Zur Erinnerung

So hat es einmal ausgesehen,in der Lindenstraße

So hat es einmal ausgesehen,
in der Lindenstraße

Das Teilstück der Lindenstraße in einer alten Ansicht.Foto Flück

So hat es einmal ausgesehen,
in der Lindenstraße

Mühsame Trennung der Eisenschienen. Links im BildJohann Heinrich Moeren, der Betriebsgründer.Bildarchiv Heinz Schmalz

So hat es einmal ausgesehen,
in der Lindenstraße

Haus-Nr. 27, Hotel „Zur Linde“.Foto Flück

So hat es einmal ausgesehen,
in der Lindenstraße

Lindenstraße 21, Gastwirtschaft „Em Mösje“Foto Flück

Sinzig. Da derzeit die Firma Baustoffe Moeren GmbH & Co. KG (Hagebaumarkt) dabei ist, den Betrieb erneut zu erweitern, und dazu das alte Gebäude, in dem bisher die Geschäftsleitung untergebracht war, bereits abgerissen ist, ist es sinnvoll, sich den alten Baubestand an diesem Teil der Lindenstraße Mitte des 20. Jahrhunderts in Erinnerung zu rufen.

Damals sah die Straßenfront an der westlichen Seite der Lindenstraße von der Einmündung der Rheinstraße in nördlicher Richtung anders aus, da die Häuser mit den Hausnummern 27 – das „Hotel zur Linde“, 25 – ein Wohnhaus, 23 – das Wohn- und Geschäftshaus von Heinrich Moeren, zuletzt Firmensitz der Baustoffe Moeren GmbH & Co. Hagebaumarkt und 21 – die „Gastwirtschaft „Em Mösje“, über Jahrzehnte das Gesicht der Lindenstraße in diesem Teilstück geprägt haben.

Betriebsgelände

wurde erweitert

Das Hotel „Zur Linde“ wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut. Dazu gehörten im hinteren Teil des Grundstücks ein Saal und ein Biergarten. Zusammen mit dem nördlich angrenzenden Grundstück mit einem aufstehenden Wohnhaus, Nummer 25, wurde das Eckgrundstück mit dem Hotel „Zur Linde“ in den 60er Jahren von der Firma Moeren gekauft, die darauf stehenden Gebäude abgerissen und mit den Grundstücken das Betriebsgelände erweitert.

Das Grundstück mit der Hausnummer 23 gehörte schon vor 1900 als Betriebsgelände zum Baumarkt von Johann Heinrich Moeren, der auf diesem Grundstück primär den Stahlhandel abwickelte.

Das jetzt abgerissene Geschäftshaus auf diesem Grundstück wurde 1935 von Heinrich Moeren, dem Sohn des Betriebsgründers Johann Heinrich Moeren, als Wohn- und Geschäftshaus 1935 (Bauerlaubnis vom 18. Februar 1935) errichtet und ist seitdem Firmensitz der Baustoffhandlung Moeren, heute der Baustoffe Moeren GmbH & Co. KG – Hagebaumarkt.Das Haus wurde von dem Maurer Matthias Feret im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts gebaut. Er hat dann auch als erster Wirt die Gastwirtschaft geführt. Seitdem waren immer Angehörige der Familie Feret Betriebsinhaber. Das Anwesen wurde von der Firma Moeren zu Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zur Betriebserweiterung gekauft und die aufstehenden Gebäude abgerissen. Heute führt über das Grundstück die Zufahrt zum Betriebsgelände der Firma Moeren.

Zwei Schankwirtschaften

eng nebeneinander

Nicht allgemein üblich ist es, dass im ländlichen Bereich zwei Schankwirtschaften so eng nebeneinander an einer Straße errichtet wurden wie hier an der Lindenstraße in der Nähe der Kreuzung Rheinstraße/Lindenstraße.

Ein Grund für die Errichtung des Hotels „Zur Linde“ und der Gastwirtschaft „Em Mösje“ gerade an dieser Straße mag die Nähe zu der über der Bahnlinie gelegenen Plattenfabrik gewesen sein, die 1870 ihren Betrieb in Sinzig begonnen hatte und deren einzige Zufahrt und Zugang damals über die Rheinstraße und den Bahnübergang möglich war.

Das bedeutete für die in der Fabrik beschäftigten Arbeiter, dass auch fast alle Arbeiter nur über diese von der Lindenstraße abzweigende Straße ihre Arbeitsstelle erreichen konnten. Dort beschäftigt waren zu Beginn des Ersten Weltkrieges rund 300 Menschen (Sieler Jürgen, „100 Jahre AGROB in Sinzig“ im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1971, S. 121).

Damals fuhren die Arbeiter und Arbeiterinnen noch nicht mit einem eigenen Auto zur Arbeitsstelle, sondern sie kamen zu Fuß oder mit dem Fahrrad oder vereinzelt mit der Eisenbahn nach Sinzig. Die Arbeiter erhielten ihren Lohn wöchentlich am Samstag in einer Lohntüte bar in die Hand, eine Form der Lohnzahlung, die bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts allgemein üblich war.

Da war es für manchen Lohnempfänger schwer, der Versuchung zu widerstehen, direkt schon einen Teil des Lohnes für eigene Bedürfnisse, das heißt für Alkohol, in der nächsten Kneipe auszugeben.

Bei dem damals knappen Lohn des einzigen Ernährers der Familie führte dies dann am Lohnzahlungstag oft auch zu innerfamiliären Auseinandersetzungen, wenn der Mann mit mehr oder weniger reduziertem Lohn nach Hause kam.

Manche resolute Ehefrau erschien auch am Tag der Lohnzahlung vor dem Fabriktor, um ihren Mann nach Feierabend schon da zu empfangen und von ihm den erhaltenen Arbeitslohn beziehungsweise einen Teil davon zu fordern.

Gleich nach der Arbeit

dem Alkohol gefrönt

Die Lage der Schankwirtschaften an der Lindenstraße war somit quasi „vor der Haustür“ der Plattenfabrik, sodass die Arbeiter mit Gelüsten nach Alkohol schon hier einkehren konnten, bevor sie den weiteren Heimweg antraten. Zur Rentabilität dieser Wirtschaften trug auch bei, dass die Lindenstraße im Laufe der Zeit durch die Bebauung im Gebiet östlich der Bahnlinie ihre Lage am Rande der Stadt verlor und die Schankwirtschaften an der Lindenstraße auch von zahlreichen Bewohnern der Umgebung aufgesucht wurden. Infolge der geänderten Lebensverhältnisse ist heute sicherlich ein Bedarf für die beiden Schankwirtschaften an der Lindenstraße nicht mehr gegeben, sodass ihre Schließung nicht als Verlust angesehen werden kann. Dies gilt aber nicht für die Gebäude, in denen sie betrieben wurden. Durch den jetzigen Abriß des letzten Wohn- und Geschäftshauses und die Erweiterung der Verkaufsfläche ist die Umwandlung der einstmals mit Geschäfts- und Wohnhäusern genutzten Flächen in eine Gewerbefläche mit Verkaufshalle und Lagerplatz sichtbar vollzogen.