Die Inhaberin des Hotel Hohenzollern Ester Glöde-Volkermann blickt auf die Zeit nach der Flut zurück

Tourismus: Es kommen mehr junge Menschen an die Ahr

Tourismus: Es kommen mehr
junge Menschen an die Ahr

Das Team des Hotel Hohenzollern mit Inhaberin Ester Glöde-Volkermann (7.v.r.) Foto: ROB

30.05.2023 - 12:50

Ahrweiler. Im ehrwürdigen Hotel Hohenzollern herrscht wieder reger Betrieb. Hotelgäste machen es sich bei einem Glas Spätburgunder im Weingarten gemütlich oder genießen beim Frühstück das Panorama auf der Aussichtsterrasse. Unten im Tal sieht es eigentlich genauso wie immer. „Wie immer“ ist von dieser Warte aus betrachtet aber ein flexibler Begriff. Denn das Hotel Hohenzollern hat, hoch oben über Bad Neuenahr-Ahrweiler gelegen, die Welt schon oft im Wandel gesehen. 1905 gegründet, stand hier ein Café, das zeitweise „Zur schönen Aussicht“ heißen sollte. Stattdessen, inmitten der Kaiserzeit, wurde die Gastronomie nach dem Adelsgeschlecht von Hohenzollern benannt. „Das passte einfach besser in diese Zeit“, vermutet die heutige Inhaberin Ester Glöde-Volkermann. Die Jahre zogen vorbei und das Lokal blickte von oben auf eine Stadt die zwei Kriege sah und andere Katastrophen. Katastrophen, wie die Flut.


Eine denkwürdige Nacht


An die schicksalhafte Nacht vom 14. und 15. Juli hat Glöde-Volkermann intensive Erinnerungen. Denn zum Zeitpunkt als das Wasser kam, herrschte im „Hohenzollern“ noch reger Betrieb. Die Hotelbesitzerin erinnert sich an Menschen in Walporzheim, die mit Taschenlampen auf sich aufmerksam machen wollten. Oder an die Geräusche. Das Rauschen der angeschwollenen Ahr und das metallische Scheppern, wenn fortgerissene Autos aufeinander knallten. Schon am Abend kamen Einwohner von Ahrweiler und Walporzheim zum hoch gelegenen Hotel, um dort Schutz zu suchen.

Das „Hohenzollern“ war zu diesem Zeitpunkt gut belegt und die Gäste, die ein Zimmer in Richtung Wald gebucht hatten, bekamen auch am nächsten Morgen zunächst nicht mit, dass sie sich mitten in einer der größten Naturkatastrophen der Nachkriegszeit in Deutschland befanden. Nur der Geruch nach Heizöl war zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich. Außerdem war der Strom ausgefallen. Glöde-Volkermann und ihr Team rieten den Gästen schließlich zur Abreise. Der Weg nach Hause war für die meisten Besucher unproblematisch, denn der Weg zur Autobahn über die Umgehung war frei.


Große Solidarität


Für die nächsten sechs Wochen wurden Flutbetroffene im Hotel einquartiert und versorgt, was dank Lebensmittel - und Ausrüstungsspenden gut gelang. Schließlich änderte sich das Hotelklientel und Handwerker, die im Tal beim Wiederaufbau mit anpackten, zogen ein. Dies blieb bis etwa Ende 2021 so, erinnert sich Glöde-Volkermann. Dann begann ganz langsam der Normalbetrieb. Erstaunlich war, dass zunächst die Gäste aus den Benelux-Ländern wieder an die Ahr kamen. „Diese Gäste hatten eine ganz andere Einstellung mit der Katastrophe umzugehen“, blickt Glöde-Volkermann zu. Während bei deutschen Gäste eher Zurückhaltung geboten war - man wollte schließlich nicht als Katastrophentourist oder Gaffer gelten - verstanden die Besucher aus den Niederlanden, Belgien und Luxemburg sofort, dass eine touristisch geprägte Region wie das Ahrtal Gäste braucht, um den Wiederaufbau zu finanzieren.

Langsam aber sicher normalisierte sich die Lage und die Auslastung ist heute ähnlich wie vor der Katastrophe. Und dennoch hat sich seit der Flut das Klientel im „Hohenzollern“ geändert: Es kommen mehr jüngere Menschen an das Ahr. Oft seien dies Helfer gewesen, sagt Glöde-Volkermann, die nun das Ahrtal auf eine andere Art entdecken wollen. Der Spruch „Alle elf Minuten verliebt sich ein Helfer in das Ahrtal“ sei durchaus richtig, erläutert die Hotelchefin mit einem Lächeln.


Verändertes Freizeitverhalten


Auch die Ansprüche der Menschen, die von Ahr und Ahrtal begeistert sind, haben sich geändert. Die Besuchern sind gerne aktiv und draußen unterwegs und genießen Speisen und Getränke. Veranstaltungen wie der „AhrWeinWalk“ treffen da genau den Geschmack der Besucher.

Ester Glöde-Volkermann ist sich sicher, dass der eingeschlagene Weg in Sachen Tourismus der Richtige ist. Und wie sieht es mit der viel beschworenen Modellregion nach dem Neuaufbau aus? „Es geht manchmal nur schleppend voran“, findet die Hotelchefin. Gerade in Bezug auf die Verhinderung einer neuen Flut wünsche sie sich mehr Einsatz. Noch immer sei nicht klar, wo und wie Regenrückhaltebecken errichtet werden können. „Eine offenere Kommunikation wäre hier wünschenswert.“ Auch beim Thema E-Mobilität sei manches Thema ausbaufähig. Viele Menschen haben E-Bikes und Pedelecs, aber es mangele an der Ahr weiterhin an E-Lade-Station. Auch ein Schnellradweg würde die Region voranbringen. Positiv war der zügige Wiederaufbau der Ahrtalbahn, die bis 2025 wieder bis Ahrbrück fahren soll und seit Ende 2021 schon wieder bis Walporzheim fährt. „Das war eine tolle Leistung der Bahn“, findet Glöde-Volkermann und auch der Tourismus profitiere von einem guten Bahnanschluss.

Im Grunde sei die touristische Vermarktung des Ahrtal auf einem guten Weg, ist sich sicher. Nun freut sich Ester Glöde-Volkermann gemeinsam mit ihrem Team auf einen Sommer, der etwas normaler wird als die vorherigen.

ROB

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