Theater auf der Landesbühne in Neuwied: Rain Man

Von Vätern und Söhnen und Brüdern

Von Vätern und Söhnen und Brüdern

Charlie und Ray machen Las Vegas unsicher.Foto: Schlosstheater/Landesbühne

Von Vätern und Söhnen und Brüdern

Susan und Charlie betreuen Raymond. Ob das wohl gut geht?Foto: Schlosstheater/Landesbühne

Neuwied. Wie sehr ist unser Unterbewusstsein aktiv und bestimmt unsere bewussten Aktionen? Was speichert das Gehirn des „Normalen“ im Laufe des Lebens und wie sehr werden wir durch Kindheitserlebnisse beeinflusst? Das Stück „Rain Man“ wurde prominent verfilmt im Jahre 1988 mit Tom Cruise und Dustin Hoffman. Für die Bühne hat Dan Gardon Barry Morrows Geschichte „eingedampft“ und auf das Wesentliche komprimiert. Es ist die Geschichte der ungleichen Brüder Raymond und Charlie Babbit, die als Kinder getrennt wurden. Der eine ist Autist und verschwand in einer Betreuungseinrichtung, der andere wächst „normal“ auf, mit allen Konfrontationen, die Väter und Söhne so haben. Ergebnis ist eine zerstörte Familie, und hier beginnt die Geschichte. Nach dem Tod des Vaters lernen sich die beiden Brüder erneut kennen. Bei einer wilden Fahrt durch die USA nähern sich beide einander an und bauen langsam eine Beziehung auf. Rüdiger Pape als Regisseur und Flavia Schwedler als Ausstatterin hatten keine leichte Aufgabe. Das Bühnenbild ist faszinierend einfach gestaltet und doch höchst effektiv, dient es mit seinen Röhren und Pappbechern, die mit unterschiedlichen Lichtfarben angestrahlt werden, sowohl als Stimmungsmacher, als auch als intensive Darstellung des Autistenwesens. Die zur Szene benötigten Möbel reduzieren sich auf ein Klappbett, eine Stehlampe, wenige Klappstühle und ein englisches Ledersofa. Damit werden alle benötigten Räume glaubhaft dargestellt, immer gegenwärtig die Rückwand und die Pappbecher. Und das Beste: Selbst der Buick des Vaters passt auf die Bühne als an einer Schnur kreisendes Modell. Super. Charles Ripley überzeugt als Raymond mit einer großen Spielintensität. Immer mit einem Baseballhandschuh unterwegs ist er unberührbar, jede Veränderung im gewohnten Ablauf erhöht die Gefahr eines Anfalls. Dann verzögert sich das Spiel zur Zeitlupe, der Zuschauer fällt aus der Handlung, die vielleicht zuvor gerade besonders lustig war. Das Licht ändert sich schlagartig, die Umstehenden sind machtlos. Vor allem Charlie, anfangs nur am Millionenerbe interessiert, hat damit zu kämpfen. Marius Bechen ist als Charlie – Darsteller gut gewählt, denn er verkörpert perfekt den Dandy, der sich um nichts kümmert, als um sich selbst. Im Laufe der Handlung wandelt er sich zum Kümmerer und findet einen Zugang zu Ray, den zuvor niemand hatte, Brüder halt.Auch Lisa Sophie Kusz als Charlies Freundin Susan wirkt überzeugend, zauberhaft in der Szene, als Raymond ihr das Tanzen beibringt. Die wandlungsfähige Eva Horstmann dagegen überzeugt in gleich mehreren Rollen, als Testamentseröffner, als Arzt oder Betreuer, ebenfalls eine gute Wahl. Und die Moral von der Geschichte? Es gibt keine, das Ende ist offen, aber Regisseur, Darsteller und Ausstatter haben es verstanden, dem Zuschauer ein komplexes Thema unterhaltsam und ohne erhobenen Zeigefinger näher zu bringen. Bis zum 16. Oktober finden noch Vorstellungen statt. Informationen und Karten hierzu gibt es auf https://schlosstheater.de oder unter Telefonnummer 02631-22288.