
Am 23.10.2018
Allgemeine BerichteJugendgruppe des Aero-Club Koblenz („ACK“)
Flugsport fördert die Gemeinschaft und stärkt das Selbstbewusstsein
Koblenz. Während viele Sonntagmorgens noch schlafen, herrscht auf dem Flugplatz Koblenz-Winningen bereits emsiges Treiben: Nach und nach schwärmen dann die Mitglieder der rund 30-köpfigen Jugendgruppe des Aero-Club Koblenz („ACK“) aus, um gemeinsam mit den alten Hasen des Clubs die Segelflugzeuge aufzurüsten. Die Jugendgruppe (alle 14 bis 27-jährigen Clubmitglieder) ist eine der tragenden Säulen des Aero-Clubs, der 1951 gegründet wurde und, nach mehrfachen Umzügen, seit 1971 seinen festen Platz auf dem Flugplatz Koblenz-Winningen hat . Auf dem clubeigenen Gelände sind neben den Clubräumen und der Werkstatt die beiden Flugzeughallen angesiedelt. Darin stehen für die Mitglieder des Vereins sieben Segel-, zwei Motor- und drei Ultraleichtflugzeuge sowie zwei Motorsegler bereit. Damit bietet der Verein drei Luftsportarten an. Weil Segelflugsport bereits ab 14 Jahren betrieben werden kann, gehören die meisten jungen Flugbegeisterten der Segelflugabteilung an.
An diesen sonnigen Oktobertagen, an denen in anderen Jahren der Flugbetrieb wegen schlechter Wetterlage schon eingestellt war, ist die Jugendgruppe mit großem Eifer am Flugplatz, denn jeder Flugtag könnte der letzte der im März begonnenen Saison sein. Die Segelflieger treffen sich jedes Wochenende und feiertags auf dem Flugplatz. Während die einen am Rande der Graspiste fachsimpeln und auf ihren Start warten, bedienen ihre Kameraden die Winde, holen die Segelflugzeuge zurück oder überwachen den Start und helfen bei der Startvorbereitung. Denn: „Wer fliegen will“, sagt Frank Ortmann, Fluglehrer und 2. Vorsitzender des Vereins, „kann das nie alleine. Nur gemeinsam sind die Aufgaben zu handhaben.“ Für die preisgünstigste Variante des Startens, das Fliegen im Windenbetrieb, werden etwa sechs Personen gebraucht. „Wir können zwar alleine fliegen, kommen aber nicht alleine in die Luft“, erklärt die gerade zur neuen Jugendleiterin gewählte Lena Etzkorn. Heute ist das jüngste Flugzeug der Flotte, der als „Ecksegler“ getaufte, Doppelsitzer „ASK 21“ für die Schulung der Jugend im Einsatz. Ihre ersten Alleinflüge haben die meisten schon hinter sich, nur der Flugschein fehlt noch zum Glück. Bis der ausgestellt wird, muss weiter jede Menge theoretisches Wissen gepaukt und mindestens gleich viel Flugerfahrung gemacht werden. Zehn kompetente Fluglehrer stehen den angehenden Segelflug-Assen während der Ausbildung zur Seite. Segelflugsport ist geprägt von Teamgeist.
Vierzig Arbeitsstunden pro Jahr sind Pflicht
Wer die Ausbildung zum Segelflieger macht, wird deshalb zugleich als Windenfahrer ausgebildet und lernt so nebenbei das Autofahren. Für die ersten Fahrversuche hält meist der alte Traktor her. Auch den muss man bedienen können, denn mit dem gemütlich vor sich hintuckernden Gefährt werden die Flugzeuge von der Lande- zurück zur Startposition gezogen. Gelegentlich müssen auch mal Pilot und das Flugzeug mit einem speziellen Anhänger andernorts abgeholt werden. Das wird dann notwendig, wenn aufgrund der Wetterlage der Heimatflugplatz nicht mehr erreicht werden konnte, und ein fremder Platz oder gar ein Feld als Landebahn diente. Wer nur fliegen, aber nicht mit anpacken will, für den ist Segelflugsport nicht das Richtige. Vierzig Arbeitsstunden pro Jahr muss jedes Vereinsmitglied mindestens ableisten. Wenn Arbeitsstunden einmal nicht erbracht werden können, ist das Stundenkonto durch eine Zahlung in die Vereinskasse zu entlasten.
Jeder der jungen Segelflieger ist über eine andere Schiene zu dem Luftsport gekommen. Mal waren es die flugbegeisterten Eltern, mal Freunde, mal eher ein Zufall. Bei keinem der befragten Flugschüler schlugen die Eltern angstvoll die Hände über dem Kopf zusammen, als sie von der Segelflug-Leidenschaft ihres Kindes erfuhren. „Meine Eltern finden das cool“, sagt Hannah, die mit 16 Jahren ihre Liebe für diesen Sport entdeckte und jetzt gerade die Instrumente im Cockpit des Flugzeuges erklärt. Segelflug-Pilotinnen wie sie waren lange Zeit eher die Ausnahme. Inzwischen sieht das anders aus, auch wenn die Mädchen in der Jugendgruppe immer noch eine leichte Minderheit darstellen. Die knapp dreißig „Jung-Flieger“ verbindet offensichtlich eine ehrliche Freundschaft, die weit über die Fliegerei hinausreicht. Auf dem Clubgelände treffen sie sich, um gemeinsam Reparaturen an Flugzeugen und Technik auszuführen und um ihre Freizeit zu teilen. Hier wird miteinander gequatscht, gegrillt und gefeiert. Bei schlechtem Wetter kickern sie im Clubraum, lernen für die Prüfung oder informieren sich über die Wetterlage für die nächsten Flugtage. Zu den besonders beliebten gemeinsamen Unternehmungen zählen die Veranstaltungen der Bundesluftsportjugend, wie Volleyballturnier, Bundesjugend-Vergleichsfliegen oder auch einmal ein Ausflug zur Wasserkuppe, wo Gummiseilstarts mit einem historischen Oldtimer-Flugzeug der Hit sind. Darüber hinaus lassen Langstreckenwettbewerbe und das jährliche, 14-tägige Sommerlager, auf dem eigenen oder einem anderen Flugplatz die Fliegerherzen höherschlagen. Gerade die Zeit im Zeltlager gebe der Ausbildung einen starken Push und schweiße die Gemeinschaft noch mehr zusammen.
Vorbereitungen zum Deutschen Segelfliegertag
In diesen letzten Tagen des Sommer-Flugbetriebes war die Jugendgruppe des Aero-Clubs besonders stark gefordert. Mit immensem Einsatz beteiligten sich die jungen Leute an den Vorbereitungen zum Deutschen Segelfliegertag, zu dem sich über 60 Aussteller angemeldet haben. Die am 3. November im Kurfürstlichen Schloss Koblenz stattfindende, vom Deutschen Aero-Club veranstaltete Fachmesse, bei der neben Fachvorträgen die erfolgreichsten Segelflieger des Jahres geehrt werden, ist seit vielen Jahren die erste richtig große, vom Aero-Club Koblenz ausgerichtete Veranstaltung.
Alle wollen dazu beitragen, dass sich mehr junge Leute für den Sport begeistern, der, wie Lena Etzkorn einräumt, kein ganz preiswerter ist (rund 700 Euro Vereinsbeitrag inklusive Jahresumlage Segelflug). Er bringe unglaublich viel Freude und lehre, schon im jungen Alter Verantwortung zu tragen und Aufgaben zu übernehmen. Er fördere Selbstdisziplin, Eigenständigkeit und die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins.
Um Verein und Sport kennenzulernen, bietet sich jetzt der bevorstehende 77. Deutsche Segelfliegertag an. Oder man kommt einfach an einem Wochenende zum Clubgelände und schnuppert Fliegerluft. In der Sommersaison dürfen Interessierte gelegentlich sogar eine Segelflug-Runde im Zweisitzer mitdrehen. Eigentlich ist das Mitfliegen die beste Gelegenheit, das Gefühl für das kleine Abenteuer am Himmel zu bekommen. Das außer dem Windgeräusch lautlose Dahingleiten mit grandiosem Blick auf das Rhein- und Moseltal ist ansonsten kaum mit Worten zu beschreiben.
Mehr Informationen zum Segelfliegertag gibt es im Internet unter „www.segelfliegertag-2018.de“, zum Aeroclub unter „www.aeroclub-koblenz.de“.
BSB