Obwohl der Ort schwer betroffen ist, kam die Ortsgemeinde Ahrbrück in der Wahrnehmung selten vor

Der Osthof in Ahrbrück:Eine unbekannte Institution

Der Osthof in Ahrbrück: Eine unbekannte Institution

Bekleidungslager in Ahrbück. Foto: Arno Furth

Der Osthof in Ahrbrück: Eine unbekannte Institution

Holzlager an der Ahr. Foto: Arno Furth

Der Osthof in Ahrbrück: Eine unbekannte Institution

Der Osthof in Ahrbrück, eine unbekannte Institution. Foto: Arno Furth

Ahrbrück. Ahrbrück liegt an dem vergessenen Stück der Ahr zwischen Insul und Altenahr, das in der Wahrnehmung, obwohl schwer betroffen, selten vorkam.

Die Ahrflut vom 14. auf den 15. Juli hatte katastrophale Auswirkungen auf Ahrbrück. Die Straßen waren in alle Richtungen unpassierbar. Strom und Kommunikation waren schon am Abend des 14. Juli ausgefallen. Wasserversorgung und Kanalisation waren ebenso wie die drei Ahrbrücken zerstört. Den Ortsteil Brück hatte es besonders schwer getroffen, neun Tote waren zu beklagen. Bis heute sind die Schäden an Gebäuden, Straßen und Einrichtungen nicht abschließend zu beziffern. Selbst sechs Monate nach der Katastrophe erhalten Betroffene den Bescheid, dass ihre Häuser abgerissen werden müssen.

Die Freiwillige Feuerwehr hatte neben retten und bergen schon frühzeitig damit begonnen aus einem Supermarkt, zwei Getränkemärkten und einer Metzgerei Lebensmittel und Getränke sicherzustellen um eine Anfangsversorgung der Bevölkerung zu ermöglichen. Die Denntalschule war zwar auch betroffen, Strom und Wasser standen nicht zur Verfügung, das Gebäude konnte jedoch als Notaufnahme und Lagerstätte genutzt werden. Das Zubereiten und die Ausgabe von einfachen Speisen wurden dort ermöglicht. Mit Betroffenen, Angehörigen von Hilfsorganisationen und Helfern wurden täglich bis zu 700 Personen verpflegt. Verletzte wurden durch den ortsansässigen Arzt Dr. Korte versorgt, der rund um die Uhr im Einsatz war. Auf dem Sportplatz fanden in den ersten Wochen mit Hubschraubern die Evakuierung von Kranken und Verletzten sowie das Anlanden von Versorgungsgütern und Wasser statt. Wegen der hohen Anzahl von Flugbewegungen wurden ein eigenes An- und Abflugverfahren entwickelt.

Ortsbürgermeister Radermacher und seinem Gemeinderat war klar, dass die Versorgung der Bevölkerung über einen längeren Zeitraum zentral erfolgen musste.

Die Lagermöglichkeiten in der Schule waren begrenzt, zumal in der Sporthalle Betroffene und Hilfskräfte untergebracht wurden und im Innenhof die Verpflegung stattfinden musste. Außerdem war absehbar, dass die Denntalschule nach den Ferien wieder öffnen sollte.

Ein geeigneter Lagerort musste gefunden werden. Den Wetterprognosen traute nach der Flut niemand mehr. Das Lager sollte deshalb außerhalb der Überflutungsgrenzen liegen und trocken sein. Die Möglichkeit den Lagerbereich auch mit größeren Fahrzeugen anzufahren war Bedingung.

Ende Juli hatten Walter Radermacher und sein erster Beisitzender Karl-Heinz Hermes mit der Familie Boltersdorf, Eigentümer eines ansässigen Unternehmens, vereinbart, dass eine große Lagerhalle, der Osthof, zum Annehmen, dem Lagern und Verteilen von Lebensmitteln, Bekleidung, Werkzeugen und Baumaterial genutzt werden durfte. Ein zunächst unterschätztes Problem bestand darin, dass zum einen die Firma noch Produkte in der Halle lagerte und zum anderen dort noch geborgene und abgestellte Wohnwagen und Anhänger abgestellt waren.

Zu Beginn waren Lebensmittel, Bekleidung, Haushaltswaren und Werkzeug die Artikel, die am dringendsten benötigt wurden, ab Mitte August waren Gummistiefel, Handschuhe, Eimer und Schaufeln für die Helfer gefragt. Bevor in den Gebäuden die Schäden beseitigt werden konnten, mussten Estrich und Gemäuer getrocknet werden. Im Osthof liefen z.B. allein dazu 12 Paletten mit Baulüftern und 15 Paletten mit Infrarotheizungen auf. Ende Oktober erklärte das Land Rheinland Pfalz den Katastrophenfall für beendet. Die Hilfsorganisationen, die am Nürburgring stationiert waren zogen ab. Lediglich die Bundeswehr und zivile Helfer blieben mit schwerem Gerät vor Ort. Das Materiallager am Ring wurde verteilt. Der Großteil ging nach Gelsdorf und nach Ahrbrück. Nun spielte der Osthof bei der Unterstützung Betroffener und Helfer eine überörtliche zum Teil gar überregionale Rolle. Ortbürgermeister Walter Radermacher und sein Gemeinderat hatten schon früh entschieden, dass Material nicht zurückgehalten werden, sondern auch den Nachbargemeinden zur Verfügung stehen sollte.

Im Spätherbst änderte sich der Bedarf erneut. Für die Wintermonate wurden nun Öfen und Heizmaterial benötigt, weil die Heizungen nicht rechtzeitig instand gesetzt werden konnten. Glücklicherweise fanden sich auch in dieser Situation Spender. 300 Werkstattöfen und 350 Raummeter Holz wurden durch die Ahrhilfe noch vor dem ersten Frost geliefert. Ab November wurde zusätzlich noch Langholz geliefert. Die Lagerfläche reichte bei weitem nicht mehr aus. Anlieferung und Verteilung wurden kurz vor Jahresende zeitkritisch. Das Brennstoffmaterial wurde auf einem weiteren Lagerplatz bis zur Verteilung gelagert. Insgesamt lagerten bisher etwa 3500 Raummeter auf der Fläche unterhalb von Pützfeld. Aufgrund der Menge und des begrenzten Lagerraums war es zusätzlich möglich Betroffene noch im Kreis Euskirchen und im Schleidener Tal zu unterstützen. Eine Helferinitiative, die „Kettensägeschnitzer“ kam nach Ahrbrück um mit ihren Kettensägen Kunstwerke zu schaffen, die gegen Spenden zur Hilfe der Flutgeschädigten erworben werden konnten. Sie haben angekündigt mit 19 Personen noch einmal an die Ahr zu kommen um das Langholz zu Brennholz zu verarbeiten.

Entgegennahme von Material, Lagerung und Zuteilung wurden zu einer Herausforderung für Dirk H. und sein Team von vierzehn ehrenamtlichen Helfern. Dirk ist aktiver Soldat und wurde von seiner Dienststelle zur Unterstützung freigestellt. Heute ist er wieder auf seiner Dienststelle tätig, koordiniert aber in seiner Freizeit die Aktivitäten im Osthof. Geschätzt werden bei ihm und seinen Kameraden und Kameradinnen die strukturierte Vorgehensweise und die Fähigkeit zu pragmatischen Entscheidungen. Unterstützt wird er dabei von Rüdiger S., einem ehrenamtlichen Helfer aus dem Kreis Main-Spessart, der sich um den Helfereinsatz und die Zusammenarbeit mit Handwerkern und Hilfsorganisationen kümmert. Allen ist bewusst, so Reinhard L., der wie viele Angehörige des Helferteams nun schon seit sechs Monaten ehrenamtlich im Einsatz ist, dass sich die Aufgabe noch viele Monate hinziehen wird. Eine Unterstützung durch Anwohner, die nicht oder nur gering betroffen sind, würde es erlauben einmal tageweise zu pausieren. Freiwillige können sich immer beim Gemeindestab im Bürgerhaus melden. Nicht nur die Betroffenen sondern die ganze Ortgemeinde sind nach wie vor von der Unterstützung und der Anzahl der Spenden überwältigt. Der Dank gilt jedem einzelnen der vom äußersten Osten der Republik wie Cottbus, von Freiburg, aus der Pfalz oder dem Emsland kam. Die vielen Feuerwehren z.B. aus dem Saarland mit ihrem Duschzelt vor dem sie den Ahrbrückern das Steiger Lied beibrachten, den Brandenburgern, die ihnen ihre Hymne von der märkischen Heide näherbrachten oder die Flugplatzfeuerwehren der Bundeswehr zwischen Nörvenich und Wittmund, die in ihrer schichtfreien Zeit anpackten, leisteten Hilfe in erster Not. Großen Eindruck hinterließen auch die Einheiten der Polizeien des Bundes und aus den verschiedenen Bundesländern, die tatkräftig zugepackt haben und sich nicht zu schade waren ihre Uniform schmutzig zu machen. Auch die Frauen und Männer der Bundeswehr, ob zum Einsatz abgestellt oder aufgrund privater Initiative vor Ort, haben der Bundeswehr mehr Anerkennung verschafft als die offiziellen Werbespots. Zukünftig wird die direkte Hilfe immer mehr abschmelzen und durch Hilfe zur Selbsthilfe ersetzt werden, so Dirk. Hierzu eignen sich insbesondere die Spendenkonten der Gemeinden, die das Geld ohne Abzüge für Verwaltung o. Ä. bei den Betroffenen zum Einsatz bringen. In Ahrbrück wird hierfür das Konto des Bürgervereins genutzt:

Bürgerverein Ahrbrück

Verwendung Hochwasser

DE22 5775 1310 0000 2507 87.

Pressemitteilung der

Ortsgemeinde Ahrbrück