Im Jubiläumsjahr bescherte die KG Unkel ihren Jecken am Samstag eine bombige Prunksitzung
Die bunt kostümierten Jecken im Turnschuh-Gürzenich hielt es nicht auf ihren Sitzen

Unkel. „Mer losse d’r Dom in Kölle“, erklärte das Bläserkorps der Unkeler KG am späten Samstagabend im bunt dekorierten Turnschuh-Gürzenich der Kulturstadt am Rhein. Auf sehr viel mehr verzichten wollten und mussten die jeck kostümierten Jecken bei der Prunksitzung ihrer KG, die als 88-Jährige einen närrischen Geburtstag feierte, aber wirklich nicht, hatte Literat Stefan Wirtz für sie doch wieder ein tolles Programm zusammengestellt. Das begann natürlich mit dem Einzug der Ober-Jecken, dem Blömcher werfenden Elferrat um den Vorsitzenden Manfred Himmelbach und den Präsidenten Markus Winkelbach, die Majoretten, „Sternen“ und „Mini-Sternchen“.
„In Erfüllung ging der Präsidententraum, auf so viel Jecke in einem ausverkauften Saal zu schaun. Seit Stunden konnt‘ ich’s kaum erwarten, endlich in diesen Abend zu starten“, erwies sich der Vorsitzende wie im Vorjahr als Reime-Schmied. Dabei vergaß er nicht, an den Beginn der KG zu erinnern, die 1930 als „Fidele Nordsterner“ vom Theaterverein ins Leben gerufen worden war.
„Begrüßt mit uns das Schönste, was die KG in ihrem Jubi-Jahr zu bieten hat“, kündigte dann Markus Winkelbach den Einzug von Prinzessin Marie I. „aus dem Hause Laschefsky“ mit ihren Paginnen, Melina Berg und Jenny Schulz, an. „Alaaf ihr Jecken aus Nah und Fern, wir freuen uns sehr, mit Euch hier in Unkel Karneval feiern zu können“, begrüßte das junge Dreigestirn die Narrenschar, die ihre Regentin nicht erst nach deren Sessionslied, dem auf die Kulturstadt etwas abgeänderten „Cat Ballou“-Hit: „Et jitt kei Wood, dat sage künnt, wat ich föhl, wenn ich an Unkel denk!“ Dann setzten die Kleinsten das Motto von Marie I., „88 Jahre KG Unkel, unendlich jeck mit viel Geschunkel, unendlich bunt mit herrlichem Gefunkel!“ um, ließen doch schon die Ministernchen um Valentin als Hahn im Korb silberne Stöckchen nach echter Majoretten-Art gekonnt wirbeln. Mit der Glücksmelodie „Chim Chim Cheree“ holten dann die sechs „Sterne“ als Schornsteinfeger Mary Poppins „supercalifragilistisch“ wenn nicht gar „expialigetisch“ auf die Bühne, bevor die Majoretten mit Baps „Verdammt lang her“ an die Gründung der KG vor acht mal elf Jahren erinnerten, um zu versprechen, auch in Zukunft weiter zu tanzen getreu dem Motto: „Sulang mer noch am Lävve sin.“ Angesichts des närrischen Jubiläums boten dann Carolina Corvinus und Lukas Himmelbach erstmals einen Tanz als Solotanzpaar, das von den Jecken begeistert gefeiert wurde.
Rakete für die Flying Dancers
Nach dieser Überraschung zog die Erpeler „Gulaschkapell“ ein Chefkoch Jörg Weich ein und rockte den Saal dergestalt, dass es für gut 30 Minuten niemanden auf seinem Stuhl hielt. „Wer den Pep nicht vertragen kann, sollte nicht dieser Truppe zuhören“, so Markus Winkelbach. Eine Rakete verdient hätten die Bläser allemal, die aber behielt der Präsident für die „Flying Dancers“ zurück, die sich zu Hits der 80-er Jahre in grell-farbenen Anzügen präsentierten, nachdem sie ihre obligatorischen Kutten abgelegt hatten. „Nicht nur Elvis, auch Rudolf Moshammer lebt“, spielte Christoph Arens auf seine schwarzhaarigen Flieger an, bevor sich die Showtanzgruppe der „Herzblättchen“ als „Macht in der ra- ra- rabenschwarzen Nacht“ präsentierte.
Sogar in Rom hatte man von dem Jubiläum der KG gehört, so dass der Vatikan einen Nuntius zur Gratulation gesandt hatte. Da der Bischof, alias Karin Kirschbaum von den Heisterer Möhnen, die Glückwünsche auf Latein vortrug musste Obermöhn Gerda Buchholz als Übersetzerin einspringen Damit aber nicht genug, hatte Alex Jax noch die Rolle der Gebärdendolmetscherin übernommen, was den Jecken ein ums andere Mal die Tränen in die Augen trieb. Mitten in dieser närrisch aufgeheizten Stimmung war das Siebengebirgsdreigestirn, Prinz Michael II., Jungfrau Winni und Bauer Johannes, mit den Bad Honnefer Stadtsoldaten der Halt Pöler und dem Spielmannszug in Unkel eingetroffen. „Ihr seid hier tief im Süden unser letztes Bollwerk gegen die Fraktion der Helau-Rufer“, lobte Präsident Jörg Pütz das Geburtstagskind als Hüter des Siebengebirgs-Fastelovend, bevor das Dreigestirn aus Hunderten von Kehlen lautstark motiviert wurde: „Wir woll’n Euch tanzen sehn!“. Auch wenn Michael II. schon zuvor den Eindruck gehabt hatte, in eine Sauna eingezogen zu sein, dieser Aufforderung, sportlich aktiv zu werden, konnte und wollte sich der Ex-Basketballer nicht widersetzen, bevor der fast Zweimeter-Mann bei der obligatorischen Ordensverleihung vor Marie I. in die Knie ging. Nach dem Auszug der obersten Narrenherrscher der Region eroberten „New Pearls“ und die 18 „New Diamonds“, in deren Reihen sogar eine Ex- und die amtierenden Weinkönigin von Unkel tanzten, unter dem Motto „It’s showtime“, wobei die jüngeren Tänzerinnen trotz schwarzem Tütü mit ihrem Zirkusdirektoren-Look Manegen-Atmosphäre versprühten.
Sieht man von dem Sketche der Heisterer Möhnen ab, dann hatte Stefan Wirtz mit den „2 Schlawinern“, Walter Schweder an der Gitarre und Mini-Werner Beyer, mit Ralf Gerresheim als dem jodelnden „Flachlandtiroler“ sowie den Bremern Rüdiger Schmitz und Ralf Schucht als Comedy-Akrobatik Duo „Tante Luise und Herr Kurt“ den Männern den Wortwitz überlassen. Daneben unterhielten zu späterer Stunde nicht nur die Majoretten in ihren Musiknoten-Shirts über silbrigen Röckchen mit ihrem Showtanz die Jecken, sondern auch die zauberhaften „Sahnehäubchen“, bevor das Unkeler Gürzenich mit „Miljö“ lange nach Mitternacht mit „Mer hevve aff, zum Wolkeplatz un unger uns dä Puls dä Stad!“ zum närrischen Raumschiff wurde, in dem wie beim Lommi „de Leechter“ noch lange brannten, obwohl die Prunksitzung offiziell längst zu Ende war. DL

Als Moshammers in grell-bunten Anzügen ernteten die „Flying Dancers“ eine Rakete.

Manegen-Atmosphäre verbreiteten die „New Pearls“ als Zirkusdirektorinnen

Galant ging Siebengebirgsprinz Michael II. vor Marie I. in die Knie