
Am 02.09.2025
Allgemeine BerichteSwisttal: Fortschritte und Hürden beim Wiederaufbau nach der Flut 2021
Sportcampus, Dorfhäuser und Straßenbau – Großprojekte in der Gemeinde im Fokus
Swisttal. Als kurz nach der Flut 2021 Experten prognostizierten, dass der Wiederaufbau rund zehn Jahre in Anspruch nehmen würde, stieß diese Aussage zunächst auf Ungläubigkeit, berichtete Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) vergangene Woche. Bei einer Tour durch die Gemeinde erläuterte sie, was bereits geschafft wurde, welche Projekte als nächstes anstehen und wo es knirscht. Mit von der Partei waren u.a. Celine Braun (Leiterin Stabsstelle Wiederaufbau), Dipl.-Ing. Jörg Timmermann (Projektmanagement für den Kommunalen Wiederaufbau) und Ronny Großer (gmp Großer Projektmanagement GmbH).
Erste Station war die Orbachaue in Odendorf: Aktuell präsentiert sich die Fläche entlang des Orbachs luftig, denn die alte Turnhalle ist abgerissen worden, das gleiche gilt für das Schützenhaus. Beide Gebäude sollen in Sichtweite ihrer alten Standorte, aber deutlich höher gelegen, durch Neubauten ersetzt werden. Auf dem geplanten Sportcampus wird auch der Tennis-Verein, der seine Spielstätte auf eigene Kosten wieder hergerichtet hat, ein neues Zuhause finden.
„Die Situation ist für die Vereine sehr schwierig,“ weiß Kalkbrenner. Die Schützen suchen Unterschlupf bei befreundeten Vereinen und auch die anderen Sportvereine nutzen Ausweichquartiere, die Fußballer nutzen vom DFB gespendete Container mit Duschen und Umkleidemöglichkeiten. Betroffen ist zudem der Schulsport. Deshalb entsteht am alten Platz der Turnhalle eine Interims-Sporthalle, die Ausschreibung für das Projekt läuft gerade. Wenn alles gut geht, könnte die Halle zum Schuljahresbeginn 2026/27 bereits genutzt werden. Die Planungen für das neue Schützenhaus sind angelaufen, gleiches gilt für die Erschließung des mehr als vier Hektar großen Geländes, auf dem der Sportcampus entstehen soll. Nach aktueller Zeitplanung könnte mit den Erschließungsarbeiten im Sommer des nächsten Jahres begonnen werden. Die Arbeiten dauern voraussichtlich etwa ein Jahr und werden rund 5 Mio. Euro kosten. Die Zwischenzeit wird genutzt, um die Planungen für den Hochbau so weit voranzutreiben, dass nach Ende der Erschließungsarbeiten sofort mit dem Hochbau begonnen werden kann: „Zack – Hochbau soll beginnen!“, wie Kalkbrenner ihre Wunschvorstellung salopp in Worte fasste. Dann könnte die Fertigstellung im Jahr 2030 realistisch sein. Ihrer Ansicht nach biete der Sportcampus auch die Chance für die Vereine, näher zusammenzurücken und gemeinsame Ideen zu entwickeln. Nach dem Abbau der Interimssporthalle könnte die Orbachaue, die als Retentionsfläche vorgesehen ist, als Naherholungsbereich gestaltet werden. Kalkbrenner hofft auf bürgerschaftliches Engagement zur Entwicklung von Ideen, die dann mit Hilfe von LEADER-Mitteln umgesetzt werden könnten.
Ein paar Meter weiter, Ecke „In der Freiheit“ und Orbachstraße, kann man einen Blick auf das Nächste große Projekt werfen: Die Sanierung des Orbachs, der Brücken und der Straßen. Die Straße „In der Freiheit“ ist schon grundlegend saniert. Anders die Orbachstraße, hier gab es jetzt einige kosmetische Verschönerungen. Um den privaten Anliegern in der Sanierungsphase nicht die Zufahrt zu ihren Grundstücken zu nehmen, beginnen die Arbeiten erst jetzt. Und auch bei dieser Maßnahme kommt es darauf an, dass alle Beteiligten Hand in Hand arbeiten, was einen ein hohen Abstimmungsaufwand nach sich zieht. Den Anfang macht der Erft-Verband mit der Sanierung der Mauern entlang des Bachs. Als nächstes erfolgen dann die Kanalbauarbeiten und zuletzt wird dann die Straße fertiggestellt.
Bei den Sanierungen von Straßenschäden in Essig, Miel, Ollheim, Dünstkoven und Heimerzheim waren die anstehenden Arbeiten in vier Lose zusammengefasst worden, damit das Auftragsvolumen bei den Ausschreibungen so attraktiv war, dass sich auch Firmen daran beteiligen - was nicht immer der Fall ist. Die Erfahrungen mit den Firmen, die den Zuschlag bei den Ausschreibungen erhielten, waren unterschiedlich. Ein Koordinator war nötig, um alle Arbeiten abzustimmen, nicht zuletzt auch mit dem Kreis, denn für jede kleine Baustelle war eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung nötig. Mit dem Rhein-Sieg-Kreis gäbe es eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Allerdings war während der Rundfahrt auch zu hören, dass die politischen Versprechungen, den Wiederaufbau unbürokratisch und schnell zu gestalten, nicht eingehalten wurden. So seien einige Schäden erst später sichtbar geworden und auch durch die neuen Hochwassergefahrenkarten mussten bereits gestellte Anträge geändert werden oder neugestellt werden. Jedes Mal seien aufwändige Nachweise und Dokumentationen nötig, was sich auf der Zeitschiene deutlich bemerkbar mache. Und nicht auf jede Ausschreibung gäbe es Angebote, so dass Ausschreibungen mehrfach wiederholt werden müssten, was natürlich zu weiteren Verzögerungen führt.
Ein Beispiel für Schäden, die zunächst nicht sichtbar waren, ist das Dorfhaus in Essig, eine weitere Station an diesem Tag. Es muss abgerissen werden, ein Änderungsantrag war nötig, der noch in der Bewilligungsphase ist. Gespräche zur Gestaltung des Neubaus laufen bereits, ein Planer muss alle Ansprüche an die Nutzung, Nachhaltigkeit und Hochwasserschutz unter einen Hut bringen. Als Faustregel gilt auch hier: Vom Start der Planungen bis zur Baugenehmigung dauert es etwa ein Jahr, die Bauzeit beträgt dann ein weiteres Jahr.
Von der Flut betroffen ist auch das Dorfhaus in Miel. Jetzt steht fest, dass die Bodenplatte im großen Saal entnommen wird, weil es sonst keine sachgerechte Anbindung an die anderen Gebäudeteile möglich ist. Außerdem gibt es Schäden an der hinteren Wand des Saales, so dass auch das Wandgemälde weichen muss. Nach Abschluss der Arbeiten wird ein neues Bild entstehen, die Vereine sind in die Planungen einbezogen. Aus Mitteln des Haushalts wird jetzt auch eine Lüftung eingebaut und andere Mängel, die im Laufe der Nutzung sichtbar wurden, beseitigt. Voraussichtlich im Sommer 2026 könnten die Arbeiten abgeschlossen sein. Danach werden die Außenanlagen umgestaltet. Hierfür gab es bereits eine Planung, die auf der Grundlage der Flut des Jahres 2016 erfolgte, und umgesetzt wurde. Die jetzt erforderliche Anpassung bezieht die Erkenntnisse der Flut 2021 ein. Der Parkplatz vor dem Gebäude ist provisorisch hergerichtet worden. Die Arbeiten an der Friedhofsmauer, die durch die Flut stark beschädigt wurde, sind fast abgeschlossen; es fehlt nur noch ein Tor. Es war Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner wichtig, dass die Arbeiten an der denkmalgeschützten Mauer vorgezogen wurden, denn die umgestürzte Mauer erinnerte viele Einwohner immer wieder an die Schrecken der Flut.
Zurück am Rathaus Swisttal erläuterte die Bürgermeisterin den Stand der Arbeiten dort: Die Außenanlage ist saniert, die Konzerte im Garten können weitergeführt werden. Aus Eigenmitteln wurden Bodenplatten für ein Kunstwerk und für die Flutgedenkstätte vorbereitet sowie ein Behindertengereichter Zugang zum Ratssaal finanziert. Auf einer Fläche, die für Fahrradparken hergerichtet wurde, befindet sich aktuell in einem Zelt das Wahlbüro. Ein Rathausneubau wurde durch die Ratsfraktion abgelehnt, aber bestehende Gebäude werden saniert und Anbauten sollen das Platzproblem lösen. Diese Arbeiten werden aus Eigenmitteln der Gemeinde und aus Mitteln des Wiederaufbaus finanziert.
Zu den großen Baustellen in Swisttal gehört der Neubau der Feuerwehrhaus in Heimerzheim auf dem gleichen Grundstück. Hier besteht die Herausforderung darin, dass während der Bauphase der Betrieb der Feuerwehr gewährleistet sein muss. An den Rändern des Grundstücks sind Container aufgestellt worden und eine provisorische Gerätehalle. Die Ausschreibung für die Abbrucharbeiten ist in Arbeit, parallel laufen Abstimmungsgespräche über den Neubau. Baubeginn könnte dann 2027 sein, Fertigstellung zwei Jahre später, die geplanten Kosten belaufen sich auf ca. 7 Mio. Euro.
Nur wenige Meter entfernt entsteht auf dem Peter-Esser-Platz ein Spielplatz. Die von der Straße sichtbaren Masten eines Schiffes laden die Kinder zu Abenteuern ein. Der Wasserspielplatz wird derzeit fertig gestellt. Auf die Ausschreibung für den Bolzplatz gab es keine verwertbaren Angebote, so dass die Ausschreibung wiederholt werden muss. Der Spielplatz wurde mit mitteln der RTL-Stiftung und der Rotarier gebaut, der Bolzplatz entsteht mit Mitteln aus dem Wiederaufbauprogramm.
Die letzte Station der Rundfahrt war dann in Buschhoven am Sportplatz. Dort bestehen bereits wieder Trainingsmöglichkeiten, was auch Dank der Containerspenden des DFB möglich ist. Nach einer Reinigung funktioniert die Drainage unter dem Sportplatz wieder. Es wird allerdings noch etwa ein Jahr dauern, bis das Gebäude mit den Umkleideräumen wieder genutzt werden kann. Derzeit läuft die Ausschreibung der Generalunternehmerleistung.KS

Orbachaue: Der Tennisverein hat seine Spielstätte auf eigene Kosten wieder hergerichtet.

Die Turnhalle ist abgerissen, hier wird eine Interimshalle aufgebaut werden.

V.l.: Jörg Timmermanns, Ronny Großer und Petra Klakbrenner erläuterten den Stand des Wiederaufbaus in Swisttal.

Dorfhaus Miel, großer Saal: Das Wandbild muss der Sanierrung weichen und soll ersetzt werden.

Miel: Die Freidhofsmauer ist saniert, es fehlt noch das Eingangstor.

Das alte Feuerwehrhaus Heimerzheim wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.

Baustelle am Peter-Esser-Platz, hier entsteht der Wasserspielplatz.