Veranstaltung des Koblenzer Bündnisses für Familie stieß auf große Resonanz
Wohin mit der Trauer am Arbeitsplatz?

Koblenz. Um Trauer am Arbeitsplatz ging es bei einer Podiumsveranstaltung des Koblenzer Bündnisses für Familie. Ein Thema, das interessiert - darauf lassen zumindest die mehr als hundert Teilnehmer schließen, die den Ausführungen der Experten im Kemperhof folgten. Es war kein leichtes Thema, das die Organisatoren der Bündnis-Arbeitsgruppen „familienbewusste Personalpolitik“ und „Beratung“ zur Diskussion stellten: Tod und Trauer lösen selbst im engsten Freundeskreis mitunter Sprachlosigkeit aus - am Arbeitsplatz scheinen sie oft völlig fehl am Platz. Und dennoch müssen Kollegen und Unternehmensleitungen sich immer wieder mit dem Sterben auseinandersetzen. Egal, ob ein Kollege einen nahen Angehörigen verliert oder die Kollegin selbst plötzlich stirbt und eine unübersehbare Lücke hinterlässt: Der Tod verunsichert die Belegschaft sichtlich, denn kaum jemand weiß, wohin mit der „Trauer am Arbeitsplatz“.
Trauer der Mitarbeiter sollten Unternehmen nicht ignorieren
„Dabei wird der Betriebsablauf durch einen Todesfall immer gestört - schließlich ist er für die Hinterbliebenen eine Lebenskatastrophe.“ Ursula Bäumges Lehrtherapeutin für Supervision, Systemische Familien- und Paartherapeutin, Integrative- und Gestalttherapeutin und Expertin für Trauerarbeit, hatte die Aufgabe übernommen, die Besucher mit grundsätzlichen Informationen zum komplexen Thema zu versorgen. Und die Expertin bezog klar Stellung: Unternehmen, die die Trauer ihrer Mitarbeiter ignorierten, müssten nicht nur über längere Zeit mit einem deutlichen Leistungsabfall des Betroffenen leben, ein solches Tabu koste den Betrieb auch viel Geld. Das belege eine amerikanische Studie. Deshalb appellierte Ursula Bäumges für eine Trauerkultur in Unternehmen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in schwierigen Lebenssituationen helfe, ihr seelisches Gleichgewicht und damit auch ihre Arbeitskraft wieder herzustellen.
Neben ganz konkreten Vorschlägen dazu, wie eine solche Unterstützung aussehen kann, gab die Expertin auch Einblick in die verschiedenen Phasen der Trauer. Doch auch wenn gewisse Muster im Umgang mit dieser schmerzhaften Erfahrung erkennbar seien, gebe es kein einfaches Schema, das man abarbeiten könne. „Jeder Mensch trauert anders. Trauer hat viele Gesichter und ist sehr individuell, aber sie wirft den, den sie trifft, immer aus der Bahn.“ Deshalb brauche Trauer Begleiter - auch im Unternehmen. Wie erfolgreich diese arbeiten können, hänge in erster Linie von der Geschäftsleitung ab. „Denn dem Beispiel des Chefs oder Chefin folgen die Mitarbeiter - im Guten wie im Schlechten.“
Mehr Sensibilität für das Thema
Auf dem Podium und in der sich anschließenden Diskussion gab es Beispiele für beides: die schmerzhafte Erfahrung, mit der eigenen Trauer übersehen zu werden, aber auch vielversprechende Ansätze, die dazu beitragen können, dass es rund ums Deutsche Eck in Zukunft eine größere Sensibilität für das Thema geben könnte. So berichtete Dr. Ursula Engelfried-Rave von einem Forschungsprojekt der Uni Koblenz zum Thema Trauer am Arbeitsplatz, das sich dank der Kooperation mit Familienbündnis und HwK durch seinen engen Bezug zur betrieblichen Realität auszeichne. Barbara Koch, Personalleiterin der HwK, stellte die „Initiative Trauerbegleitung am Arbeitsplatz“ vor, die ein Konzept zum besseren Umgang mit Sterben und Trauer für kleine und mittlere Betriebe entwickelt hat - das zur allgemeinen Überraschung besonders bei großen Unternehmen auf reges Interesse stoße. Auf Seminare zur Trauerarbeit machte die Sozialpädagogin und Trauerbegleiterin Rose Merfels aufmerksam. Ihre These: „Trauer ist keine Krankheit, aber unbeachtete Trauer kann krank machen.“ Ihre ganz persönliche Trauererfahrung steuerte Ramona Mika-Lorenz bei, die Gleichstellungsbeauftragte des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein, wobei sie die These von Ursula Bäumges unterstrich, dass die Zeit gerade in Bezug auf Trauer eben nicht alle Wunden heilen kann. „Es gibt Momente, in denen hört die Welt auf sich zu drehen. Und wenn sie sich dann wieder dreht, ist nichts mehr, wie es vorher war.“
Pressemitteilung
Koblenzer Bündnis für Familie