Politik | 26.01.2021

Leserbrief zur Unkelbach-Renaturierung

Pferd von hinten aufgezäumt?

Unkelbach. Zu einer Zeit, in der hinter des Bürgermeisters Haus längst ein wirksames Überflutungsschutzprojekt unter Inanspruchnahme eines Teils einer festgesetzten Naturschutz-Ausgleichsmaßnahme hergestellt worden ist, warten nach drei Jahrhunderthochwässern schwergeprüfte Unkelbacher noch immer auf einen belastbaren Hochwasserschutz für ihr unmittelbares Lebensumfeld.

Der Unkelbach steht als Gewässer III. Ordnung gesetzlich in der laufenden Unterhaltungspflicht der Stadt Remagen. Diese hat jedoch seit Jahren versäumt, die notwendigen Arbeiten auszuführen. Deshalb ist der heutige Gewässerzustand auf der gesamten Gewässerlänge, nicht nur in der Ortslage, stark verbesserungsbedürftig. Nach den drei Jahrhunderthochwässern in den letzten 10 Jahren plant die Verwaltung nun die „Renaturierung“ eines Bachabschnitts unterhalb des Ortskerns. Die Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit des Vorhabens, am Unterlauf des Unkelbachs eine 310 m lange Bachstrecke umzubauen, wird jedoch angezweifelt.

Was sind die Fakten?

Die Ausschreibung vom Mai 2020 sieht den Einbau von 1.810 t Fremdmassen auf 310 m Bachlänge vor, zusätzlich noch weitere 460 cbm sonstige Schüttgüter für eine Wegebaumaßnahme einzig mit dem Ziel, mit Schwergerät die Baustelle erreichen zu können. In Summe entspricht dies etwa 9 Tonnen Material je Meter Bachlauf. Allein die in diesem Jahr im Haushalt der Stadt eingestellten Kosten – alles Steuergelder, Fördermittel eingerechnet – belaufen sich auf 295.000 Euro, das sind über 950 Euro je Meter Bach des aktuell beplanten kurzen Teilstücks.

Die Antragsunterlagen, die ohne Änderung von der Kreisverwaltung Ahrweiler genehmigt wurden, weisen dabei schwerwiegende Fehler auf: In der Artenschutzuntersuchung wurden eine Reihe streng geschützter Tierarten und sogar FFH-Arten, die nachweislich im geplanten Baufeld vorkommen, nicht erfasst. Das bekannte Vorkommen einer Reihe von Fledermausarten am Unkelbach wurde gar nicht erst untersucht; das vorliegende Gutachtenfragment entspricht zudem nicht den methodischen Anforderungen. Die von Bürgern im Jahr 2020 erstellte Fotodokumentation von im Baufeld vorkommenden Arten wie Feuersalamander, Hirschkäfer und Spanischer Flagge, von denen jede einzelne einen Baustopp auslösen kann, liegt den Fachbehörden längst vor – dennoch zeigen diese Fachbehörden keinerlei Reaktion, sondern haben – ganz im Gegenteil – bislang noch alles abgesegnet.

Im Vollzug der EU-Wasserrahmenrichtlinie war Deutschland verpflichtet, das Wasserhaushaltsgesetz anzupassen. Seither muß bei allen wasserwirtschaftlichen Planungen nachgewiesen werden, dass der Zustand eines Gewässers sich durch eine Maßnahme nicht verschlechtern darf, sondern möglichst verbessert werden muss (wasserwirtschaftliches Verschlechterungsverbot). Dies setzt u.a. auch eine Alternativenprüfung voraus: Ist das Planungsziel auch mit anderen, geringer invasiven Methoden erreichbar? Eine solche Prüfung wurde nicht erstellt. Daher verstößt die geplante „Renaturierungsmaßnahme“ gegen EU-Recht und auch gegen nationales Recht.

Die Stadtverwaltung führt an, die Maßnahme sei unabweisbar erforderlich, weil bereits die Standsicherheit von Gebäuden gefährdet sei. Eben dieser Nachweis konnte jedoch nicht geführt werden: Für die seit Jahrzehnten vorhandenen Gartenhäuschen innerhalb des nach den Wassergesetzen bestehenden Schutzabstandes liegt auch kein Bestandsschutz oder irgendeine Haftung der Stadt vor, sodass deshalb keine Maßnahmen notwendig sind.

In den Jahren 2005 bis 2011 wurde die „Renaturierung“ des Bandorfer Baches geplant und umgesetzt; noch in der letzten Ratssitzung wurde das Ergebnis als gelungen gewürdigt. Tatsächlich ist heute festzustellen, dass nicht die geplanten und genehmigten Flachwasserzonen mit Gehölzsäumen hergestellt wurden, sondern ein canyonartig in Wasserbausteinen eingequetschter Kanal, der demzufolge auch heute wieder zu Tiefenerosion neigt. Wäre nicht zeitgleich unterhalb der Schmelzmühle ein großes Rückhaltebecken hergestellt worden, dann wären die dortigen Wohnhäuser sicherlich seither erneut überflutet worden.

Gibt es Alternativen?

Der Unkelbach, der überwiegend im Bereich von Hang- und Verwitterungslehm verläuft, hat sich wie andere Waldbäche in der Region auch, in den Untergrund eingegraben. Würde man auf diesem Lehm große Wasserbausteinen einbauen, entstünden Düsen, die eine unnatürliche Erosion begünstigen. Daher zeigt eine Veröffentlichung des Mainzer Umweltministeriums zur Aktion Blau auch auf, wie man mit naturnahen erprobten Methoden der Ingenieurbiologie solche Bäche kostengünstig, z.B. durch quer zur Fließrichtung eingebrachte Robinienpfähle in ihrer Gewässerstruktur stabilisieren kann. Bereits vor etwa 15 Jahren wurde von Anliegern und mit Unterstützung der Stadtverwaltung, die die Pfähle beschaffte und zur Verfügung stellte, ein Teilabschnitt des Baufeldes auf einer Grundstücksbreite stabilisiert. Die etwa alle sechs – acht Meter eingebauten Pfahlreihen führten bereits nach wenigen Wochen dazu, dass sich Laub, Schlamm und Geschwemmsel hinter den Pfahlreihen absetzten und sich die Bachsohle um etwa 30 cm anhob. Wenn man dann bachaufwärts zwischen den Pfahlreihen auf neuer Höhe weitere Pfahlreihen versetzt, gelänge es, ohne erhebliche bauliche Eingriffe und ohne hohen planerischen, baulichen und finanziellen Aufwand die Gewässersohle anzuheben und zu stabilisieren. Das auf nur einer Grundstücksbreite erfolgreich gestartete Pfahlreihen-Verfahren hat zwar seine Funktionstüchtigkeit bewiesen, aber aufgrund der nur punktuellen Ausführung leider einem der letzten Jahrhunderthochwasser nicht standgehalten. Warum setzt die Stadtverwaltung nun dieses auch kostengünstige Verfahren nicht fort?

Reihenfolge beachtet?

Nach den drei schweren Überflutungsereignissen sollte es für die Stadtverwaltung Remagen vorrangiges Ziel der Daseinsvorsorge sein, ihre Unkelbacher Bürger vor der Wiederholung eines solchen schwerwiegenden Unglücks zu schützen. Dieser Schutz kann jedoch nicht durch Maßnahmen unterhalb der Ortslage – wie aktuell von der Stadt geplant – erreicht werden, sondern einzig durch die Gewährleistung der gesetzlichen Gewässerunterhaltungspflicht für den Unkelbach und seiner Seitenbäche zwischen Oedingen und Unkelbach und auch innerhalb der Unkelbacher Ortslage. Wenn der Unkelbach z.B. an der Straße „Am Bach“ oder an der Einmündung „Am Lindengarten“ hoch verschlammt ist, kann das Gerinne bereits bei sonst geringfügigen Niederschlägen überlaufen. Und die einzig wirksame Schutzmaßnahme, nämlich die Planung und der Bau von Rückhaltebecken vor dem Ort, wurde bislang von der Stadtverwaltung nicht angepackt, und sogar von dem Planungsbüro als unwirksam abgetan. Die von der Stadt vor einigen Jahren jedoch im Wald oberhalb des Friedhofs in der Gemarkung „Im hohlen Weg“ ausgeführten angeblichen Rückhaltungen haben sich inzwischen als vollkommen funktionsuntüchtig erwiesen.

Was ist zu tun?

Der in der letzten Sitzung des Stadtrates am 11. Januar 2021 von der SPD- und der FDP-Fraktion eingebrachte Antrag, die gesetzliche Gewässerunterhaltung endlich in Angriff zu nehmen (aber auch nur die, keine ungesetzlichen Kahlschläge!) und die angebliche „Renaturierung“ am Unkelbach-Unterlauf zunächst zurückzustellen, bis wirksame Rückhaltemaßnahmen nach den Planungsgrundsätzen der Ingenieurbiologie (nicht des Tiefbaus) vor dem Ort geplant und umgesetzt sind, ist fachlich – so wie die Vorschläge des FWG-Kreistagsfraktionsvorsitzenden Seifert auch – nur zu unterstützen!

Der Rat sollte sich bei der Frage, wie es weitergeht, mit den Fakten und der Rechtslage auseinandersetzen, damit nicht noch mehr Geld für untaugliche Planungen und Maßnahmen in den Sand gesetzt wird.

Reinhold Langen,

Unkelbach

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