Vereine präsentieren sich: Sitzen Klischees tief?
Mit Klischees aufräumen: Die Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Bad Hönningen
Bad Hönningen. Vereine haben ein Handicap: Klischeedenken! Sie werden oft in verstaubte Boxen gesteckt, die heute so nicht mehr existieren bzw. existieren sollen oder grenzen sich selbst ab. Wie dem auch sei, es erscheint mehr denn je wichtig hinter den Vereinsname zu schauen. Wer offen auf Vereine zugeht, entdeckt oft überraschende Möglichkeiten und engagierte Menschen!
In dieser neuen Serie besteht für Vereine, die sich von den Klischees befreien und einen Einblick geben möchten, die Chance sich zu präsentieren.
Den Anfang macht die traditionsreiche Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Bad Hönningen 1654 e.V. mit 110 Mitgliedern. Etwas abseits im Moorbachtal liegt die Schützenhalle und das Vereinsheim. Ja, klar wird hier geschossen. Natürlich gibt es hier Gewehre und Pistolen. Jedoch steht nicht das Töten von Tieren oder der Kampf im Vordergrund, sondern der sportliche Aspekt. Die verschiedensten Fähigkeiten lassen sich im Schießsport trainieren:
1. Die Mentale Stärke kann durch die erforderliche Fokussierung und Konzentration für Stresssituation trainiert werden.
2. Achtsamkeit und Kontrolle hat eine meditative Wirkung und kann Ängste und Stress abbauen.
3. Auch das körperliche Training wird sehr stark unterschätzt! Fitness, Gleichgewicht und Haltung sind alles Bereiche, welche auf verschiedenste Art und Weise trainiert werden.
4. Die Koordination zwischen Augen und Hand wird deutlich gebessert und wirkt sich positiv auf viele Bereiche des Alltags aus.
All diese Fähigkeiten können durch das Training im eigenen Tempo ausgebaut werden. Sie unterstützen auf sanfte Art die körperliche und mentale Gesundheit und können in der heutigen Zeit helfen z.B. ADHS, Konzentrationsschwäche und Haltungsschäden entgegenzuwirken.
Und was ist mit dem Klischee, dass sich nur biertrinkende namhafte Herrschaften aus Bad Hönningen im Verein tummeln? Das war tatsächlich früher so, aber in der heutigen Zeit steht der Verein wesentlich vielfältiger da! Erstens ist bei den Mitgliedern und auch beim Königschießen das weibliche Geschlecht sehr wohl gut vertreten. Zweitens ist der Verein offen für alle, ohne Wenn und Aber.
Tatsächlich gibt es aber ein traditionelles Aufnahmeritual, was dazu dient, Menschen mit unklaren Absichten nicht in den Verein aufzunehmen. Und um es an der Stelle deutlich zu sagen, Schützen stehen nicht für eine bestimmte politische Richtung! Das ist das Schlimmste aller Klischees! Bei den Schützen, wie auch in allen anderen Vereinen, spiegeln sich alle Nuancen der Gesellschaft wider. Natürlich führt das auch zu Diskussionen, aber der respektvolle Austausch verbunden mit dem sozialen Netz des Vereins ist der Kitt der Demokratie.
Und drittens, ja, nach dem Training im Vereinsheim zusammenzusitzen ist natürlich auch mit der ein oder anderen Flasche Bier verbunden, aber tatsächlich immer mehr ohne Alkohol, denn die Vorbildfunktion für die Jugend muss sich auch hier zeigen. Ja, die Jugend gibt es auch im Verein. Eine sehr erfolgreiche und aktive Jugend wird durch 2 Jugendleiter unterstützt und lässt das statistische Durchschnittsalter unter das Rentenalter sinken. Es lässt sich aber leider auch nicht verhehlen, dass, wie in vielen Vereinen auch, eine Generationenlücke existiert. Der Verein ist sehr motiviert Abhilfe zu schaffen und hat sich mit modernen Methoden, Software und Kommunikation zumindestens so schon für die Zukunft aufgestellt.
Um ein weiteres Bild über Schützenvereine zu widerlegen: Waffenfanatiker gibt es nicht im Verein und die Sicherheitsanforderungen für Verein und Mitglieder mit privaten Waffen sind sehr hoch. Alle 3 Jahre werden z.B. Waffenbesitzer komplett inkl. polizeiliches Führungszeugnis durchleuchtet. Selbst Punkte in Flensburg führen zur Abnahme der privaten Waffe! Eine Prügelei in der Kneipe und das war’s mit dem Hobby!
Der Leitsatz der Schützen, welcher auch auf den historischen Fahnen zu sehen ist, heißt „Glaube, Sitte, Heimat“ Für viele Menschen mögen die Begriffe aus der Vergangenheit sein, aber sie sind auch heute noch die Pfeiler einer gesunden Gesellschaft.
„Glaube“ steht für Werte und Prinzipien, Vertrauen und eine feste innere Überzeugung und ist von der Religion unabhängig. Tatsächlich ist der klassische Schützenverein durch die historische Entwicklung aber der katholischen Kirche verbunden. Jedes Mitglied entscheidet aber selbst, inwieweit es sich den kirchlichen Zeremonien stellen mag.
„Sitte“ steht für vieles, was heutzutage offensichtlich mehr und mehr verloren geht. Verhaltensformen, gesellschaftliche Gepflogenheiten, Bräuche und Traditionen werden nicht nur innerhalb des Vereines gelebt, sondern durch den Verein in der örtlichen Gemeinschaft unterstützt.
Das ist auch die Heimatverbundenheit, die sich hier zeigt. Nicht nur alteingesessen Bad Hönninger, sondern auch neu Hinzugezogenen finden auf die Art und Weise eine neue Heimat. Das Engagement und das „Vernetzt sein“ im Ort festigt die Gesellschaft im Kleinen und im Großen. Vereine helfen sich gegenseitig, Kontakte werden aufgebaut, Freundschaften entstehen. Vereine bekommen ein Gewicht und werden im Ort wahrgenommen!
Für das Schießen muss man Talent haben? Jeder, der unter Anleitung der ausgebildeten Schießmeister eine halbe Stunde geschossen hat, wird merken, wie schnell sich die wesentlichen Handgriffe erlernen lassen und das Ergebnis sich verbessert. Und selbst, wenn man es nicht schafft, regelmäßig zu trainieren, kann man ein gewisses erlerntes Niveau so schnell nicht wieder verlernen. Und selbst die Profis treffen nicht immer in Schwarze. Ob man jetzt mit dem Luftgewehr auf eine Scheibe schießt oder mit dem Lasergewehr sich im Biathlon trainiert oder auch mal beim Vogelschießen mit dem Kleinkaliber sich versucht, die Möglichkeiten sind sehr vielfältig und werden nicht langweilig. Besonders faszinierend ist, dass die Altersklasse absolut keine Rolle für das Schussergebnis spielt. So können schon die Jüngsten Schießergebnisse erzielen, die locker mit den Erwachsenen mithalten können.
Diese, etwas andere Vereinspräsentation soll Mut machen Klischees an die Seite zu schieben und mit Freude mal was Neues auszuprobieren. Neugierige können nach Absprache oder spontan donnerstags ab 17 Uhr und sonntags ab 10 Uhr bei der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Bad Hönningen vorbeischauen. Mehr Infos finden Sie auf unsere Webseite, über die sozialen Medien und in den örtlichen Printmedien.
Der nächste Verein, der mit Klischees aufräumen will, steht auch schon in den Startlöchern! Das Gespräch führte Anke Sultan mit dem 1.Vorsitzenden der Bad Hönninger Schützen Uwe Walkenbach. Vereine, welche sich gerne in dieser Serie vorstellen möchten, können sich direkt an Frau Sultan (anke.Sultan@yahoo.de) wenden.
