Sonderausstellung eröffnete unter großem Publikumsinteresse am Internationalen Museumstag

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Eröffnung mit Stadtchef Andreas Geron mit Kurator Menacher. Fotos: HG

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Im Außenbereich gab es Genuss bei Blick auf den Schlosspark.

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Ein Wandteller mit dem Abbild Barbarossas.

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Spiel und Spaß mit Barbarossa.

Barbarossa im Heimatmuseum Sinzig

Noble Gestalt: Barbarossa im Profil

Sinzig. Es blieb trocken am Sonntag, als das Heimatmuseum im Schloss zum wiederholten Mal den Internationalen Museumstag beging. Die Temperaturen luden zu Kaffee und Kuchen auf der Schlossterrasse bei herrlichem Ausblick in den Park ein, wenn auch kein Kaiserwetter herrschte. Allerdings konnte das Haus mit der gut besuchten Eröffnung zu einer Ausstellung aufwarten, die einem Kaiser gewidmet ist.

„Barbarossa – Kaiser zwischenMythos und Marketing“ hat Kurator Rudolf Menacher sie genannt. Bereits 2011 gab es unter dem Titel „Barbarossa – Historie, Mythos, Marketing“ eine Präsentation im Sinziger Rathaus, die vom Theodor-Zink-Museum in Kaiserslautern, ebenfalls „Barbarossastadt“, gezeigt wurde. Die aktuelle Ausstellung im Schloss zieht sich vom Erdgeschoss bis in den zweiten Stock. In den Vitrinen des Entrees stehen schon Objekte, die mit Barbarossa beworben werden, wie Spiele oder Souvenirartikel, etwa für Sinzig ein Schnapsglas in Stiefelform oder für Gelnhausen ein Aschenbecher, in dem man die Zigarette auf dem Kaiserwappen ausdrücken kann.

Literatur zum Thema lag im großen Saal aus, wo Bürgermeister Andreas Geron die Gäste begrüßte. Als Kind glaubte er, Barbarossa wohnte im Schloss. Drei Persönlichkeiten der Staufer erwähnte der Stadtchef: den Barbarossa-Sohn Heinrich VI., unter dem das Heilige Römische Reich seine größte Ausdehnung bis Sizilien erreichte und dessen Sohn Friedrich II., „ein Vorbild dafür, dass wir mit vielen Kulturen gut umgehen“ sowie Barbarossa, Friedrich I. (um 1122–1190), welcher „nicht der erfolgreichste Kaiser war“. Er habe Seuchen überlebt und prächtige Feste gefeiert. Da zeige sich, „man braucht gar keine Fantasy, das wirkliche Leben ist spannend genug“.

Mythos überlagert Historie

Die Stationen des Rotbartes, der wie kein anderer Kaiser so nachhaltig auf die Gemüter der Deutschen gewirkt hat, spiegeln sich in den Druckgrafiken wieder. Sie halfen im 19. Jahrhundert Wandgemälde mit Szenen aus dem Leben Barbarossas zu verbreiten. So übermittelten illustrierte Zeitschriften diese durch Holzstiche ihrer Leserschaft. „Sie sind Teil des Barbarossa-Mythos, der eine historisch-kritische Sicht auf diesen Kaiser erschwert, wenn nicht unmöglich macht“, sagte Rudolf Menacher. Da das Aussehen des Kaisers bis auf die Farbe seines Bartes unbekannt war, begegnet dem Betrachter in den Darstellungen eine stetig wechselnde Figur, nur der Bart wird, der Sage folgend, immer länger. In seiner Einführung wies der Redner darauf hin, dass in Sinzig nichts mehr an die Zeit Barbarossas, also das 12. Jahrhundert, erinnere. Die Pfarrkirche St. Peter sei zwar stauferzeitlich, wurde aber erst im 13. Jahrhundert, also Jahrzehnte nach Barbarossas Tod erbaut.

Menacher glaubt, „Sinzig wäre wohl niemals eine Barbarossastadt geworden, wenn nicht der Erbauer der Sinziger Schlosses, der Kölner Kaufmann Gustav Bunge, dem Irrtum aufgesessen wäre, dass seine Villa auf den Grundmauern der Königspfalz Sinzig erbaut worden sei, in der einst auch Barbarossa zu Gast war.“ Vier Mal weilte Barbarossa in Sinzig. Dann wird er sich in der Pfalz aufgehalten haben, die an der Stelle des Zehnthofes lokalisiert wird. Man muss indes Schlosserbauer Bunge keinen Irrtum unterstellen, um seine Barbarossa-Begeisterung zu erklären. Allein das Wissen um Barbarossas Besuche in Sinzig reichte dazu aus in der Zeit der Romantik, die das Mittelalter idealisierte. In der Rückbesinnung auf das Mittelalter ließen die Schlosserbauer ihre Sommerresidenz im Stil der Neugotik errichten. Zudem sahen sie, ganz Trend im 19. Jahrhundert, in Barbarossa offenbar eine Lichtgestalt und einen idealen Kaiser, der das Reich einte. Vor der deutschen Einigung 1871 hofften viele auf einen Nationalstaat, wie er vermeintlich zu Zeiten Barbarossas existierte. Im Turmzimmer des Schlosses hatte das Ehepaar Gustav und Adele Bunge den Kaiser vor der Kulisse der Sinziger Kirche malen lassen, wie er dem Bischof von Trier ein Bergmannsprivileg erteilt. Der ausführende Künstler war Carl Christian Andreae, Bruder von Adele Bunge. 1875 schenkten die Bunge-Kinder ihren Eltern zur Silberhochzeit ein Barbarossa-Standbild. Es stand im Schlosspark, bis die Schlosserbin Else von Wedderkop es 1951 der Stadt Sinzig zueignete, die es im Lunapark aufstellte. Zwar war im Deutschland des 19. Jahrhunderts Barbarossas Popularität enorm gestiegen, basierend auf der Sage des im Berg schlafenden Kaisers, der auferstehe, wenn das Reich geeint sei. Im Kyffhäuser wurde zwischen 1890 und 1890 „ein monumentales Denkmal errichtet zu Ehren Kaiser Wilhelms I., den man quasi als Reinkarnation des Kaisers Barbarossa ansah“, so Menacher.

1935 erstmals Barbarossastadt

Doch Sinzig bezeichnete sich erstmalig in der Zeit des Nationalsozialismus 1935 als Barbarossastadt und vermarktete in diesem Zuge sein Kurbad Sinzig. Barbarossa-Freiluftspiele und Barbarossafeste, das letzte 1959, erfreuten sich eines großen Zulaufs und festigten den „Titel“ Barbarossastadt. Die Nazis selbst instrumentalisierten den Namen: Im Zuge ihrer Machtpolitik nannten sie den Überfall auf die Sowjetunion 1941 „Unternehmen Barbarossa“. Auch sie nutzten den Mythos des Kaisers, in dessen direkter Nachfolge sie sich sahen. Schon sehr früh wurde mit seinem Namen geworben – für Hotels, Gaststätten, Brauereien, Apotheken, Kliniken, Bäder und Bäckereien. Vier andere Städte, Kaiserslautern, Gelnhausen, Altenburg und Bad Frankenhausen nennen sich neben Sinzig „Barbarossastadt“. Seit in Sinzig bunte Kunststofffiguren von ihm stehen, ist er in der Stadt omnipräsent. Ein Sonnenstudio namens Barbarossa-Sun in Sinzig dürfte wohl ein Alleinstellungsmerkmal sein, so Menacher. Gegen den Mythos, hat man den Eindruck, obwohl sich die Ausstellung jeglicher Bewertung enthält, ist kein Kraut gewachsen. Denn die jüngere Geschichtswissenschaft hat Barbarossa entmythologisiert. Er erscheint jetzt nicht mehr als der größte Kaiser des Mittelalters, der in heldenhaftem Ringen den Mächten seiner Zeit Paroli bot. Seiner Politik war kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Die Ausstellung in der Barbarossastraße 1 ist samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 10 bis 12 Uhr zu sehen, Gruppen nach Vereinbarung.