Die alte Technik stammte aus dem Jahr 1910
Ahrtalbahn: Erstes elektronisches Stellwerk geht in Betrieb
Ahrweiler/Ahrtal. Durch der Flutkatastrophe im Ahrtal Mitte Juli 2021 wurde auch die Ahrtalbahn im mittleren und oberen Teil weitgehend zerstört. Weiter unterhalb gab es besonders im Bereich des Bahnhofes Heimersheim massive Schäden. Politik und Deutsche Bahn versprachen seinerzeit bei einer Veranstaltung am Bahnhof Remagen einen zügigen Wiederaufbau der Ahrtalbahn - nach neuestem Stand der Technik. Hierzu gehörten unter anderem ein Elektronisches Stellwerk (ESTW) und die Elektrifizierung der gesamten Strecke zwischen Ahrbrück und Remagen. Schon nach relativ kurzer Zeit verkehrten schon wieder die Züge zwischen Walporzheim und Remagen. Derzeit laufen auf etlichen Baustellen die Arbeiten zum Wiederaufbau, deren Fortschritte tagtäglich beobachtbar ist. Und der Zweckverband SchienenPersonenNahVerkehr (SPNV) Nord setzte sich frühzeitig dafür ein, dass an der Ahrtalbahn gleich vier neue Haltepunkte eingerichtet werden sollen. Schließlich entstanden hinter dem Baumarkt in Ahrweiler, nahe des Bahnhofes, und in Bad Bodendorf neue Elektronische Stellwerke (ESTW). Diese soll am 11. Dezember um 12.00 Uhr in Betrieb gehen - zunächst zwischen Walporzheim und Remagen. Vorher werden ab 04. Dezember Extra-Züge auf der Strecke fahren, um zu testen, wie das System funktioniert. In dieser Zeit werden Busse zwischen Remagen und Dernau (halbstündlich) und bis Ahrbrück (stündlich) verkehren. Damit werden gleichzeitig die personell besetzten, handbetriebenen Stellwerke an den Bahnhöfen verschwinden - und damit auch ein großes Stück Bahn-Nostalgie. Die Stellwerksanlagen wurden bereits im Jahr 1910 erbaut, und bieten nach wie vor eine hohe Betriebssicherheit. Am 03. Dezember beginnt der Rückbau der Masten. Die Ahrtalbahn hat eine Streckenlänge von insgesamt 28 Kilometern (Remagen km 1,1 bis Ahrbrück km 29,1). Bei einem Pressetermin gab DB-Teilprojektleiter Jonas Haffmann eine Übersicht über die Planungen.
Neueste Technik
Die Strecke werde nach den Bauarbeiten auf neuestem Stand der Technik sein. Mit der Umsetzung liege man voll im Zeitplan. Der Wiederaufbau bringe wieder Bahnverkehr in die Region. Durch das neue Elektronische Stellwerk entfalle auch die personelle Sicherung der vier Bahnübergänge im Bereich Bad Neuenahr-Ahrweiler. Von Beginn an habe man bei der Planung sehr eng mit Kommunen und Behörden, wie etwa dem Landesbetrieb für Mobilität (LBM) wegen der Radwege-Trassen, zusammen gearbeitet. Neue Bahntrasse und Brücken sollen möglichst flutsicher errichtet werden. Bereits frühzeitig habe die Bahn auch geprüft, ob die fünf Tunnel auf der Strecke elektrifizierbar sind. Durch verschiedene Maßnahmen ist dies möglich. Hierzu konnte die Murgtalbahn im Schwarzwald als Beispiel heran gezogen werden. Bei den beiden Mayschosser Tunneln unter der Saffenburg bringt der Wiederaufbau einen Wechsel: Wo bislang Fahrräder fuhren, verkehren fortan Züge - und umgekehrt. Gearbeitet wird auch an weiteren Haltepunkten (Blick Aktuell berichtete). Schließlich werden auch Halte verbessert, wie etwa am Bahnhof Bad Bodendorf durch Umbaumaßnahmen für zwei Außenbahnsteige und ein ESTW. Bei den Bauarbeiten sei man voll im Zeitplan, verkündete Jonas Haffmann. Er geht daher davon aus, dass die Strecke bis Ahrbrück - wie geplant - bis Ende 2025 in Betrieb gehen kann. Gleichzeitig soll dann an der Ahr auch ein Zwanzig-Minuten-Takt gefahren werden. Zweimal Ahrbrück - Remagen, und stündlich eine durchgehende Verbindung Ahrbrück - Köln. Diese Planungen hat der SPNV Nord bereits frühzeitig verkündet.
Technik aus 1910
Ein Bild von der alten Technik aus dem Jahr 1910 konnte man sich im Stellwerk am Bahnhof Ahrweiler machen. Hier erklärten die Fahrdienstleiterin sowie der Bezirks-Betriebsleiter, Sascha Hennen, die Abläufe in diesem durchaus musealen, aber noch wie vor bestens funktionierenden System. Die Züge werden telefonisch angemeldet. Und Signale und Weichen noch von Hand, mit echter Muskelkraft, betrieben. Im neuen ESTW Ahrweiler erläuterte Betriebsleiter Georg Laumen die moderne Technik. Mit der Steuerzentrale kann die ganze Strecke der Ahrtalbahn versorgt werden. Nach Einführung des ESTW muss der Fahrdienstleiter die Abläufe am Bildschirm überwachen. Und er braucht nur dann einzugreifen, wenn Störungen auftreten. Dort sind zwei identische Arbeitsplätze. So könnten bei Bedarf etwa Baustellenbereiche und der übrige Planverkehr getrennt gesteuert werden. Direkter Kontakt zu den Lok- bzw. Triebwagenführern besteht nur bei Bedarf. Theoretisch wäre es mit dieser Stellwerkstechnik sogar möglich, jeden anderen Bahnhof in Deutschland zu bedienen. Im Vorfeld mussten rund 40 Signale, Weichen u.a. zwischen Walporzheim und Remagen angepasst oder erneuert werden. Das neue System lasse es auch zu, Gleise kurzfristig zu wechseln, so Hennen. Schließlich verfügt dies auch über einen „Achszähler.“ Dies sind Elemente zur Erfassung bzw. Zählung der durchfahrenden Züge über Sensoren. Sie dienen der Erkennung der Zugachsen bei der Einfahrt von einem Abschnitt auf einen neuen. Mit Einführung des ESTW werden die handbetriebenen, nostalgischen - aber nach wie vor sehr sicheren - mechanischen Stellwerke in Bad Bodendorf, Bad Neuenahr, Ahrweiler und Walporzheim nicht mehr benötigt. Am Standort Ahrweiler Bahnhof plant die IG Ahrtalbahnfreunde e.V. die Einrichtung eines Bahnmuseums für den Erhalt der alten Bahntechnik für nachfolgende Generationen.
Ist das der Anspruch unseres Bahnsystems? Museale Technik aus 1910 wird dann in 2023 auch mal durch so neumodisches Zeug wie Computer ersetzt, und es ist gleich eine Pressemeldung wert?
Hoffentlich denkt die Bahn daran, dem Schrankenwärter in der Ringener Straße in Neuenahr Bescheid zu geben, wenn die Bauarbeiten dort soweit fortschreiten sollten das man ihn dort nicht mehr braucht. Der hat mir die letzten Wochen oft leid getan, wie der da in Wind und Wetter steht und die Schranken - immerhin per Knopfdruck - öffnet und schließt. Die gute alte deutsche Eisenbahn im Jahre 2023!