Bauarbeiten zur Realisierung eines neuen Dorfplatzes und Parkplatzes im Umfeld der Grundschule Christophorus und der Kurfürstenhalle haben begonnen
Erinnerung an das kurfürstliche Schloss

Mülheim-Kärlich. Es ist eines der letzten großen sichtbaren Relikte der Kurfürstenzeit: Das Gelände-Niveau bzw. der ehemalige Wassergraben des 1794 zerstörten kurfürstlichen Schlosses zu Kärlich. Aktuell wird der Bereich im Auftrag der Stadt Mülheim-Kärlich aufgefüllt, um dort u.a. einen Dorfplatz sowie Parkplätze zu schaffen. Für einige örtliche Heimathistoriker Grund genug, auf einige örtliche Besonderheiten hinzuweisen.
Erstmals im Jahr 1344 wird in Kärlich eine Wasserburg erwähnt, die sich wahrscheinlich – umgeben von einem ehemaligen Rheinarm – auf einer kleinen Anhöhe im Bereich der heutigen Grundschule Christophorus Kärlich befand. Rund 150 Jahre später wird diese Burg zu einem Wasserschloss umgestaltet. Im Dreißigjährigen Krieg zerstört, folgte der Neubau eines repräsentativen Jagdschlosses. Dieses war von einem ca. 20 Meter breiten Wassergraben umgeben. Das Schloss konnte über zwei Brücken erreicht werden. In der Regierungszeit des letzten Kurfürsten Clemens Wenzeslaus (1739–1812) wurde das Gewässer aus hygienischen Gründen zugeschüttet. Lediglich ein kleiner Rest an der unteren Burgstraße verblieb nach der Aufschüttung im Jahr 1778.
Das gegenüber der Straße tiefer liegende Gelände war in den letzten Jahrzehnten eine private Grünfläche mit wildem Aufwuchs. Vor einigen Jahren wurde der Bereich von einem örtlichen Obstbauern gerodet und mit Nutzbäumen versehen. Mit der nun erfolgenden Aufschüttung auf das Geländeniveau der Bugstraße und der benachbarten Grundstücke (Grundschule und Parkplatz) verschwindet der ehemalige Graben, der über 240 Jahre lang ein Bereich war, der an die kurfürstliche Zeit erinnerte.
Horst Hohn, der seit rund 20 Jahren Stadtführungen in Mülheim-Kärlich anbietet, sieht die Aufschüttung mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Es verschwinde zwar eine historische Besonderheit, doch die Gründe zur Neugestaltung seien nachvollziehbar. „Zu kurfürstlicher Zeit durften sich vorrangig nur die hohen Herrschaften in diesem Bereich aufhalten. Das wird zukünftig anders: Es entsteht ein Dorf- und Festplatz, auf dem die gesamte Bevölkerung zum Beispiel die Kirmes, Stadtfeste und ähnliche Veranstaltungen feiern kann“, so Hohn. Seine Anregung, dem zukünftigen Dorfplatz einen Namen zu geben, der an die kürfürstliche Zeit erinnert, wird auch von Stadtbürgermeister Gerd Harner unterstützt. Beide tauschten zwischenzeitlich auch ihre Informationen zum sogenannten „Ihrlichs Kreuz“ aus, das im Zuge der Neugestaltung wieder aufgestellt werden soll. Vor einigen Jahren wurde es beim Neubau der Grundschule mit Einwilligung der unteren Denkmalschutzbehörde in Sicherheit gebracht. Seitdem wird es auf dem Betriebshof der Stadt gelagert.
Das auffällige Kreuz trägt ergänzend zur Jahreszahl 1722 folgende Inschrift: „GEORG EHRLICH ANNA GERTRUDA EHELEUT“. Wie Lothar Spurzem sich erinnert, stand das Kreuz nicht immer an der Schule, sondern frei im Gelände außerhalb der Ortslage.
Ursprüngliche Standort war die Verlängerung vom „Annenache Dall“ (Andernacher Tal) an einer Einmündung oder der Kreuzung eines Wegs, der aus Richtung Kettig kam. Damals hing ein mit Goldbronze angemalter Korpus (wahrscheinlich Metall) an dem Kreuz, an den im Sommer fast immer ein Sträußchen Feldblumen gesteckt war.
Auch Franz-Josef Risse hat über das „Ihrles Kreuzje“ (das „…lichs“ im Platt verkürzt gesprochen) recherchiert. Der in der Inschrift erwähnte Georg Ehrlich war 1678 geboren.
Georg war mit Gertruda wahrscheinlich in dritter Ehe verheiratet. Ein Kind der beiden wurde am 2. April 1721 geboren. Vermutlich wurde das Kreuz im Jahr 1722 zum Dank hierfür aufgestellt. Georg Ehrlich starb am 3. April 1734. Wahrscheinlich war Ehrlich „Schöffe“ (Ortsvorsteher) in Kärlich, was aber nicht ganz sicher ist. Franz-Josef Risse weist auch noch darauf hin, dass die Bezeichnung „Ehrlich“ an der Ausprache der Leute bzw. des Pfarrers liegt. Später, vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde hieraus „Ihrlich“. Ein Familienname, der auch heute noch in Mülheim-Kärlich verbreitet ist.
Alle drei genannten Mülheim-Kärlicher freuen sich, dass sich die Stadt Mülheim-Kärlich in Person von Stadtbürgermeister Gerd Harner die Wieder-Errichtung des Kreuzes im Stadtteil Kärlich unterstützt.
In welchem Bereich das sein wird, soll noch festgelegt werden. Gleiches gilt auch für den Namen des neuen Dorfplatzes. Gegen die von Horst Hohn angeregte Bezeichnung „Kurfürstenplatz“ gibt es vielleicht insofern Bedenken, als im Stadtgebiet bereits die Bezeichnung „Kurfürstenstraße“ existiert. Andererseits gibt es auch eine Kolpingstraße in Kärlich und den Kolpingplatz in Mülheim, ebenfalls ohne räumlichen Zusammenhang. Lothar Spurzem weist noch ausdrücklich darauf hin, dass der Einmündungsbereich Burgstraße/Heeresstraße den Namen „Raiffeisenplatz“ trägt. Die Namensgebung erfolgte am 30. März 1968, dem 150. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Bekanntlich soll dieser Bereich bald einer Bebauung zugeführt werden. Verschwinden werden dann derzeitige Gebäude der ehemaligen Volksbank Kärlich sowie die angrenzende ehemalige Obstannahmestelle. Was mit der Bezeichnung „Raiffeisenplatz“ geschieht, ist ebenso unbekannt wie die Frage, welchen neuen Standort die Historiensäule erhält. Stadtbürgermeister Gerd Harner hat diesbezüglich bereits einige Ideen. Die Entscheidung hierüber muss jedoch im Einvernehmen mit dem Eigentümer sowie in Abstimmung mit den städtischen Gremien getroffen werden.
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Aktuell wird der Bereich des ehemaligen Wassergrabens mit Erdreich aufgefüllt.

Das historische Foto, welche vor dem Bau der neuen Grundschule Christophorus aufgenommen wurde, zeigt den Standort des sogenannten „Ihrlichs Kreuz“ vor seinem Abbau.

Man erkennt deutlich die unterschiedlichen Geländehöhen zwischen dem ehemaligen Wassergraben sowie der angrenzenden Burgstraße. Der Name der Gaststätte „Zum Kurfürsten“ erinnert an die kurfürstliche Zeit.

Die Baustelle von der Burgstraße aus gesehen. Im Hintergrund sieht man das Gebäude der neuen Grundschule Christophorus.

Eine Darstellung des 1794 zerstörten Kärlicher Schlosses auf einem Ölgemälde.