Allgemeine Berichte | 29.09.2017

Auf dem letzten Veranstaltungstag von „Dichtung und Wahrheit“ auf Schloss Bürresheim:

Martin Lohmann sorgte für gemischte Gefühle

Fundamentalistisch - traditionell - christlich: Martin Lohmann begreift sich selbst als christlichen Demokraten. -SOT-

Mayen. Kontrovers diskutiert wurde nach dem Auftritt des Journalisten und Publizisten Martin Lohmann am vorletzten Veranstaltungstag von „Dichtung und Wahrheit“ auf Schloss Bürresheim. „Versachlicher oder Lügenpresse? - Die Rolle der Medien in Zeiten von Umbrüchen und Populismus“ lautete das Thema des Abends; Martin Lohmann war für den ursprünglich angekündigten ehemaligen Chefredakteur der Rhein-Zeitung, Christian Lindner, eingesprungen. Fundiert konnte der Medienprofi darlegen, woran der Journalismus seiner Meinung nach derzeit krankt und dessen Glaubhaftigkeitskrise erklären. Knappe Finanzen in den Redaktionen und die damit verbundenen teils mangelhafte Recherche sowie die Frage, welche Ausbildung ein Journalist eigentlich genossen hat, spielten unter anderem eine Rolle. „Bereits 2009 hat der ehemalige Moderator der Tagesthemen, Ulrich Wickert, nicht nur die sprachliche Verlotterung in Moderationen und Reportagen in den beiden öffentlich – rechtlichen Sendern kritisiert“, erinnert sich Lohmann, „er sagte damals auch: ‚Es fehlt nicht nur an einem Sinn für die Verbreitung aktueller, wichtiger politischer Inhalte, erst recht habe ich den Eindruck, es fehlt auch an der Einordnung.‘“ Da komme man an einen entscheidenden Punkt: „Wer von den Journalisten hat noch das Bildungsgerüst, um die Dinge richtig einzuordnen? Was haben Journalisten eigentlich gelernt, welche Ausbildung haben sie genossen?“, fragte Lohmann. Schon im Vorfeld hatte er die Möglichkeit der eigenen Unfehlbarkeit ausgesprochen; das macht weniger angreifbar - ein Medienprofi, wie Lohmann, weiß das. Als Opfer moderner Medienschaffender führte Lohmann, der sich selbst als „christlichen Demokraten“ verstanden sehen will, jedoch keine Geringeren als den AFD Spitzenpolitiker Alexander Gauland sowie den ehemaligen Limburger Bischof Franz-Josef Tebartz von Elst auf. Gauland hatte in einer frei gehaltenen Rede Kritik an der Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, geübt; die hatte zuvor behauptet, in Deutschland gebe es keine Leitkultur. „Darüber hat sich Gauland aufgeregt, Frau Özoguz kritisiert und in seiner frei gehaltenen Rede gesagt, man könne sie hoffentlich irgendwann in Anatolien entsorgen“, erinnert Lohmann an die Aussage Gaulands. Schon habe es einen großen Aufstand gegeben und die Medien hätten kräftig mitgemacht. „Es gab Sondersendungen und es gab Kommentare in allen Zeitungen nach den Fernsehnachrichten. Es wurde überall erzählt: ‚Jetzt haben wir diese Leute ertappt!‘ - und schon hatte die Gesellschaft einen Schuldigen“, ist der Fall für Lohmann klar.

„Der hat ‚entsorgt‘ gesagt“, verdeutlichte er, „das ist doch ein Beweis dafür, dass er nationalsozialistisch und rechtspopulistisch denkt!“ Kurze Zeit nach dem Vorfall stellte ein ehemaliger Bundesrichter Strafanzeige gegen Gauland. „Haben Sie eigentlich irgendwo gelesen, dass das Wort „Entsorgung“ in anderem Zusammenhang schon früher von vielen anderen genutzt worden ist?“, versuchte Martin Lohmann den AFD-Politiker zu rechtfertigen und verglich dessen Äußerung mit denen andere Volks- und Medienvertreter. Der SPD-Politiker Johannes Kahrs habe 2013 getwittert: „ ‚Wir wollen ja alle die Merkel entsorgen und besser regieren‘“, zitierte Lohmann. Das habe Kahrs nicht in einer frei gehaltenen Rede - , sondern eingetippt – also überlegt, geäußert. „Haben Sie da einen Aufschrei gehört? Gab es da eine Diskussion? -Es gab weder Aufregung noch eine Maßregelung durch die eigenen Partei“, machte Lohmann den Unterschied deutlich und brachte zwei weitere Beispiele aus der Presse, in denen das Wort „Entsorgung“ Verwendung gefunden hatte. „Das Wort „Entsorgen“ kommt da als Konstante und Verbindungsglied mit allen anderen vor“, stellte Medienprofi Martin Lohmann fest. „Herr Gauland hat das auch gesagt in seiner Rede und nun wird über die (Un-)Fähigkeit der ganzen Partei nachgedacht: Frau Merkel ist entrüstet und verurteilt diese Äußerung als rassistisch und Martin Schulz spricht sogar von einem Spitzenhetzer der AfD. Dann waren doch die Medien auch Spitzenhetzer“, ist Lohmann der Ansicht, „ das muss man doch von der Logik her sagen. War das jetzt alles Wahlkampf oder ist das Scheinheiligkeit?“, müsse man sich fragen.

Das Verhalten der Medien werde nicht thematisiert

Die Frage, wie sich die Medien verhielten, werde überhaupt nicht thematisiert. Ähnlich schlecht sei auch ehemalige Limburger Bischof Franz Josef – Tebartz van Elst behandelt worden: „Was haben Sie in Erinnerung?“, fragte er das Publikum bezugnehmend auf den Fall. Man habe dank des Internets in Windeseile auch auf der südlichen Halbkugel gewusst: „Da gibt’s einen Protzbischof in Limburg, der hat eine vergoldete Badewanne – vielleicht ist die sogar aus purem Gold!“ Das, was aber da gesagt worden sei, habe sich später als „Fake“ herausgestellt: „Die Badewanne gibt es gar nicht so teuer, wie gesagt – das ist später überprüft worden. Haben Sie das in den Medien gelesen oder gehört, dass der gar nicht so eine teure Badewanne hatte?“, fragte Lohmann und benannte die Hintergründe, die seiner Ansicht nach hinter der Affäre steckten: „Haben Sie gemerkt, dass es eigentlich um jemanden ging, der politisch auf einer anderen Linie und konservativ war, der sich gegen gelebte Homosexualität geäußert hat, der für ein klares Familienbild war, der die „Ehe für alle“ nicht gut fand und der einen Geistlichen, der zwei Männer in der Kirche segnen wollte, versetzt hatte? Eine Todsünde!“, so Lohmann. „Aber das konnte man damals noch nicht so öffentlich sagen - also hat man was gesucht und dann hat man bei den Kosten für den Domberg nachgeguckt“, ist der bekennende Katholik überzeugt. Heute sei der Domberg in Limburg der Touristen-Anziehungsmagnet schlechthin. „Alle Architekten, die dahinkommen, sind begeistert und sagen: Wie kann man mit so relativ wenig Geld so ein tolles Ensemble da bauen – mitten in den Stein hinein“, berichtete er. „War das also wirklich so ein Skandal? Wenn der mainstreammäßig etwas anders gedacht hätte in vielen Fragen, wäre das kein Problem gewesen“, ist sich Lohmann sicher. Für Aufhorchen sorgte Martin Lohmann zudem mit dem Vorwurf, dass dieselben Journalisten, die den Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche anprangerten, Events wie den „Christopher Street Day“ guthießen. Auch hier sah er eine Unverhältnismäßigkeit.

Macht der Medien

Im Jahr 2008 sei sich bereits die Mehrheit der Journalisten und Politiker darin einig gewesen, dass die Medien deutlich mehr Macht über die Politik hatten, als umgekehrt. Im Jahr 1972 habe noch die Auffassung gegolten, die Politik hätte mehr Einfluss. Da habe sich also etwas geändert; Dr. Hans Mathias Kepplinger, Professor für empirische Kommunikationsforschung in Mainz, den Lohmann mehrfach zitierte, fasse das so zusammen: „Die Journalisten, die zur Grenzüberschreitung bereit sind, sind zwar eine kleine, aber keine isolierte Minderheit, sie sind Mitglieder von Bezugsgruppen, für die ihre Verstöße gegen journalistische Berufsnormen mehr oder weniger akzeptabel sind. Einzelne befördern das Kollektivversagen des Journalismus“, zitiert Lohmann den Kommunikationswissenschaftler und stellte im Anschluss klar: „Ich sage hier nicht, dass alle Journalisten sich daneben benehmen, damit das deutlich wird. Auch hier versuche ich zu differenzieren. Aber Einzelne, die da in den Hauptmedien unterwegs sind, die befördern das Gefühl, dass es ein Kollektivversagen des Journalismus gibt.“ Er glaube, so Lohmann, dass je weiter man nach unten im Journalismus, und das meine er nicht herabwürdigend, komme, desto mehr habe man einen authentischen Journalismus heutzutage. „Wenn sie einen Lokalblatt – Redakteur haben - der kann nichts aus der Agentur haben, was bei Ihnen vor der Haustür passiert ist – der muss es ja recherchiert haben. Und wenn Sie den dann treffen und sagen, da hat er völligen Käse geschrieben, dann hat er ein direktes Feedback. Lokaljournalisten können zum Beispiel nicht einfach schreiben, was sie wollen, sondern müssen sich an das halten, was ist. Das ist toll.“

Fundamentalistisch - traditionell - christlich: Martin Lohmann begreift sich selbst als christlichen Demokraten. Foto: -SOT-

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