Feierlichkeiten zum 175-jährigen Bestehen der KG Rot-Weiß Münstermaifeld haben am Sonntag begonnen
Karneval im Mai für einen Tag

Münstermaifeld. Mit einer faszinierenden Karnevalsmesse in der Stiftskirche und einem anschließenden imposanten Festempfang in der Stadthalle haben die Feierlichkeiten zum 175-jährigen Bestehen der Karnevalsgesellschaft (KG) Rot-Weiß Münstermaifeld begonnen. Im voll besetzten Münstermaifelder Dom fühlte sich nicht nur Pfarrer Guido Lacher zumindest für einen Tag zurückversetzt in die Karnevalszeit. Erst als der Marsch von der Stiftskirche zur Stadthalle an gelb blühenden Rapsfeldern vorbeiführte, fühlten sich die Rot-Weißen wieder in der Realität angekommen. Allerdings nur für kurze Zeit, denn ein berauschendes karnevalistisches Programm umrahmte den Festempfang in der gut gefüllten Stadthalle - Karneval im Mai für einen Tag.
Bereits zum Einmarsch der Aktiven in die Stiftskirche um 10.30 Uhr intonierte die Stadtkapelle Münstermaifeld um ihren Vorsitzenden Andreas Zentner und ihren Dirigenten Manfred Höger „Mer losse d’r Dom en Kölle“ der Kultgruppe Bläck Fööss“. Kein Wunder, dass es auch für Pfarrer Lacher „ein besonderer Gottesdienst auch außerhalb der Karnevalszeit“ war. Es sei zwar kein runder Geburtstag, aber „so alt wird keine Kuh - und ich auch nicht.“ Rechenkünste und Sinn für schlagfertigen Humor bewies der Pfarrer, als er die neue Standarte der KG mit dem eingestickten Gründungsjahr 1840 segnete: „Wir sind jetzt im Jahr 2015, das kommt ungefähr hin mit den 175 Jahren.“
Den besonderen Zusammenhalt zwischen Karneval, Musik und Gott reflektierte Prinz Jürgen II. vom Wasserfall zur Burg Pyrmont, der mit seiner Lebensgefährtin Prinzessin Jutta I. von Duracell aus dem Badischen Land noch bis zur nächsten Prinzenproklamation am 14. November das Zepter schwingt, in seiner beeindruckenden und nachdenklich machenden Predigt. Jürgen Castor, ein gebürtiger Pilliger, schilderte die Ursprünge der KG Rot-Weiß: „Irgendwelche Personen haben 1840 das Karnevalsfeuer auf dem Maifeld entzündet. Es hat zwar 175 Jahre gedauert, aber jetzt haben wir auch unsere Standarte. Und diese Messe macht uns allen klar, dass Karneval und Gott nicht voreinander weglaufen.“ Ein wenig Lampenfieber konnte Castor nicht verbergen: „Wenn du in die Kirche kommst, ist sie schon proppenvoll. Und wenn du dann ans Mikrofon trittst, ist sie noch einmal doppelt so voll. Aber 175 Jahre wirst du nur einmal, von daher sind wir froh, dass wir diese großartige Messe mitgestalten konnten.“
Die kölschen Lieder sind ein unbefangenes Glaubensbekenntnis in aller Öffentlichkeit
Lieder wie „Schnaps, das war sein letztes Wort“ des legendären Volksschauspielers Willy Millowitsch oder „Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin“ (Die Höhner) seien ihm in diesem Zusammenhang in bleibender Erinnerung. „Diese kölschen Lieder“, so Castor, „sind ein vielstimmiges, unbefangenes Glaubensbekenntnis in aller Öffentlichkeit - auch außerhalb der Kirchenmauern,“ Und was spielte die Stadtkapelle, die neben Organist Paul Steffens die Messe musikalisch begleitete, bei Castors Ausmarsch? „O Mosella , trinkst du den Wein allein? In deinem Garten Eden, wächst doch der Wein für jeden. Und ohne Wein kann ich nicht sein, O Mosella.“ Ein Gassenhauer des Kölner Schlagersängers Karl Berbuer.
Als die Stadtkapelle just zur Gabenbereitung passenderweise „Wer soll das bezahlen?“ von Jupp Schmitz präsentierte, konnte sich auch der Pfarrer ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. „Diese Freude“, so Lacher, „müssen wir auch in den Alltag tragen.“ Spätestens beim Ausmarsch der KG Rot-Weiß unter den Klängen von „Ein schmucker Prinz“, ebenfalls kreiert von Jupp Schmitz, fühlte sich auch der letzte Besucher des Gottesdienstes zurückversetzt in die Karnevalszeit. Die Stadtkapelle führte die KG Rot-Weiß, die zahlreichen befreundeten Vereine und die Honoratioren aus Politik und Gesellschaft anschließend von der Stiftskirche zur Stadthalle - zunächst durch den Stadtkern und schließlich an den gelb blühenden Rapsfeldern vorbei. Kurzzeitig war die Festtagsgesellschaft wieder in der Gegenwart angekommen.
Jubiläumsempfang
Nach dem Sektempfang und einer kurzen Stärkung mit Spießbraten und Bockwurst begann um 13.11 Uhr, wie es sich für Karnevalisten gehört, der offizielle Jubiläumsempfang. Dietmar Schäfer, 53 Jahre alt und seit 19 Jahren Präsident, führte souverän durch das zweistündige Programm. 1986 als Stadtsoldat angetreten und später zum Hauptmann befördert, schwang er 1996 als Prinz das Zepter. Er war vom Bazillus infiziert. Als ihn sein Vorgänger als Präsident, Günter Hemgesberg, im gleichen Jahr fragte, ob er die Nachfolge antreten wolle , habe er „etwas naiv“ zugestimmt. Seitdem ist Schäfer, der „jedes Amt außer Obermöhn“ bekleidet hat und als Ur-Karnevalist „natürlich im November geboren ist“, Präsident der KG, Sitzungspräsident und Elferratspräsident in Personalunion.
Alle drei Jahre wird bei der KG Rot-Weiß der Präsident gewählt. 2017 haben die 350 Mitglieder, von denen 100 aktiv auf der Bühne stehen, wieder die Möglichkeit, einen Wachwechsel zu vollziehen. Schäfer ahnt Schlimmes: „Ich glaube, ich werde dieses Amt nicht mehr los.“ Der Auftakt der jetzigen Jubiläumsfeierlichkeiten habe seine Erwartungen weit übertroffen: „Das ist schon der Wahnsinn. Wir mussten ja die Karnevalisten auch animieren, ihr Kostüm anzuziehen. Das ist im Mai ja nicht gerade selbstverständlich. Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung hier alle dabei sind, bin ich mir sicher, dass wir uns in 25 Jahren zur 200-Jahr-Feier wiedersehen werden. Dann bin ich aber kein Präsident mehr, höchstens Ehrenpräsident.“ Zumindest dieses Amt fehlt noch in seiner Sammlung…


Die gesegnete Standarte wurde von der Stiftskirche zur Stadthalle getragen. Fotos: -SK-

Vorbei an den gelben Rapsfeldern: Stadtbürgermeisterin Claudia Schneider (2. v.re.), Verbandsbürgermeister Maximilian Mumm (3.v.re.) und Landrat Dr. Alexander Saftig (4.v.re.).

Prinz Jürgen Castor hielt eine bewegende Predigt.