Jugendbühne Wachtberg begeistert mit neuer Produktion
"Auf der Suche nach der Kindheit"
„Herr der Diebe“: Unter der Regie von Andreas Ollhoff und Peter Karrenbauer entwickelt sich in der Aula Berkum ein spannendes Theaterstück mit beeindruckender Kulisse
Berkum.Die spannenden Abenteuer des „Herrn der Diebe“ erlebte das Publikum hautnah mit bei der diesjährigen Theaterproduktion der Jugendbühne Wachtberg, nach dem gleichnamigen Jugendroman von Cornelia Funke. Dabei war die Bühnenerfahrung der Akteuren in der Aula des Schulzentrums Berkum spürbar, die nach drei erfolgreichen Produktionen deutlich angewachsen ist. Sie standen ihren Kollegen von der Studiobühne Wachtberg teilweise kaum noch nach. Eine Reihe von erfahrenen Nachwuchsakteuren wurde diesmal ergänzt von neuen, jungen Gesichtern, sie alle verschmolzen auf der Bühne zu einem gut harmonierenden Ensemble. Es entführte sein Publikum, das durchaus zahlreicher hätte erscheinen können, in die engen Gassen des historischen Venedig, wo es eine Reihe spannender Abenteuer zu bestehen gab. Gemeinsam ging es auf die Suche nach dem geheimnisvollen Wunsch des sehr alten „Conte“ (Andreas Ollhoff). Der wollte alles daran setzen, den verschollenen Flügel zu bekommen, von dem er glaubt, er könne ihn wieder in ein Kind verwandeln.
Flucht nach Venedig
Die beiden verwaisten Brüder Bo (Pia Friedrich) und Prosper (Sven Pleger) sind vor ihrer hartherzigen Tante (Bettina Friedrich) und dem unter ihrer Fuchtel stehenden Onkel (Dirk Einig) nach Venedig geflüchtet. Denn die wollen die beiden Jungs voneinander trennen und Prosper in ein Heim stecken. Dabei wünscht sich das Ehepaar doch eigentlich nichts sehnlicher als einen kleinen, braven Jungen, der in ihr ordentliches Leben passt. In Venedig treffen die beiden Brüder auf eine Bande von Straßenkindern, die mit ihrem Anführer Scipio (Luisa Kleinen) - alias „Herr der Diebe“ - in einem alten verlassenen Kino hausen. Eines Tages bekommen die Kinder einen geheimnisvollen Auftrag. Für den geheimnisvollen „Conte“ sollen sie einen seit langer Zeit verschollenen Holzflügel aufspüren und stehlen. Das ist allerdings alles andere als einfach, denn unter anderem ist Detektiv Victor Getz (Peter Schäfer) hinter der Kinderbande her. Viktor hat allerdings nicht nur einen falschen Bart, sondern auch ein weiches Herz und hilft den Kindern in zahlreichen brenzligen Situationen aus der Patsche.
Verschiedene Charaktere
Ebenfalls an ihrer Seite ist die Erwachsene Ida Spavento (Sieglinde Possart). Sie ist zwar ein bisschen verrückt, hat dafür aber stets eine verblüffende Lösung für schier ausweglose Situationen parat. Dr. Massimo (Andreas Felgen) hingegen hat selten Zeit für etwas anderes als seine Geschäfte und macht einen überaus gleichgültigen und gefühlskalten Eindruck. Nicht viel anders sieht es mit „Barbarossa“ (Henning Friedrich) aus, einem fliegenden Händler und ziemlich zwielichtigen und egoistischen Menschen, der den größten Teil seiner Einkünfte aus Hehlerware bezieht - unter anderem von der Straßenkinder-Bande, die er meist kräftig übers Ohr haut. Die besteht aus Prosper, einem sehr fürsorglichen und ehrlichen Charakter, der eigentlich gar nicht viel vom Stehlen hält und sich über vieles Sorgen und Gedanken macht. Für seinen kleinen Bruder Bo ist das neue Leben in Venedig ein großes Abenteuer. Er bewundert den Anführer Scipio sehr und träumt davon, genauso zu werden wie er. Obwohl Prosper ihm das natürlich niemals erlauben würde. Scipio selbst, von den Kindern der „Herr der Diebe“ genannt, besorgt die Beute, die von den Kindern dann an Hehler verkauft wird. Er macht ein großes Geheimnis um sich und seine Herkunft, die Kinder wissen nur wenig über ihn. Als Anführer ist er natürlich sehr selbstbewusst und gibt sich den anderen Kindern gegenüber ein wenig zu eingebildet. So hält auch „Wespe“ (Olivia Hangula), das einzige Mädchen in der Bande, nicht viel davon, dass sich Scipio zum Anführer aufschwingt. Dabei ist sie sehr fürsorglich und liebevoll und betätigt sich ein ums andere Mal als Streitschlichterin und Trostspenderin. Bandenmitglied „Riccio“ (Lukas Kraemer) ist ein ziemlich lustiger Bursche, der aber auch launisch ist und die Situation meist aus dem Hintergrund heraus distanziert beobachtet. Leider kann er auch schnell wütend und aggressiv werden, was wiederum „Wespe“ einen Einsatz verschafft. „Mosca“ (Smilla Degen) hingegen lässt sich selten aus der Ruhe bringen. Da muss schon wirklich einiges passieren bis er einmal wirklich wütend wird. Wenn es aber um das Essen geht, würde er alles tun, um das leckerste Stück zu bekommen. Schließlich ist da noch „Emilio“ (Julia Huf), der ähnlich wie „Wespe“ nicht viel von Scipio hält. Er ist eigentlich ein ruhiger und gelassener Typ, der aber auch aufbrausend werden kann und über eine betörende Singstimme verfügt.
Hut ab!
Unter der Regie von Andreas Ollhoff und Peter Karrenbauer entwickelt sich so ein spannendes Theaterstück, zu dem Andreas Ollhoff und Sieglinde Possart sogar den Titelsong geschrieben haben, der von Julia Huf gesungen wird. Die Kulisse ist ebenfalls beeindruckend. Hut ab vor dieser Nachwuchs-Theatertruppe, die sich vor so manchem Erwachsenen-Ensemble nicht zu verstecken braucht.
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