Sinziger Stadtrat beriet sich über neuen Forstwirtschaftsplan
Der Wald ist Reizthema im Rat
Grüne lehnen Forstwirtschaftsplan ab und ernten Kritik
Sinzig. Die Veränderungen des Klimas bedrohen den Wald. Wassermangel und Schädlingsbefall setzten den Bäumen mächtig zu und das Resultat ist in ganz Deutschland sichtbar. Bäume werden kahl und sterben schließlich ab.
Doch wie ist die Lage im Sinziger Stadtwald? Die Antwort kennt Revierförster Stephan Braun, der bereits bei vergangenen Sitzungen des Stadtrates sowie bei einer jüngst durchgeführten Waldbegehung des Hauptausschusses über die Lage im Forst berichtete. So sei der hiesige Wald zwar auch von den Herausforderungen der Klimaveränderungen betroffen, ganz so schlecht wie in anderen Regionen sähe es aber nicht aus. 880 Hektar umfasst der Stadtwald und nur fünf Prozent davon haben bisher Schaden genommen.
Etwas unternehmen müsse man trotzdem, da ist sich Braun sicher. Und so schlug der Waldexperte im neuen Forstwirtschaftsplan vor, den Sinziger Wald zu verjüngen um Biodiversität und Artenvielfalt zu fördern. Dazu sei auch ein Einschlag der vorhandenen Laubbäume notwendig. Denn andere, junge Bäume wie Eichen und Buchen bräuchten „Luft“ für die Entwicklung. Der Plan für die Waldverjüngung mittels der Abholzung von Laubbäume stieß beim Stadtrat für mehrheitliche Zustimmung. Lediglich die Grünen sahen in dem Plan eine Entwicklung in die falsche Richtung und hinterfragten bereits in den vergangenen Stadtratssitzungen das geplante Vorgehen. Nun gipfelte die Diskussion um die Zukunft des Waldes in der letzten und ohnehin bereits emotional geführten Stadtratssitzung. Ralf Urban (Grüne) sieht durch diese Eingriffe den Wald in großer Gefahr. So befürchte man, dass im Rahmen der Verjüngungsmaßnahmen alte, aber gesunde Bäume gefällt werden und die Bahn für invasive Arten wie die Robinie frei wird. Generell halte man die Waldwirtschaft vor Ort für ein Konzept, dass den Herausforderungen des Klimawandels nichtgerecht werde. Urban zitierte in diesem Zusammenhang eine Aussage der Landesforsten Rheinland-Pfalz, die einen Fällstopp vorschlägt. Denn Bäume spenden Schatten, der in Zeiten von immer heißeren Sommern an Bedeutung für das Wachstum neuer Bäume gewinne. Man halte es somit für „befremdlich“, dass der Forstamtsleiter diesem Rat nicht folge. Der Plan sei ein „fataler Fehler.“ Wer meine, dass ein Wald sich nur durch die Fällung der Bäume weiterentwickeln könne „habe Natur nicht verstanden“, so Urban. Und deshalb lehnten die Grünen den vorgestellten Antrag ab.
Gegenwind von der FWG
Gegenwind gab es dazu von Reiner Friedsam (FWG). Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Rat unterstrich den Vorzeigecharakter des Sinziger Waldes, der sei der jahrzehntelangen, umsichtigen und nachhaltigen Forstwirtschaft zu verdanken. Dies sei nicht das Ergebnis „gewinnorientierter Forstwirtschaft“. Denn dieser Aspekt sei laut Friedsam stets ein Kernpunkt der Argumentation der Grünen, insbesondere in Verlautbarung in der Presse sowie in Meldungen auf der Social Media-Plattform. Diese Äußerungen klingen für Friedsam „populistisch“, des Weiteren mahnte er an, dass andersdenkende Gremienmitglieder „wiederholt an den öffentlichen Pranger gestellt“ würden. Friedsam forderte die Grünen auf, sich statt „populistischer Stimmungsmache, die die Atmosphäre im Rat vergifte“ lieber dem Studium fachwissenschaftlicher Publikationen zum Thema Wald zu widmen. Friedsam wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der von Urban erwähnte Einschlagstopp der Landesforsten keinen langfristigen Bestand hatte – der gelte laut Friedsam nur bis zum Vortag der Stadtratssitzung.
Von den anderen Fraktionen im Rat erntete Friedsam für seine Äußerungen Zustimmung und teilweise sogar Applaus. Denn mit der ablehnenden Haltung des neuesten Forstwirtschaftsplanes stehen die Grünen im Rat alleine da. „Die Fällung von Bäumen wird mit Umsicht und Nachhaltigkeit geschehen“, ist sich Franz Hermann Deres von der CDU-Fraktion sicher und bekräftigte das Vertrauen in die Arbeit von Revierförster Stephan Braun. Auch Hartmut Tann (SPD) sieht es ähnlich: „Herr Braun hat seine fachliche Kompetenz über Jahre unter Beweis gestellt und wir unterstützen ihn bei seinen vielfältigen Maßnahmen. Auch die FDP zeigte zu dem neuen Plan positiv eingestellt: „Naturverjüngung muss gefördert werden“, lautete der Standpunkt von Volker Thormann. Dazu gehöre es beispielsweise auch, hiebreife Buchen zu schlagen.
Somit genoss der Forstwirtschaftsplan trotz der Einwände der Grünen eine breite Zustimmung. Dies führte zum Ergebnis, dass der Plan für das Jahr 2021 mehrheitlich beschlossen werden konnte.
ROB