Viele Eltern suchen nach einer Alternative zum klassischen Taufbecken
Naturnahe Taufen werden immer beliebter

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Sonntagmorgens um 8.30 Uhr: Pfarrerin Elke Smidt-Kulla setzt im Kaiser-Wilhelm-Park in Bad Neuenahr einen Fuß in das kalte, trübe Wasser der Ahr. Ist nach dem Gewitterguss am Vorabend das Wasser nicht zu hoch? Erlaubt die Strömung, mitten im Fluss zu stehen und Kinder zu taufen? „Wir wagen es!“ stellt Pfarrerin Smidt-Kulla fest. Anderthalb Stunden später sind rund hundert neugierige Gottesdienstbesucher vor dem schön geschmückten Altar versammelt. Eine knappe Stunde später steigen die ersten, festlich angezogenen Taufeltern und – paten mit ihren Kindern vorsichtig in den Fluss. Und ja: Die Taufe im heimischen Gewässer wird immer beliebter. Bereits einige Male hat Smidt-Kulla dieses besondere Form des Taufens durchgeführt. BLICK aktuell sprach mit der Pfarrerin über die besondere Faszination der Ahrtaufe.
BLICK aktuell: Wie läuft eine Taufe in der Ahr ab?
Elke Smidt-Kulla: Wir feiern in der „Baumkirche“ an der Ahr, einer Wiese nahe dem Augustinum, die von alten Bäumen umsäumt ist, unseren Open-Air-Familiengottesdienst. Am Ende des Gottesdienstes stellt sich die ganze Gemeinde an die obere Uferböschung der Ahr und auf den Weg; ich steige dann mit jeweils einer der Tauffamilien und den zugehörigen Paten in die Mitte der Ahr. Dort werden die Kinder getauft. Dabei schaut die Gemeinde vom Ufer aus zu. Zwischen den Taufen singen wir das von der Familie gewünschte Tauflied.
BLICK aktuell: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Ahrtaufe anzubieten?
Smidt-Kulla: Schon viele Jahre lang trage ich diese Idee mit mir herum. Die Ahr ist im Leben der Region allgegenwärtig: sie bestimmt die Geografie, sie steckt zweimal im Namen der Kreisstadt, ist Ausflugsziel und Markenzeichen der Region. 2019 bin ich dann in die konkretere Planung eingestiegen und habe die Idee mit den Pfarrkollegen und dem Presbyterium beraten. So kam es dann zur Premiere und den ersten Taufen im Jahr 2020. Viele Menschen haben gedacht, dass die Idee coronabedingt entstanden ist. Das ist aber gar nicht so. Es war reiner Zufall, dass wir im ersten Coronasommer die ersten Taufen in der Ahr gefeiert haben.
BLICK aktuell: Was unterscheidet die Taufe im Fluss von einer herkömmlichen Taufe? Was macht das besondere Erlebnis aus?
Smidt-Kulla: Die Einleitung zur Taufe ist so wie in der Kirche: Wir stimmen uns ein auf die Taufen, hören die Tauflesung aus der Bibel und sprechen gemeinsam das Glaubensbekenntnis. Die Taufe selber unterscheidet sich dann aber doch deutlich: Das Wasser für die Taufe ist an der Ahr nicht in einem Taufbecken, sondern wir stehen mit der Tauffamilie und den Paten mitten in der Ahr und ich schöpfe das Wasser für die Taufe mitten aus dem Fluss. Dreimal eine Handvoll Wasser bekommt jeder Täufling auf den Kopf – in der Kirche und auch in der Ahr. Dann segne ich die Täuflinge im Namen des dreieinigen Gottes mit Handauflegung und mit einem persönlichen Segenswort. Das ist so, bei einer Taufe in einer unserer evangelischen Kirchen und auch in der Ahr. Einige Familien haben gefragt, ob die Kinder ganz untergetaucht werden, so wie bei der Taufe Jesu im Jordan. Ich habe darüber nachgedacht, wie die Taufen in der Ahr gestaltet sein sollen und mich entschieden, es bei der uns in den Kirchen gewohnten Form zu belassen. Das komplette Untertauchen ist auch sehr symbolhaft und biblisch, aber für viele Menschen dann doch nicht vorstellbar. Wer das aber gerne möchte, kann zur Taufe in der Ahr auch komplett untertauchen. Ich habe vor dem Tauftag mit den Tauffamilien einen Ortstermin im Kaiser-Wilhelm-Park ausgemacht, um auszuprobieren, wie es sich anfühlt, in der Ahr zu stehen und um vor Ort alle Fragen zu besprechen.
Ein wichtiger Unterschied ist sicher auch, dass oft bis zum letzten Tag nicht sicher ist, ob das Wetter hält und wir auch wirklich draußen die Gottesdienste feiern können. Die Tauffamilien müssen also eine gewisse Spontanität mitbringen, wenn uns am Sonntagmorgen der Regen einen Strich durch die Rechnung macht und wir dann doch die Taufgottesdienste in der Kirche feiern. Es gibt immer einen ausgearbeiteten Plan B für Regentage. Als es am Abend vor dem Tauftag noch ein kräftiges Gewitter und viel Regen gab, wurde es noch einmal unsicher, ob es wirklich möglich sein würde, am Sonntag in der Ahr zu taufen. Am Tauftag selbst war es dann von oben trocken, die Ahr führte aber viel Wasser. Ich stieg um 8.30 Uhr zum ersten Mal ins Wasser, um zu prüfen, ob es möglich sein würde, mit den Familien in der Ahr zu stehen. Es war viel Wasser in der Ahr, die Strömung war deutlich stärker als bei dem vorherigen Ortstermin, aber ich entschied, dass es machbar sei. Die Familien freuten sich und stellten sich auf das Abenteuer „Taufe in der Ahr“ ein.
Taufen in der Ahr sind für die Familien ein besonderes Erlebnis. Manche Besucher : „So eine Taufe habe ich noch nie gesehen! Das war wunderschön und berührend!“ Auch für mich als Taufende sind die Taufen in der Ahr sehr besonders.
BLICK aktuell: Wie ist die Resonanz? Gibt es viele Interessierte?
Smidt-Kulla: Schon im Jahr 2020 gab es vier Familien, die sofort von der Idee begeistert waren, ihr Kind in der Ahr taufen zu lassen.
Schon sehr früh in diesem Jahr haben sich die ersten Familien für eine Taufe in der Ahr gemeldet. Im Laufe des Frühjahrs kamen immer mehr Familie dazu.
Am Ende waren es neun Familien mit Kindern im Alter von achteinhalb Wochen und sieben Jahren. Lange Zeit waren Taufgottesdienste nur in sehr kleinem Rahmen möglich und eine Familienfeier war nicht erlaubt.
Die Taufe ist aber ein einmaliges und besonderes Erlebnis für eine Familie, und ich kann das Bedürfnis, die Taufe auch mit der ganzen Familie und Freunden feiern zu wollen, sehr gut verstehen. Viele Familie feiern gerade in diesem Jahr gerne einen Gottesdienst draußen unter freiem Himmel.
BLICK aktuell: Warum gab es am Sonntag drei Gottesdienste nacheinander?
Smidt-Kulla: Jeder Familiengottesdienst wird von vielen Gemeindemitgliedern besucht. Nun kamen am Sonntag neun Tauffamilien mit vielen Verwandten und Freunden dazu. Um den Familien und allen Gottesdienstbesuchern gerecht zu werden, taufe ich in der Regel nicht mehr als vier Kinder in einem Gottesdienst. Da die Zeit mit Corona noch nicht durchgestanden ist, wollten wir die Gottesdienste nicht zu groß werden lassen. Auch räumlich wäre es sonst eher eng geworden.
So kamen am Sonntag knapp 300 Personen, die auf die drei Gottesdienste verteilt gemeinsam die Familiengottesdienste gefeiert haben. Der Gesang der Gemeinde wurde bei den Gottesdiensten von Till und Enno Kulla an der Flöte und von Arnd Kulla mit dem Cajon begleitet. Till Kulla trug das Lied „Wir wünschen dir Liebe“ als Sologesang zum Gottesdienst bei und begleitete einige Lieder beatboxend. Die Kantorin Andrea Stenzel unterstütze mit ihrer Stimme den Gesang der Gemeinde. Da es im Kaiser-Wilhelm-Park keinen Strom gibt, mussten wir auf das E-Piano verzichten. Wir hoffen, dass im Zuge der Vorbereitungen auf die LAGA auch ein Stromzugang in den Park gelegt wird und wir dann in den nächsten Jahren die Gottesdienste auch mit dem E-Piano begleiten können.
Ich freue mich schon auf die nächsten Taufen in der Ahr!
ROB

Die kleine Mira hatte das Gröbste bereits hinter sich.
... ob beliebter oder nicht. Sind das die Kriterien für eine Taufe.
Ich habe ihren Artikel erst gar nicht gelesen, das Foto hat mich gleich "geschockt". Wie wird dem Kind wohl zumute gewesen sein? Hat man ihm vorher klargemacht dass diese Art Veranstaltung "immer beliebter" wird ?