Kreistag beschließt neues Konzept

Restmüll wird künftig nur nochsechs Mal im Jahr kostenlos abgeholt

Restmüll wird künftig nur noch
sechs Mal im Jahr kostenlos abgeholt

Erst vor drei Wochen ist die größte Mülltonnen-Tauschaktion in der Geschichte des Landkreises erfolgreich beendet worden. 61.000 Haushalte hatten innerhalb weniger Tage 74.000 neue Behälter bekommen.Fix

Bad Neuenahr-Ahrweiler.. Jeder einzelne Bürger im Kreis Ahrweiler ist von der Entscheidung betroffen, die der Kreistag mit großer Mehrheit in seiner jüngsten Sitzung getroffen hat: Ab dem 1. Januar 2018 wird das Müllabfuhrsystem komplett geändert und zugleich ein neues Gebührenkonzept eingeführt. Lediglich die Sozialdemokraten stimmten gegen die Neuerung.

Künftig soll deutlich stärker als bisher das Verursacherprinzip zum Tragen kommen: Wer mehr Restmüll verursacht, muss auch mehr dafür bezahlen. So wird die graue Restmülltonne künftig nur noch alle vier Wochen geleert und nicht mehr wie bisher alle zwei Wochen. Auf der anderen Seite sollen zusätzliche Leistungen angeboten werden, etwa die „PLuS-Tonne“ für Haushalte mit Kleinkindern oder pflegebedürftigen Personen. Zudem wird das gesammelte Altpapier vergütet und die Biotonne häufiger als bisher geleert. Das soll letztlich dazu führen, dass die Müllgebühren für die allermeisten Haushalte geringer ausfallen als bisher - davon geht zumindest der Abfallwirtschaftsbetrieb in seiner Gebührenkalkulation aus. Die wurde ebenfalls mehrheitlich beschlossen.

Die wichtigste Änderung zum Jahresbeginn: Die Inhalte der grauen Tonne für „Reststoffe“ sollen nur noch alle vier Wochen abgeholt und entsorgt werden. In der ab 1. Januar geltenden Abfallgebühr sind allerdings pro Jahr nur sechs Leerungen inbegriffen. Wer seine Restmülltonne öfter rausstellt, wird für jede zusätzliche Leerung extra zur Kasse gebeten. Pro zusätzlicher Abfuhr werden dann, je nach Behältergröße, zwischen 3,09 (80 Liter) und 9,26 Euro (240 Liter) fällig.

Änderungen gibt es auch bei den Biotonnen: Die wöchentliche Sammlung wird um zwei Monate ausgedehnt, und zwar von April bis Oktober. Damit wird der Entsorgungsmehrbedarf für Grünschnitt sowie für alle Speise- und Küchenabfälle auf die gesamte Vegetationsperiode erweitert. Die beste Nachricht: Für gesammeltes Altpapier erhält der Bürger ab dem kommenden Jahr eine kilogenaue Gutschrift, die allerdings vom Marktpreis des Altpapiers abhängig ist und schwankt. Im statistischen Durchschnitt erhält demnach jede Person im Haushalt voraussichtlich 80 Kilogramm Altpapier im Jahr vergütet zum Schätzpreis von insgesamt 6,10 Euro.

Ein Zwei-Personen-Haushalt mit einer 80-Liter-Tonne müsste also zu seiner Basisgebühr von 133,20 Euro pro Jahr noch mal 18,53 Euro nachzahlen, wenn er tatsächlich alle vier Wochen seine Restmülltonne leeren lässt.

6,5 Prozent weniger

Weil er aber voraussichtlich im Gegenzug 12,20 Euro für das Altpapier vergütet bekommt, müsste er letztlich lediglich 139,52 Euro als Jahres-Müllgebühr berappen, mithin 9,2 Prozent weniger als noch 2017, denn derzeit bezahlt der Haushalt noch 152,40 Euro. Im Durchschnitt spart ein Haushalt künftig also 6,5 Prozent gegenüber den jetzigen Müllgebühren, hat der AWB in seiner Kalkulation errechnet. Bei allerdings nur noch halb so vielen Abfuhrterminen.

Das gilt allerdings nur für Haushalte mit Biotonne, Haushalte ohne diese müssten schlechterdings im Schnitt 13 Prozent mehr zahlen als bisher. Deshalb werde die Nutzung einer Biotonne in Zukunft für Privathaushalte deutlich attraktiver, so Werkleiter Sascha Hurtenbach, denn sie erhalten diese für einen Mehrbetrag zwischen 9,36 und 13,80 Euro pro Jahr, je nach Haushaltsgröße. „Natürlich darf parallel dazu weiter selbst kompostiert werden“, versichert Hurtenbach.

Wer also mehr Restmüll verursacht, muss auch kräftig für dessen Entsorgung berappen. Maximal möglich sind 13 Leerungen pro Jahr. Wem das mit der bisherigen Gefäßgröße nicht ausreicht, kann alternativ eine größere Mülltonne bestellen, muss dafür aber auch eine Extragebühr zahlen.

Neu ist die sogenannte „PLuS-Tonne“, die es bei Bedarf und auf Antrag gibt. Sie ist gedacht für Familien mit Kleinkindern und pflegebedürftige Menschen, die beispielsweise regelmäßig größere Mengen von Windeln benötigen. Sie wird alle zwei Wochen geleert, mithin sind 26 Leerungen im Jahr möglich. Wie oft die Tonne letztlich tatsächlich abgeholt wird, entscheidet der Bürger selbst, denn er zahlt nur die Leerungen, die er auch tatsächlich in Anspruch nimmt. Eine „PLuS-Tonne“ (80 Liter) kostet 2,75 Euro pro Leerung, ein 120-Liter Gefäß 4,12 Euro und ein 240 Liter-Gefäß 8,25 Euro. Für die Entsorgung von Pflege- und Sonderbedarf stehen darüber hinaus aber auch noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung, die nach Ansicht des AWB alle Eventualitäten abbilden sollten. Die systembedingten Mehrkosten liegen dort zwischen 13,87 und 32,42 Euro pro Jahr.

Wer etwa nur unregelmäßig einen „Windelbedarf“ hat, kann alternativ auch von Fall zu Fall einen 80-Liter-Restmüllsack für 3,09 Euro kaufen, der dann einfach am Leerungstag neben der normalen Restmülltonne bereitgestellt wird. Aber auch eine zusätzliche, zweite Hausmülltonne oder eine Aufstockung der vorhandenen auf ein größeres Volumen ist gegen eine höhere Gebühr möglich.

Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) erinnerte daran, dass erst vor drei Wochen die größte Mülltonnen-Tauschaktion in der Geschichte des Landkreises erfolgreich beendet worden sei. 61.000 Haushalte hätten innerhalb weniger Tage 74.000 neue Behälter bekommen. „Dies ist ein eindrucksvoller Beleg der Leistungsfähigkeit unseres Abfallwirtschaftsbetriebs und seiner Professionalität“, so Pföhler. Grundlage dafür sei das am 31. März beschlossene neue Abfallwirtschaftskonzept für die Jahre 2018 bis 2023 gewesen, das der Kreistag mit großer Mehrheit beschlossen habe.

Die zahlreichen Neuerungen ab 2018 hätten einen Grund: „Wenn wir unser Abfallkonzept jetzt nicht zukunftsgerichtet weiter entwickeln, hätte das eine erhebliche Gebührenerhöhung von mehr als 30 Prozent zur Folge - und das ohne neue Serviceleistungen.“ Allerdings sei das Gebührenniveau heute noch das gleiche wie im Jahr 2000. Die Leitprinzipien des neuen Konzepts seien Gebührenstabilität, Gebührengerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Ökologie im Sinne der Zukunftssicherung. Dabei erhielten die Bürger erstmals in Rheinland-Pfalz kilogenau Geld für ihr Altpapier aus der Blauen Tonne zurück, zudem werde die Biotonne öfter als bisher abgefahren.

Nur zu 70 Prozent gefüllt

Für die Bürger lohne es sich damit noch mehr als bisher, den Restmüll sorgfältig zu trennen. Denn anhand wissenschaftlich begleiteter Sortieranalysen habe sich gezeigt, dass die Restmülltonnen im Schnitt nur zu 70 Prozent gefüllt und 30 Prozent leer seien. Darüber hinaus seien in der Restmülltonne zur Hälfte Dinge gelandet, die dort nicht hineingehörten: Papier, Bioabfälle, Verpackungen und sogar Altkleider und Pfandflaschen. Pföhlers Fazit: „In der Grauen Tonne ist im Durchschnitt noch viel Platz für echte Restabfälle.“

Kosten können sinken

Die Analysen hätten im Ergebnis gezeigt, dass die Bürger die Abfälle noch nicht gut genug trennen und dass ein 14-tägiger Abfuhr-Rhythmus in Wahrheit gar nicht notwendig sei. Damit könnten auch die Kosten für die Restmüllverwertung sinken und die Erlöse für Papier bei besserer Sortierung daheim noch höher ausfallen. Deshalb sei ein vierwöchiger Abfuhr-Rhythmus nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich angesagt. Und bei richtiger Sortierung aller Abfälle reiche das Mülltonnenvolumen sogar bei lediglich sechs Leerungen im Jahr, war der Landrat überzeugt.

Dabei mache der Kreis keinen Blindflug, denn solche Konzepte seien bereits seit vielen Jahren bei einer Reihe von anderen Gebietskörperschaften erfolgreich im Einsatz. Unter anderem auch in den Nachbarkreisen Altenkirchen, Cochem-Zell, Mayen-Koblenz und dem Rhein-Hunsrück-Kreis. „Die Erfahrung dort: Es funktioniert“, berichtete Pföhler. Tatsächlich stellen die Bürger dort ihre Restmülltonne nur fünf bis sechs Mal pro Jahr heraus, das hätten die Erfahrungen gezeigt.

Die Kernaussage der neuen Gebührenkalkulation lautet daher: „Wer seinen Restmüll nicht richtig trennt, muss dafür individuell mehr zahlen. Wer mit Biotonne richtig trennt und sein Altpapier in der Blauen Tonne sammelt, zahlt jedoch morgen weniger Müllgebühren als heute.“

Positiv wirke sich das neue Konzept auch auf die Gebühren im Fall von Sonderbedarf für Familien mit Kleinkindern unter drei Jahren und pflegebedürftigen alten Menschen aus, denn bei richtiger Trennung reiche auch für diese Bevölkerungsgruppe das Standard-Mülltonnenvolumen, war der Landrat überzeugt. Daher sei die neue Gebührenkalkulation auch im Ergebnis sozial ausgewogen - wenn richtig sortiert werde. Dennoch werde es im ersten Jahr eine Evaluation über die Wirksamkeit des Systems geben, um eventuellen Anpassungsbedarf zu ermitteln und für die nächsten Jahre einzuführen.