetze“ bezeichnen und „Respekt für alle Menschen“ einfordern....
Siegfried Kowallek:
Der bundesweit bekannte Journalist und Publizist Heribert Prantl, früher unter anderem als Staatsanwalt tätig, stellt kritisch heraus, das Thema Schwangerschaftsabbruch werde in Deutschland mit viel Strafrecht und wenig Hilfe beantwortet. Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion,...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service