Heft 16 der Pfarrarchiv-Reihe Weißenthurm
Kanzelbilder der ersten Weißenthurmer Kirche entdeckt

Weißenthurm. Die erste Weißenthurmer Kirche wurde 1900 bis 1902 erweitert und umgebaut. Dabei ging ein großer Teil der alten Ausstattung verloren. Doch irgendjemand konnte wenigstens fünf Bilder aus der Lassaulx-Kirche retten. Lange Zeit vergessen, wurden sie nach über einhundert Jahren wiedergefunden und so zum zweiten Mal gerettet.
Als Diakon Klaus-Dieter Jung die Bilder betrachtete, war ihm klar, daß sie zwar mittelalterlich aussehen, aber nicht mittelalterlich waren. Doch woher stammten diese Tafeln? Wofür waren sie bestimmt? Wer hatte sie gemalt? Die Lösung der Rätsel gelang Helmut Schneider, dem langjährigen Betreuer des Pfarrarchivs. Doch der Reihe nach:
Vor gut zwei Jahren wurde in einem Nebengebäude der Dreifaltigkeitskirche aufgeräumt. Dabei kamen fünf Bilder zum Vorschein. Vor goldenem Hintergrund zeigen sie Christus als Weltenherrscher und die vier Evangelisten: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, gemalt in Öl auf Holz. Die schriftliche Überlieferung schwieg, keine Notiz, kein Vertrag, keine Rechnungen. Es blieb nur die Analyse bildlicher Quellen, insbesondere einer Lithografie Lassaulx’s. Der Architekt der ersten Weißenthurmer Kirche (1837/38) zeigt darauf deren Grund- und Aufriß. Tatsächlich fand sich dort die Kanzel eingezeichnet, eine fünfseitige Kleinarchitektur! So lag es nahe, die fünf Tafelbilder dem Kanzelkorb zuzuordnen.
Den Fund im Fund aber macht Helmut Schneider mit der Entdeckung der Signatur unten auf der Christustafel. Jacob Bachta stand da. Und dieser Jacob Bachta war kein Unbekannter. Er kommt aus einer Koblenzer Malerfamilie. Auch seine ältere Schwester Eva-Maria malte. Vater Johann Baptist Bachta war ein bekannter Landschafter und betreute später die Koblenzer Kunstsammlung. Sohn Jacob studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie. Fleiß wird ihm da bescheinigt und gute Anlagen soll er gehabt haben. Später gab er an einer Koblenzer Mädchenschule Zeichenunterricht. Besonders wichtig ist, dass Jacob Bachta für Lassaulx mehrere Aufträge ausführte, Altäre und eben Kanzelbilder, z.B. für Koblenz-Stolzenfels, Treis und Hambuch (Kr. Cochem-Zell). Diese Arbeiten gelten heute als verschollen. Sie sollen aber, an spätmittelalterlichen Vorbildern orientiert, auf Goldgrund gemalt worden sein. Somit sind die Weißenthurmer Tafeln ein wichtiger Bestandteil von Bachtas ohnehin schmalem Œuvre. Und darüber hinaus, wie es der Weißenthumer Kunsthistoriker Dirk Hamann ausdrückt: ein Mosaiksteinchen historisierender Kunst des frühen 19. Jahrhunderts im Rheinland.
Die Kanzel war 1838 nachweislich durch Spenden finanziert worden. Heute bemüht sich die Katholische Pfarrgemeinde wieder um Gelder, damit die Bildtafeln restauriert werden können. Der Wunsch besteht, die Bilder in die Kirche zurückzuführen.
Weitere Informationen:
Dirk Hamann u. Helmut Schneider, Die Kanzelbilder aus der Lassaulx-Kirche. Eine bedeutende Entdeckung: Pfarrarchiv Weißenthurm, H. 16, Weißenthurm 2021. Für 1,00 Euro (kommt dem Orgelförderverein zugute; ggf. plus 2,00 Euro Versandkosten) im Pfarrbüro Kirchstraße 6 (nach Wiedereröffnung) oder beim Herausgeber, Kettiger Straße 4.

Markus.

Johannes.