Allgemeine Berichte | 21.03.2024

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus fand viel Anklang

13 neue Stolpersteine in Linz verlegt

Vor der Senioren-Residenz Sankt Antonius in Linz, die einst ein Pflegeheim für geistig beeinträchtigte Männer war, würdigen Schüler und Senioren sowie viele Gäste ein „Euthanasie“-Opfer bei der Verlegung eines Stolpersteines.  Fotos: CD

Linz. „Wir wurden als Zweitklässler von unserem jungen Lehrer dazu angehalten, Nazilieder zu singen, wenn wir mit der Klasse an der jüdisch betriebenen Metzgerei vorbeigingen“, erinnert sich ein ehemaliger Leubsdorfer, der nun im Seniorenzentrum Antonius wohnt und zur Verlegung der Stolpersteine mit vor die Tür kam. Und das Thema Nationalsozialismus ist wieder allzu brisant. Man müsse sich mit allen Mitteln für die Demokratie einsetzen, mahnt Stadtbürgermeister Hans Georg Faust.

In Linz am Rhein wurden im Februar 2022 und 2023 insgesamt 29 Stolpersteine für jüdische Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Nun sind nochmals zwölf Stolpersteine dazugekommen sowie ein Stolperstein für ein sogenanntes Aktion T4-Opfer, damals als „Euthanasie“ bezeichnet. Damit wurde die Ermordung von zwar nicht jüdischen, aber beeinträchtigten Menschen bezeichnet.

Friedrich Levy wurde aufgrund seiner geistigen Behinderung von den Nazis 1940 ermordet. Ihm wurde vor dem damaligen Pflegeheim und heutigen Seniorenzentrum Antonius ein Stolperstein gesetzt.

Jeder Stein steht für einen Namen

Und wieder hat es sich der 76jährige und sehr agile Künstler und Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, nicht nehmen lassen, sie persönlich auf Knien anzubringen.

Stolpersteine werden zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, heißt es im Talmud. Demnig erinnert mit seinem Projekt „Stolpersteine“ an die Verfolgten der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing einlässt. Jeder Stein steht für einen Namen, einen Menschen, ein Schicksal. Wer sich herunterbeugt, um die Namen zu lesen, verbeugt sich gleichsam vor den Opfern.

Betroffene Stille

„Man hätte eine Nadel fallen hören, als ich das Holocaust-Thema heute Morgen im Unterricht angesprochen habe.“, erzählte Susanne Fauck, Religionslehrerin an der Robert-Koch-Schule in Linz. Und so war eine betroffene Stille auch bei der Verlegung der neuen Stolpersteine in Linz trotz verschiedener Schulklassen und weiteren Gästen wahrzunehmen.

Einst gab es eine lebendige jüdische Gemeinde mit über 100 Mitgliedern in Linz. Unter ihnen waren angesehene Ärzte und Großhändler wie die Kolonialwaren-Großhandlung Levy Wallach, die zu Beginn der 1930er Jahre 17 Verkaufsstellen in u. a. Horhausen, Oberlahr, Brohl, Leutesdorf und Hönningen zählte. Ab 1933 gab es infolge des Boykotts jüdischer Betriebe einen rapiden Umsatzrückgang. Mit weiteren NS-Verordnungen führte dies 1938 zum Untergang des Unternehmens. Ernst Wallach, Geschäftsführer der Firma, war zu diesem Zeitpunkt bereits im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert, 1941 wurde er, der noch im Ersten Weltkrieg als Soldat für Deutschland gekämpft hatte, ermordet, so die Recherchen der Stadt-Archivarin Andrea Rönz. „Kauft nicht bei den Juden!“, habe man damals die Menschen verunsichert und diskriminiert, sollten sie sich doch judenfreundlich zeigen, erklärte Faust den zwei anwesenden achten Klassen des Martinus-Gymnasiums und der Robert-Koch-Schule mit ihren Lehrern Tanja Malottke (Geschichte) und Susanne Fauck (Religion) sowie etlichen weiteren Zuhörern.

Ernst Wallach wurde ebenso wie seiner Stiefmutter Berta Wallach mit ihren Töchtern Hedwig und Lilli ein Stolperstein gesetzt. Heute ist das alte Haus im Besitz der Firma Scherer und die anwesende Geschäftsführerin Stephanie Scherer-Peschel war sehr betroffen im Gedenken an die ehemaligen Besitzer. „Wenn man sich vorstellt, unter welchen Umständen sie hier ihre letzten Jahre verbracht haben, wird einem Angst und Bange.“, so Scherer-Peschel. Das denkt auch Maximilian Warmth, 13, vom MGL, beim Betrachten der fünf Steine für die Familien Simon und Samuel vor deren Haus auf dem Schulweg vieler Gymnasiasten. „Wir haben in Geschichte einen Film über den Holocaust angeschaut. Es ist so krass, dass man hier direkt vor einem Haus steht, wo Leute rausgerissen wurden - Nachbarn, die man nie mehr wieder gesehen hat.“, macht Maximilian sich bewusst. „Die Schüler gehen anschließend mit anderen Augen durch die Stadt.“, weiß Lehrerin Malottke noch von der letzten Verlegung der Stolpersteine 2023.

In Gedenken aller Opfer und für den Frieden in der Welt setzte Stadtratsmitglied Ruth Zimmermann abschließend zum Lied „Hevenu Shalom alechem“ an.

Stolpersteine, mit Messing verkleidete Pflastersteine, werden vor dem Haus verlegt, das Opfer des Nationalsozialismus als letzten Wohnsitz frei gewählt hatten. Name und Geburtsjahr, Datum der Verhaftung, der Deportation und der Ermordung oder der gelungenen Flucht werden eingeprägt.

Stolpersteine, mit Messing verkleidete Pflastersteine, werden vor dem Haus verlegt, das Opfer des Nationalsozialismus als letzten Wohnsitz frei gewählt hatten. Name und Geburtsjahr, Datum der Verhaftung, der Deportation und der Ermordung oder der gelungenen Flucht werden eingeprägt.

Vor der Senioren-Residenz Sankt Antonius in Linz, die einst ein Pflegeheim für geistig beeinträchtigte Männer war, würdigen Schüler und Senioren sowie viele Gäste ein „Euthanasie“-Opfer bei der Verlegung eines Stolpersteines. Fotos: CD

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare

Trauer um Wolfgang Schlagwein

  • K. Schmidt: Wolfgang war einer dieser Grünen, denen man einerseits bei Ideen und Grundhaltung schon deutlich anmerkte zu welcher Partei sie gehören, die gleichzeitig in der Diskussion aber offen, praxisnah/realistisch,...
  • Detlev Koch: Der Tod von Wolfgang Schlagwein hat mich sehr betroffen gemacht. Ich habe ihn während der Zusammenarbeit im Rat der Stadt Bad Neuenahr -Ahrweiler als einen ausgesprochen kompetenten und unglaublich angenehmen Politiker und Menschen wahrgenommen.
  • Hans.E: sind eigentlich die Pflastersteine aus China mittlerweile angekommen?
  • Jo Wester: Leider, sie haben Fahrrad Wege vergessen!
Illustration-Anzeige
Anzeigensponsoring Herbstbunt o. B.
Mitarbeiter für Verkauf/Büro (m/w/d)
Stellenanzeige Hartkorn Gewürzmühle GmbH
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Imageanzeige Schilddrüse und Gelenke
Anzeige KW 42
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Empfohlene Artikel

Nentershausen. Seit 20 Jahren gibt es den Freundes- und Förderkreis St. Laurentiuskirche in Nentershausen schon. Seitdem ist der Verein ein wichtiger Bestandteil für den Erhalt des 1867 erbauten Gotteshauses.

Weiterlesen

Kreis Neuwied. Raus aus der verschämten Tabuzone und mittenrein in die öffentliche Wahrnehmung führen die Wochen der seelischen Gesundheit, die in diesem Jahr bis zum 5. Dezember erstmals mit den Wochen der Menschen mit Behinderung gekoppelt werden. Das von der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) organisierte Format trägt die einprägsame Losung: Barrieren im Kopf brauchen Brücken im Alltag.

Weiterlesen

Vallendar. Eine der beiden alten Baracken an der Grundschule Vallendar soll im kommenden Sommer abgerissen werden. Das teilt die Stadt Vallendar mit. Als erste weichen soll die Baracke, die noch vom Deutschen Roten Kreuz als Kleiderkammer und vom Freundschaftskreis Vallendar – Cercy-la-Tour als Lager genutzt werden. Die zweite Baracke bleibt vorerst für die Betreuende Grundschule erhalten.

Weiterlesen

Weitere Artikel

Die Übergangskonstruktionen werden instandgesetzt

27.10: Koblenz: Nachtarbeiten an der Südbrücke

Koblenz. Im Bereich der Südbrücke Koblenz (B 327) stehen Instandsetzungsarbeiten an den Übergangskonstruktionen verschiedener Brückenbauwerke an. Diese Arbeiten finden im Rahmen von Nachtbaustellen statt.

Weiterlesen

Handwerkskunst und Gaumenfreuden in Montabaur

Kulinarische Entdeckungsreise auf dem Oktobermarkt

Montabaur. Am 26. Oktober 2025 verwandelt sich Montabaur in ein lebendiges Zentrum des traditionellen Oktobermarktes. Zahlreiche Lebensmittelerzeuger präsentieren ihre Waren in der Stadt, während eine Vielzahl von Verkaufsständen, Essensständen sowie Angeboten aus dem Hand- und Kunsthandwerk die Besucher anziehen.

Weiterlesen

Kreishandwerkerschaft
Alles rund ums Haus
Anzeige Haushaltsauflösungen und Ankauf
Rund um´s Haus
Daueranzeige "Rund ums Haus"
Anzeige Andernach
Titel
Stellenanzeige
Seniorengerechtes Leben
Titel- o. B. Vorkasse
Herbstbunt
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0453#
Ganze Seite Ahrweiler