Am „Runden Tisch“ im Westerwald zusammen kochen und essen
Falsche Ernährung im Alter ist ein Kostentreiber im Gesundheitswesen

Montabaur. „Die Krankenkassen stehen vor dem Kollaps, unser weitgehend noch leistungsfähiges Gesundheitssystem scheint angesichts der schnell alternden Gesellschaft – besonders bei uns auf dem Land - gefährdet.“ Jetzt soll eine Kommission der Bundesregierung ein Paket von Maßnahmen schnüren, die das System wirksam und bezahlbar stabilisieren – ohne allzu tiefgreifende Einschnitte!
Ein gewichtiger Kostentreiber ist vor diesem Hintergrund eine falsche Ernährung im Alter, die oft zu Erkrankungen und damit hohen persönlichen und gesellschaftlichen Kosten führt! Doch wie sieht eine gesunde und kostenreduzierende Ernährung für Senioren aus, welche Lebensweise trägt zur Gesundheit im Alter bei?
Damit beschäftigte sich das 3. Gesprächsforum „WW-Seniorentalk“, das regelmäßig aktuelle Themen rund um die Politik für ältere Menschen ab 60 Jahren aufgreift. Im Tagungsraum des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) in Montabaur waren zum Thema gesundheitsfördernde „Ernährung im Alter“ alle Plätze besetzt.
Als Kooperationspartner hatten zu dem informativen Abend gemeinsam der Senioren-Rat Westerwald und die Vernetzungsstelle Seniorenernährung Rheinland-Pfalz eingeladen. Ziel war es, Multiplikator/innen in der Seniorenarbeit und weitere Interessierte darüber zu informieren, wie eine hochwertige und alltagstaugliche Ernährung für Seniorinnen und Senioren ermöglicht werden kann. Und wie mit der Umsetzung der Erkenntnisse hohe Kosten in einer schnell älter werdenden Gesellschaft verringert werden können. Das Thema wurde von fachkundigen Gesprächspartner/innen aus verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet.
„Viele hochaltrige Menschen sind oft mangelernährt, viele von ihnen leben allein und sind oft einsam“, stellte Theresa Lehnen als Referentin der Vernetzungsstelle RLP am Beginn der Veranstaltung fest. Es sei wichtig, Akteure in der Seniorenarbeit und die Betroffenen selbst zu sensibilisieren, um mit gesundheitsfördernder Ernährung den Allgemeinzustand und damit die Lebensqualität zu verbessern. Ihre Kollegin Claudia Rothkegel wies auf den im Alter abnehmenden Energiebedarf hin, dem mit Lebensmitteln mit hoher Nährstoffdichte wie Gemüse oder Hülsenfrüchte begegnet werden könne. „Dies wirkt noch besser in Verbindung mit regelmäßiger Bewegung an der frischen Luft“, so die Referentin.
Aus medizinischer Sicht brachte Christoph Esten als Oberarzt der Akutgeriatrie am Brüderkrankenhaus Montabaur seine vielen Erfahrungen zum Thema ein: „Das Hauptrisiko im Alter ist die voranschreitende Gebrechlichkeit mit der Folge von Stürzen - dagegen helfen Muskeln, wozu Eiweiß unverzichtbar ist“ so der Altersmediziner. Bei der Empfehlung doch „4 bis 5 Hände voll Gemüse“ am Tag zu essen, fühlten sich viele Teilnehmende ertappt - eine Dame meinte, da sei wohl noch Luft nach oben! Esten riet auch dazu, die Medikamente nach Absprache mit dem Hausarzt auf das Notwendige zu begrenzen, um nicht unnötig den Appetit zu verringern.
Aus der Küche eines Seniorenzentrum berichtete Jörg Sagstetter als Küchenchef der Einrichtung des Hospitalfonds in der Kreisstadt. „Das gute Essen fängt bei uns mit einem Blick auf das Schloss an und setzt sich fort mit einer restaurantähnlichen Gestaltung des Speisesaales“, so der erfahrene Koch. Im Rahmen des vorgegebenen Budgets werde das Essen von seinem Team abwechslungsreich gestaltet und auch fürs Auge ansprechend präsentiert. Claudia Schäfer als Leiterin der Einrichtung fügte hinzu, dass man dazu beitrage, dass die Bewohner/innen nicht allein in ihrem Zimmer essen sollen, sondern in geselligen Kleingruppen im Speisesaal.
Nach den Statements der Fachleute wurde engagiert über politische und gesellschaftliche Notwendigkeiten rund um die Ernährung im Alter diskutiert. Hierbei stand im Mittelpunkt, dass bei Senioren Mahlzeiten eine hohe soziale Bedeutung haben, da sie dem Tag Struktur geben und für Genuss, Freude und Gemeinschaftlichkeit sorgen. Gefordert wurde, Lieferdienste auszubauen und wo immer möglich „Runde Tische“ aufzubauen, bei denen in den Gemeinden Ältere zusammen kochen und essen. Auch sei es zunehmend wichtig, Bewohnerinnen in stationären Pflegeeinrichtungen mehr bei der Essenszubereitung einzubeziehen und deren eigene traditionellen Wäller Rezepte einzubeziehen. Auch die Einführung einer wirksamen Zuckersteuer wurde angeregt.
Als Moderator des Abends und Koordinator des Senioren-Netzwerkes wies Uli Schmidt am Ende darauf hin, dass die Folgekosten einer ungesunden Ernährung enorm hoch und teilweise vermeidbar seien, wozu man auch künftig einen Beitrag leisten wolle. Er regte an, sich die Seniorenpolitische Konzeption (SPK) des Westerwaldkreis anzusehen, mit einigen Handlungsempfehlungen, die es nun umzusetzen gelte, auch um die Versorgung im Alter zu verbessern. Er lud ein zum 4. „WW-Seniorentalk“ am 15.1.2026 in Selters zum Thema „Kommunale Seniorenpolitik im Westerwaldkreis - was jetzt zu tun ist?“. Info gerne per Email unter uli@kleinkunst-mons-tabor.de.
Pressemitteilung des Senioren-Rat Westerwald