Hydraulisches Modell ist Basis für den künftigen Hochwasserschutz in Bad Neuenahr-Ahrweiler

„Da gibt es bei der Vorsorge keine Kompromisse“

„Da gibt es bei der Vorsorge keine Kompromisse“

Entlang der Ehrenwall-Alle soll eine Prallwand vor Hochwasser schützen. Foto:GS

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der künftige Hochwasserschutz war beherrschendes Thema in der jüngsten Sitzung des Stadtrates von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dieser beschloss einstimmig: 1. Ziel der Gewässerwiederherstellung Ahr ist es, einen durchgehenden Schutz der Einwohner und Infrastruktur von Bad Neuenahr-Ahrweiler vor einem HQ100-Ereignis (bemessen mit 505 Kubikmeter pro Sekunde) auf Nord- und Südseite des Gewässers durch die Umsetzung angemessener baulicher Maßnahmen zu gewährleisten. Hierbei sind aber befindliche Potenzialflächen im Stadtgebiet für einen weitreichenden Hochwasserschutz, Durchfluss oder Abfluss unter Abwägung technischer, wirtschaftlicher und örtlicher Belange zu berücksichtigen. 2. Grundlage der Zielerreichung ist das vorgestellte hydraulische Modell, welches seinerseits in den anstehenden Detailplanungen zu berücksichtigen und umzusetzen ist. Die erforderlichen Vorplanungen der Maßnahmen sind dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. 3. Die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft (AuEG) stimmt die Finanzierung der Maßnahmen (Umsetzung des Konzeptes) mit den Fördergebern auf Grundlage der Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift Wiederaufbau RLP 2021 im Rahmen der Vorplanung ab. Mit der Vorstellung der Maßnahmen in den städtischen Gremien ist die Finanzierung darzustellen. 4. Der Landkreis Ahrweiler wird aufgefordert, in den Bereichen westlich der Obertorbrücke bis zur Ortslage Marienthal sowie östlich der Gemarkungsgrenze Bad Neuenahr/Heimersheim im Rahmen der Wiederherstellungsmaßnahmen Ahr den größtmöglichen Wasserdurchfluss zu planen. Hierbei ist insbesondere der Rückbau der B 266 an der Engstelle Heimersheim zu berücksichtigen.

Viele Grundsatzentscheidungen

Grundsatzentscheidungen dafür, dass ein hundertjähriges Hochwasser in Zukunft ohne Schaden anzurichten durch die Stadt fließen kann. „Das gibt es bei der Vorsorge keine Kompromisse“, hatte Bürgermeister Guido Orthen die Marschrichtung vorgegeben. Der Schutz der Bevölkerung und des Eigentums stehe bei allen Maßnahmen an erster Stelle. Dafür werde im Bereich der Ahr „nahezu alles auf den Kopf gestellt“ und es werde sich ein komplett neues Bild zu beiden Seiten der Ahr ergeben. „Das Ahrufer und die angrenzenden Bereiche werden komplett anders aussehen“, machte Orthen klar, dass es massive Eingriffe geben werde und auch Bäume im Uferbereich nicht verschont werden könnten.

Basis für die Maßnahmen zum Hochwasserschutz ist ein hydraulisches Modell, das die AuEG vom Stuttgarter Büro für Wasserwirtschaft und Wasserbau hat erstellen lassen. „Priorität haben dabei der Schutz vor Gefahren, die ökologische Vielfalt und der ökonomische Faktor der Ahr“, machte Hermann-Josef Pelgrim für die AuEG klar und erläuterte, dass für das Modell mehr als 25000 Messpunkte auf der zwölf Kilometer langen Ahrstrecke erforderlich gewesen seien. Drohnenkameras und Laserflieger waren dafür im Einsatz. „Ein aufwendiges Verfahren mit ganzheitlicher Betrachtung“, so Pelgrim, der auf der Strecke zwischen Obertorbrücke und Heimersheim für je 100 Meter ins Detail ging. Immer unter der Maßgabe des HQ100 neu mit 505 Kubikmetern pro Sekunde. Der alte HQ100 des Hochwassers 2016 betrug 246 Kubikmeter pro Sekunde.

Sicheres Feuerwehrhaus

So ist unter anderem an der Ehrenwall-Allee eine Prallmauer angedacht, der uferseitig ein tiefergelegter Radweg angegliedert ist. Dieser kann dann im Fall X schadlos überschwemmt werden. Alle Brückenneubauten finden ebenfalls unter dem Aspekt des HQ100 statt. Und auch wenn die Piusbrücke die Flut überlebt hat, fällt sie Raster. Mögliche Aufstauungen sind laut Pelgrim programmiert, ein Neubau ratsam. Sperrwerke sollen an den Mühlenteichen Ahrweiler und Heimersheim vor Fluten sichern. Besondere Neubauten werden auch für die Brücken am Obertor, am Schwimmbad in Ahrweiler und am Schwanenteich in Bad Neuenahr angeregt. Hier sind nach Expertenmeinung Hubbrücken die beste Lösung für den Hochwasserschutz. Und eine „beste Lösung“ sei auch der neue Standort für das Ahrweiler Feuerwehrhaus an der Ramersbacher Straße, dem sogar ein HQ Extrem mit 800 Kubikmetern pro Sekunde nichts haben könne. Wichtig auch: Parks und Grünanlagen können als Retentionsfläche dienen, auch Wälle soll es geben.

80 Minuten Präsentation und volle Konzentration im Ratssaal. Wobei deutlich wurde: Die Kreisstadt hat ihre Hausaufgaben gemacht. Doch der Erfolg der Maßnahmen stelle sich nur ein, wenn auch die Oberlieger im Ahrtal entsprechen agieren, sagte Rald Wershofen für die CDU. Zum Hochwasserschutz für Bad Neuenahr-Ahrweiler sprach SPD-Fraktionschef Werner Kasel von „immensen Herausforderungen“ und bis dato nie dagewesenen Dimensionen. Wobei es Christoph Scheuer von den Grünen auf den Punkt brachte: „Es steht nun an, einer gigantischen Baustelle quer durch unser Stadtgebiet Rahmenbedingungen und Leitplanken zu geben.“ Die Einstimmigkeit im Rat war programmiert, hatten doch alle Sprecher ihre Zustimmung für Ergänzungen der Beschlussvorlage von CDU und Grünen signalisiert.