Auszeichnung mit der Verdienstmedaille des Landes
Weil das Ehrenamt keine Einbahnstraße ist
Hildegard Schneider engagiert sich seit 26 Jahren beim Hospiz-Verein
Kreis Ahrweiler. Andere machen einen Bogen um das, womit sie sich befasst: Themen wie Sterben, Tod und Krankheit. Hildegard Schneider aus Bad Neuenahr-Ahrweiler hat nicht nur 47 Jahre im Krankenhaus gearbeitet. Darüber hinaus engagiert sich die gelernte Krankenschwester und Fachschwester für Anästhesie und Intensivmedizin seit Jahrzehnten auch ehrenamtlich auf diesem Gebiet, und dabei ist ihr Ehrenamt für sie keine Einbahnstraße. Das merkt man schnell, wenn man sich mit der Kreisstädterin unterhält, deren Verdienste für die Gesellschaft und ihre Mitmenschen die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin jetzt mit der Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz gewürdigt hat. Die Auszeichnung übergab ihr Dr. Ulrich Kleemann, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, in Koblenz.
„Mit rund 30 Wochenstunden ehrenamtlicher Vereinsarbeit engagieren Sie sich weit über das zu erwartende Maß hinaus“, erklärte er mit Blick auf ihr Engagement in der Hospizbewegung des Kreises Ahrweiler. Schließlich liegen Hildegard Schneider Kranke, auch und gerade solche mit einer lebensverkürzenden Erkrankung, besonders am Herzen. Nachdem sie unter anderem im Bad Neuenahrer Krankenhaus Maria Hilf bis zu ihrem Vorruhestand 2012 stolze 23 Jahre lang als Pflegedienstleiterin tätig war, ist sie im Vorstand des Fördervereins der Klinik tätig und außerdem seit 2013 Patientenfürsprecherin im Sankt Josef Krankenhaus in Adenau. Bereits seit 1992 ist sie überdies als Gründungsmitglied im Hospiz-Verein Rhein-Ahr aktiv und im insgesamt zwölften Jahr stellvertretende Vorsitzende des mittlerweile auf rund 1300 Mitglieder angewachsenen Vereins. Schwerpunktmäßig koordiniert sie die Begleitung von Patienten sowie die Begleitung und Unterstützung der von ihr auch ausgebildeten ehrenamtlichen Hospizbegleiter. Sie hält Vorträge, macht Öffentlichkeitsarbeit und organisiert jährlich einen Fortbildungskatalog für die Ehrenamtlichen des Vereins, für die sie auch stets Ansprechpartnerin ist.
Als Hospizbegleiterin hat Schneider selbst bislang rund 150 Menschen zum Ende ihres Lebens begleitet. Sie nennt es nicht Sterbe- sondern lieber Lebensbegleitung. Nicht zuletzt, weil auch die Begleitung der An- und Zugehörigen dazu gehöre. Und sie macht es, weil sie auch für sich viel aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit zieht und sich ihr eigenes Leben ohne das kaum mehr vorstellen kann. „Jeder, der geht, belehrt uns ein wenig über uns selber“, heißt es in einem Gedicht, der Lyrikern Hilde Domin, das auch Kleemann bei der Feierstunde zu Verdienstmedaille zitierte. Schneider stimmt zu und ergänzt:„Ich bin durch meine ehrenamtliche Tätigkeit gelassener, umsichtiger und achtsamer geworden. Manchmal muss man sich ganz zurücknehmen, Schweigen aushalten, einfach da sein. Durch die individuellen Lebenswege, die ich kennenlerne, überprüfe ich auch immer wieder meinen eigenen Lebensweg. Ich kann entscheiden, was ich mir aufbürden möchte, womit ich mich befassen möchte. Und gleichzeitig sehe ich klarer, was wichtig und was schön im Leben ist.“
Schon als Schülerin ehrenamtlich aktiv
Schon als Schülerin in Traben-Trarbach hat sich die gebürtige Moselanerin ehrenamtlich drei Jahre lang alle zwei Wochen sonntags im Krankenhaus betätigt. „Das hat auch dazu beigetragen, dass ich Krankenschwester geworden bin“, sagt Schneider. Als sie 16 Jahre alt war, starb ihr Vater an Krebs. Er wurde bis zuletzt begleitet von der Mutter und umsorgt von seinen Liebsten. Auch das hat Hildegard Schneider geprägt, die überzeugt ist, dass eine gute Begleitung Menschen würdevoll, zufrieden und friedvoll sterben lässt. Dabei spricht Schneider auch von der Freiheit der Begeleiteten, ihren Hospizbegleitern jeden Wunsch zu offenbaren, aber auch von der Freiheit der Hospizbegleiter als Ehrenamtliche Zeit zu haben, sich ganz auf ihr Gegenüber einzulassen, ohne einer Institution verpflichtet zu sein oder an die Dokumentation denken zu müssen.
„Es ist eine 1:1-Begegnung, in die man viel hineingibt und bei der man Kommunikation mit allen Sinnen betreibt, nicht nur mit Worten. Aber es ist auch eine Begegnung, bei der man viele Botschaften empfängt, viel zurückbekommt und große Zufriedenheit für sich erfährt.“ Was doch belaste, werde durch die Reflexion mit ausgebildeten Supervisoren für die Hospizbegleiter zu etwas Bereicherndem. In der Hospizarbeit zählen oft auch die kleinen Momente und alltägliche Wünsche.
Motivation für ihr Tun zieht Schneider auch aus dem Vertrauen und der Dankbarkeit, die sie von den Begleiteten und den Zugehörigen erfährt. Besonders wichtig ist ihr, dass sie mit ihrer Arbeit dazu beiträgt, Sterben und Tod aus Tabuzone herauszuholen: „Ich möchte jeden ermutigen, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen und das nicht anderen zu überlassen. Weil diese Auseinandersetzung jedem gut tut.“
