47-jähriger Syrer steht derzeit vor dem Koblenzer Landgericht
Remagen: Tochter gegen ihren Willen festgehalten?
KOBLENZ/REMAGEN. Wegen Entziehung Minderjähriger muss sich ein 47-jähriger Syrer derzeit vor dem Koblenzer Landgericht verantworten. Laut Anklage soll der Mann zwischen Februar 2007 und Juli 2009 seine damals minderjährige und in Deutschland geborene Tochter gegen deren und ihrer Mutter Willen in Syrien festgehalten haben. Zudem soll es in dieser Zeit seitens des Angeklagten in insgesamt drei Fällen zu körperlichen Übergriffen gekommen sein. Am ersten Prozesstag kam ausschließlich der Angeklagte zu Wort. Er ist überzeugt, dass die Anklage das Ergebnis eines Komplotts von Mutter und Tochter ist. Seine Geschichte begeginnt mit einer gescheiterten Ehe. Das Paar lebte damals in Remagen. Kurz nach der Geburt seiner heute 22-jährigen Tochter habe er sich von der Mutter des Kindes getrennt. Zwar habe seine damalige Frau das alleinige Sorgerecht erhalten. „Allerdings war sie als Mutter völlig überfordert, so dass wir uns geeinigt haben, dass ich das Kind im Alter von neun Monaten zu mir hole“, berichtet der 47-Jährige. Damals habe er sich entschlossen, seine Existenz in Deutschland aufzugeben, und nach Syrien zurückzukehren. Per Einverständniserklärung bei der Ausländerbehörde habe die Kindesmutter zugestimmt, dass er seine Tochter mitnehme. 1996 sei er nach Deutschland zurückgekehrt. Um zu verhindern, dass die damals Vierjährige bei einer Pflegemutter aufwachsen müsse, habe er dessen Mutter erneut geheiratet. Gemeinsam habe man in Bad Breisig und Bonn gelebt, bis vier Jahre später auch diese Ehe gescheitert war. Wieder blieb die gemeinsame Tochter bei der Mutter. „Diesmal hat sie mir das Besuchsrecht verweigert. Meist durfte ich meine Tochter nur gegen Zahlung eines Geldbetrages sehen“, erklärte der Angeklagte dem Gericht. Nachdem er 2006 seine Tochter ein Dreivierteljahr nicht gesehen habe, habe er sich mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt, weil er befürchtete, dass seine Tochter dabei sei, auf die schiefe Bahn zu geraten. „Sie ist nachts von zuhause abgehauen, hat Drogen genommen und Alkohol getrunken. Sie war ein Straßenmädchen geworden“, führte der Angeklagte aus. Daraufhin habe er das Gespräch mit seiner Ex-Frau gesucht. Beide hätten beschlossen, dass er mit seiner Tochter erneut nach Syrien gehe. Weil sie freiwillig nicht mitgekommen wäre, habe man sie unter dem Vorwand eines Urlaubs in seine Heimatstadt Aleppo gelockt. „Wir hatten ausgemacht, dass sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr in Syrien bleiben soll“, versicherte der 47-Jährige. Laut Anklage soll der Mann seine Tochter gegen deren Willen festgehalten haben. Sie habe den Haushalt führen müssen, nicht zur Schule gehen und alleine das Haus nicht verlassen dürfen. Wenige Tage nach ihrem 18. Geburtstag sei der jungen Frau die Flucht gelungen. Der Angeklagte gibt an, dass er seine Tochter morgens in ihrem Zimmer habe aufsuchen wollen. „Zunächst schien es, als würde sie in ihrem Bett liegen und schlafen. Doch als ich die Bettdecke zurückschlug, sah ich, dass es sich lediglich um eine Perücke gehandelt hat“, schildert der 47-Jährige die Situation. Mit Hilfe der deutschen Botschaft fand die 18-Jährige zunächst Zuflucht in einem Frauenhaus in Aleppo, bevor sie schließlich nach Deutschland habe zurückkehren können. Wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung befindet sich die junge Frau bis heute in psychologischer Behandlung. „Zweimal habe ich für sie meine Existenz aufgegeben. Ich liebe meine Tochter und habe meine Pflicht als Vater getan“, betonte der 47-Jährige. Dass er seine Tochter, wie in der Anklage ausgeführt wird, mehrfach mit Faustschlägen und einmal gar mit einer Peitsche traktiert haben soll, bestreitet der frühere Gebrauchtwagenhändler. Er selbst habe im August vergangenen Jahres seine mittlerweile im Bürgerkrieg versunkene Heimat verlassen, um sich „der deutschen Justiz zu stellen und die Sache abzuschließen“. „Meine Ex-Frau will mich für viele Jahre in den Knast bringen, und die Tochter macht das mit. Aber ich bin unschuldig“, beteuerte der Angeklagte. Der Prozess wird in drei Wochen fortgesetzt.
LÜ
