Sondersitzung des Kreistages Mayen-Koblenz
Landkreis gelingt der Haushaltsausgleich „ohne größere Schmerzen“
Kommunalaufsicht ADD unterstützte wohl mit kreativen Ideen

Mayen. Die schlechte Nachricht, die Landrat Dr. Saftig auf der letzten Kreistagssitzung im März verkünden musste, war die Ablehnung des im Dezember beschlossenen Haushalts 2023 durch Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Die Genehmigungsbehörde verlangte Nachbesserungen, weil das vorgelegte Werk mit einem Minus von 7,7 Mio. Euro abschloss und damit den vorgeschriebenen Ausgleich deutlich verfehlte. Seinerzeit hatte man sich darauf verständigt, für die nötigen Änderungen am 25. April eine Sondersitzung des Kreistages einzuberufen, mit nur diesem einen Tagesordnungspunkt. Scheinbar selbst überrascht und auch ein wenig amüsiert eröffnete der Landrat die Sitzung und stellte dabei fest, dass zwar schon wieder eine Sondersitzung nötig war, diese aber glücklicherweise nicht schon wieder das Gemeinschaftsklinikum betraf.
Natürlich war die Kreisverwaltung nicht unvorbereitet in die Sitzung gegangen und hatte schon am Vortag den Kreisausschuss über die zu beschließenden Änderungen informiert. Der Ausschuss hatte die Vorschläge beschlossen, weil damit der Haushaltsausgleich oder sogar eine schwarze Null erreicht werden konnte, die Genehmigung in greifbare Nähe rücken und der Landkreis damit endlich von den Einschnürungen der vorläufigen Haushaltsführung befreit würde.
Jugendämter als Glücksfall
Die eigenen Jugendämter der Städte Andernach und Mayen, sonst eher ein Zankapfel, waren für den zu erreichenden Haushaltsausgleich diesmal ein Glücksfall. Auf den Hinweis der Stadt Andernach, dass vom Kreis Überzahlungen in Höhe von rund 6 Mio. Euro geflossen waren, konnte der Ansatz auf etwa 4,2 Mio. Euro gekürzt werden. Immerhin können 6 Mio. Euro einer Erhöhung der Kreisumlage um rund 2 Prozent gleichgesetzt werden, die nun in der Höhe nicht mehr nötig sein würde.
Erhöhung der Kreisumlage fällt geringer aus
Die neu dem Kreistag vorgelegten Zahlen enthielten sogar schon die just am Sonntag zuvor in Potsdam erzielte Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst. Die Einigung fiel für das Geschäftsjahr 2023 geringer aus als zunächst veranschlagt. Auch deshalb konnte die erst einmal geplante und nötige Erhöhung der Kreisumlage von 0,5 % auf nur noch 0,38 % reduziert werden. Dies zum Haushaltsausgleich „ohne größere Schmerzen“. Sehr schmerzlich verblieben dadurch aber die Änderungen beispielsweise in der Bauunterhaltung und von neuen Investitionen in Schulen, für die kein Geld mehr vorhanden ist.
SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Hütten regte an, auf die noch verbliebene Erhöhung der Kreisumlage vollkommen zu verzichten, indem Kürzungen in gleicher Höhe, also von rund 1,1 Mio. Euro im Personalhaushalt vorgenommen werden sollten. Das wäre möglich, so der langjährig als Andernacher Oberbürgermeister erfahrene Kommunalpolitiker, ohne dass die Beschäftigten auch nur auf einen einzigen Cent oder Beförderungen und anderes verzichten müssten. Die neu auf rund 43 Mio. Euro kalkulierten Personalaufwendungen sollen nämlich auch üblicherweise Kosten enthalten für unweigerlich auftretende längerfristige Erkrankungen des Personals, die dann teilweise von den Krankenkassen übernommen werden. Mit dieser Idee stand die SPD-Fraktion jedoch im Kreistag und unverständlicherweise alleine da. Die sonst eher gehasste Erhöhung der Kreisumlage wurde in diesem Fall lieber mit den Stimmen aller anderen Fraktionen mehrheitlich beschlossen.
Kommunalaufsicht
Eine ungewöhnliche Rolle beim Haushaltsausgleich soll in diesem Fall die sonst oftmals kritisierte und bei ihrem Vorgehen getadelte Genehmigungsbehörde ADD gespielt haben, mit der viele Haushaltsfinessen bereits abgesprochen sein sollen bzw. auf deren Anregung hin, überhaupt erst möglich wurden. So reicht die offenbar abgestimmte Ausgabeermächtigung des Kreises bei den Jugendämtern in Höhe von 4,2 Mio. Euro augenscheinlich nicht aus, um die korrespondierende Einnahme im Haushalt der Stadt Mayen in Höhe von 9 Mio. Euro zu decken. Aber auch dieser soll dem Vernehmen nach bereits mit der ADD zusammen abgestimmt worden sein. Eine wundersame Geldvermehrung zum Ausgleich beider Haushalte also, die das eigentlich besonders von der Kommunalaufsicht zu verteidigende Gebot von Haushaltswahrheit und -klarheit irgendwie infrage stellt.
WEC