Neue Attraktion in der Pfarrkirche Villip

Strahlend restaurierte Muttergottes schaut aus ihrer blauen Nische mit 120 goldenen Sternen auf die Gläubigen herab

13.10.2013 - 13:56

Villip. Die Villiper Katholiken machten große Augen, als Pfarrer Hermann Josef Zeyen während der Familienmesse am Samstagabend das Zeichen gab, das 2,60 Meter hohe Gemälde mit dem gekreuzigten Gottessohn in der Mitte des Hauptaltars der Pfarrkirche St. Simon und Judas Thaddäus langsam herabzulassen. Hinter dem gewohnten Bild erschien nämlich die strahlend restaurierte Muttergottes in einer blauen Nische mit 120 goldenen Sternen und einem leuchtenden Strahlenkranz. Über der etwa 1,80 Meter hohen, lebensgroßen Madonnenfigur schweben zwei kleine Engelsputten, die die Krone der Himmelskönigin tragen. Ein wirklich erhebender Anblick, der der ehrenamtlichen Initiative einiger Villiper Gemeindemitglieder zu verdanken ist.

42 Jahre lang hatte die Madonna ziemlich unbeachtet in einer Ecke hinter der Orgel im Glockenturm der Kirche gestanden, sie war den umfangreichen Umbauarbeiten des Altarraums 1970/71 zum Opfer gefallen. Damals wurde unter anderem der gesamte Hauptaltar einige Meter nach hinten gerückt, er steht nun etwas eingezwängt an der hinteren Kirchenwand. So war auch für die Muttergottes in ihrer Nische plötzlich kein Platz mehr da, „und sie passte vier Jahrzehnte hinter der Orgel auf den Turm auf“, wie Zeyen schmunzelnd bemerkt.


Von Holzbildhauer Michael Pirosson erschaffen


Bis vor drei Jahren der neu gewählte Kirchenvorstand einen Rundgang durch sämtliche Kirchengebäude in der Pfarrei Sankt Marien Wachtberg machte und dabei in Villip auf eben diese im Originalzustand erhaltene Madonna aus Lindenholz stieß, die allerdings vom Staub der Jahrzehnte etwas mitgenommen war. Erschaffen wurde sie, so vermutet man, um das Jahr 1700 von dem bekannten Holzbildhauer Michael Pirosson, einem Laienbruder des Klosters Steinfeld, der einige wunderschöne Barockkirchen in der hiesigen Region ausgestattet hat.

Die Frage tat sich auf, wo die Madonna denn einst gestanden hatte, denn niemand konnte sich an ihren ursprünglichen Platz erinnern. Anhand von Fotografien aus den 1950er Jahren konnte man schließlich nachvollziehen, dass es mit dem Barockaltar aus Spessarteiche eine ganz besondere Bewandtnis hat. Es handelt sich nämlich um einen „Wandelaltar“, bei dem ein vertikal verschiebbares Bild eine dahinterliegende Statue in einer Nische verdeckt. „Dieses vorschiebbare Bild ist etwas ganz Ungewöhnliches, besonders in einem Barockaltar gibt es das überaus selten“, weiß Restaurator Roland Gassert aus Klein-Villip, ein gebürtiger Villiper, der sich gleich bereit erklärte, bei der Wiederherstellung des Wandelaltars behilflich zu sein.


Ein dreiviertel Kubikmeter Spessarteiche verbraucht


Denn Hans-Werner Kühlwetter setzte alle Hebel in Bewegung, damit die Muttergottes wieder an ihren angestammten Platz im Hauptaltar gelangen konnte. „In Villip nahm die Marienverehrung schon immer einen hohen Stellenwert ein, deshalb konnten wir Muttergottes einfach nicht in der Ecke stehen lassen.“ Doch leider fehlte die komplette Nische, die nun aus einem dreiviertel Kubikmeter Spessarteiche in Form einer Rundnische mit Viertelkuppel als ganzes Stück hergestellt werden musste. „Das ganze Stück wiegt gut fünf Zentner, es war gar nicht leicht, die an ihren Platz zu bekommen“, erläutert Gassert. Doch mithilfe eines Gerüsts und viel Muskelkraft wurde es doch glücklich geschafft.

Dabei wurde auch das Kreuzigungsbild, das bislang fest eingesetzt war, wieder auf einem vertikal verschiebbaren Rahmen montiert. Dieser vergoldete Holzrahmen kann mit einer Kurbel über einen Seilzug von oben nach unten bewegt werden. Der komplette Mechanismus musste allerdings auch erst neu entwickelt und angefertigt werden, denn von der ursprünglichen Maschinerie war rein gar nichts erhalten geblieben. Insgesamt sei die Gruppe gut zwei Monate mit dem Projekt beschäftigt gewesen, was Jonas Adam von Anfang bis Ende fotografisch dokumentierte. „Jetzt sind wir unheimlich stolz auf das, was dabei herausgekommen ist“, freut sich Kühlwetter. „Die Arbeit hat sich gelohnt, denn man sieht jetzt sofort, was dem Altar vier Jahrzehnte lang gefehlt hat.“


Erzbistum Köln übernahm 70 Prozent der Gesamtkosten


Das sah auch das Kölner Erzbistum so und erklärte sich bereit, 70 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 25.000 Euro zu übernehmen, während der Rest von der Pfarrgemeinde vor allem in Eigenleistung gestemmt wird. Dabei tat sich Klaus Kühlwetter besonders hervor, der fast sämtliche Schreinerarbeiten übernahm. Der Kölner Bildhauer und Restaurator Alexander Diczig führte sämtliche Holzschnitzereien aus. Von den ursprünglich zwei Engelsputten, die die Krone der Himmelskönigin tragen, war nämlich nur noch einer vorhanden, der andere musste spiegelbildlich neu geschnitzt werden. Ebenso der Strahlenkranz und die 120 Sterne, allesamt aus Lindenholz gefertigt.

VJ

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