Politik | 01.12.2020

Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP)

75 Jahre Vereinte Nationen

Die Weltorganisation in der Krise des Multilateralismus

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) hat aus aktuellem Anlass dieses Thema für ihre letzte öffentliche Veranstaltung des Jahres am Montag, 16. November um 19.30 Uhr ausgewählt. Geplant war der Vortrag ursprünglich als Hybridveranstaltung im Hotel Krupp in Bad Neuenahr. Auf Grund der Ausbreitung der CORONA-Pandemie, konnte der Präsenzteil nicht vor Zuschauern stattfinden, sondern alles wurde im Internet durchgeführt.

Trotz dieser erschwerten Rahmenbedingungen, erklärte sich der Referent, Herr Brigadegeneral a.D. Helmut W. Ganser bereit, seinen Vortrag vom heimischen Arbeitszimmer aus zu halten. General Ganser hat 18 Jahre in der internationalen Sicherheits- und Militärpolitik gearbeitet, dabei als Stellvertretender Leiter der Stabsabteilung Militärpolitik im Verteidigungsministerium in Berlin und als militärpolitischer Berater der Ständigen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO in Brüssel und bei den Vereinten Nationen in New York. Wer also wäre besser als er geeignet aus dem umfangreichen eigenen Erfahrungsschatz über die Arbeit der Vereinten Nationen auch hinter der offiziellen Fassade zu berichten.

Nach einer kurzen Begrüßung aller Teilnehmer und einigen notwendigen organisatorischen Hinweisen durch den Sektionsleiter, Oberst a.D. Josef Schmidhofer, konnte der Vortragsabend beginnen.

Helmut Ganser machte eingangs deutlich, dass er die Thematik aus seinem eigenen Blickwinkel darstellen möchte und nicht beabsichtigt, einen „verklärten Blick“ auf 75 Jahre Bestehen der Vereinten Nationen zu versuchen.

Die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen mit derzeit 193 Mitgliedsstaaten sind das Ergebnis des zweiten Weltkrieges und der daraus resultierenden Nachkriegsordnung. Das erklärt auch die immer wieder aufkommenden Diskussionen über Unzulänglichkeiten, Reformbedarf und Widersprüche zur aktuellen weltpolitischen Realität. Es ist den meisten Menschen dabei nicht bewusst, dass diese VN seit 1945 insgesamt 18-mal mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden und trotz nach wie vor bestehender riesiger globaler Probleme, einen wichtigen Beitrag zumindest zur Eindämmung von Konflikten geleistet haben. Kritiker werden dem entgegenhalten, dass nach wie vor weltweit eine ungerechte Verteilung der Ressourcen, z.B. Wasser, Rohstoffe, Energie, Nahrung, Land als Lebensgrundlage, bestehen, die in immer stärkerem Maße zu regionalen gewaltsamen Auseinandersetzungen führen. Aktuelles Beispiel dafür sind auch die wachsenden Migrationsströme in Richtung Europa.

Ganser machte an dieser Stelle deutlich, dass die Vereinten Nationen nur die Politik verfolgen können, die ihnen durch die Mitgliedsstaaten vorgegeben wird. Unbestritten ist dabei die Rolle der sogenannten Supermächte (USA, China, Russland). Sie könnten auf Grund ihres politischen, wirtschaftlichen und militärischen Einflusses einschließlich ihres VETO-Rechts sehr wohl zur Verbesserung der Lage in der Welt beitragen. Geht man ins Detail, stellt man fest, dass ihre Einflussnahme vorrangig durch Eigeninteressen und den Konkurrenzkampf untereinander geprägt wird. Das zeigt auch das wechselseitige Engagement in den Krisenherden der Welt. Mal versucht man Allianzen zu schmieden, mal führt man Stellvertreterkriege gegeneinander oder überlässt die Akteure ihrem Schicksal. Dabei wachsen die globalen Probleme von Tag zu Tag (Erderwärmung, Trinkwassermangel, Wohlstandsgefälle, ethnische Konflikte, exponentielles Bevölkerungswachstum und mehr). Die Europäische Union spielt in diesem Prozess leider eine völlig unbedeutende Rolle, da intern zerstritten und nicht mit einer Stimme in der Weltpolitik auftretend. Deutschland ist zwar viertgrößter Beitragszahler in den VN und bemüht um einen ständigen Sitz bei einer möglichen Erweiterung des UN-Sicherheitsrates, aber die globalen Realitäten sind andere. Auch das von Deutschland gern in die Waagschale gebrachte Demokratie-Model verliert immer mehr an Attraktivität. Die Demokratien sind in den Vereinten Nationen in der Minderheit und werden durch Präsidenten wie Trump nicht zum Idealziel junger aufstrebender Nationalstaaten.

In einem weiteren Teil seines Vortrages ging General Ganser dann auf die Rolle von Friedensoperationen der VN ein. Eingangs machte er deutlich, dass im Verlaufe der 75-jährigen Geschichte, eine Vielzahl von solchen Missionen erfolgreich waren. Nur liegen diese viele Jahre zurück und sind von der Öffentlichkeit oftmals vergessen.

Klar ist, dass auch in der aktuellen weltpolitischen Lage Friedensmissionen in konkreten Fällen ihre Berechtigung haben. Das Instrument bedarf jedoch einer Reformierung. Der Referent machte an aktuellen Beispielen wie MINUSMA (MALI) deutlich, dass eine solche Mission nur dann Sinn macht, wenn realistisch erreichbare Friedensziele gesetzt werden und sich alle Beteiligten dem unterordnen. Zu oft werden Ziele unkonkret formuliert oder von Akteuren in ihrem Sinne interpretiert. Das sind dann häufig die Ursachen für das Scheitern solcher Operationen. Zusammenfassend machte der Referent deutlich, dass die Geschichte von 75 Jahren Vereinte Nationen insgesamt ein Erfolg ist, wenn auch mit Rückschlägen. Die Vision der Staaten zum Ende des Zweiten Weltkrieges, die VN als Friedensstifter zu etablieren, konnte jedoch nicht erreicht werden. Trotzdem bietet die aktuelle Weltlage keine realistische Alternative zu dieser Weltorganisation. Im Verlaufe des Abends wurde auch deutlich, dass die Vereinten Nationen keine „Überorganisation“ im freien Raum sind, sondern die Akteure real existierende Staaten mit all ihren bi- und multilateralen Problemen. Die Krise des Multilateralismus kann nur von allen gemeinsam gelöst werden. In der abschließenden Diskussion wurde noch eine Reihe interessanter Fragen zur Rolle Europas, Frankreichs und einem gemeinsamen Sitz der EU im ständigen Sicherheitsrat gestellt. So berechtigt solche Ziele und Wünsche auch sind, gehen sie leider an den Realitäten der heutigen Welt vorbei. Insbesondere die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, haben kein Interesse ihre Privilegien abzugeben oder auch nur zu teilen.

Es war wieder ein interessanter Abend, und der Sektionsleiter versprach, auch im neuen Jahr die Veranstaltungen der GSP fortzuführen. Solange es keine Präsenzveranstaltungen geben kann, werden wir andere Formen finden.

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare
  • Thomas Napp: Die derzeitige Containeranlage war als Übergangslösung gedacht und ist baulich nicht für eine langfristige Nutzung ausgelegt. Ich selbst arbeite in solchen Containern und mit der Zeit tauchen dort massive...
  • H. Schüller: Nein, genau die Frage "wie viel" ist hier die richtige. Denken Sie einmal an die über Jahrhunderte verheerende Dominanz der christlichen Kirche in unserem Land, an Hexenverbrennung, Waffensegung, Judenverfolgung,...
  • Boomerang : Die Frage sollte sein - welche Religion verträgt unsere Stadt.
Dauerauftrag
Recht und Steuern
Imageanzeige
Wir helfen im Trauerfall
Stadt Linz
PR-Anzeige Hr. Bönder
Andernach Mitte Card
Recht und Steuern
Anzeige Black Friday / Sonderpreis wie vereinbart
Empfohlene Artikel

Linz. Am 7. November 2025 fand die Mitgliederversammlung des CDU-Stadtverbands Linz statt. Die Versammlung wurde um 18 Uhr im Bistro der St. Antonius Residenz vom Vorsitzenden, Dennis Swirsky, eröffnet. Auf der Tagesordnung stand neben dem Bericht des Vorsitzenden auch der des Schatzmeisters, Jürgen Pappendorf, sowie die Ehrung zahlreicher langjähriger Parteimitglieder.

Weiterlesen

Rheinbreitbach. Ein Schwerpunkt des Bürgerdialogs der CDU Rheinbreitbach im „Sporteck“ war die Entwicklung der Kindertagesstätten (Kitas) im Ort. Dabei forderten die anwesenden Bürger einhellig, die neue Kita „Burgzwerge“ am jetzigen Standort auf dem Areal der früheren Tennisplätze dauerhaft zu sichern.

Weiterlesen

Weitere Artikel

Nierendorfer Dreigestirn unterstützt Kinder- und Jugendhospizdienst

Fastelovend mit Herz

Grafschaft-Nierendorf. Keine Frage: die närrische Herrschaft des Nierendorfer Dreigestirns Prinz Christoph I. (Weber), Bauer Peter I. (Eberle) und Jungfrau Marcela I. (Marcel Werner) samt Adjutant Maik Hintze schrieb im traditionsreichen Niederndorfer Fastelovend in der Session 2024/25 Geschichte.

Weiterlesen

Dauerauftrag 2025
Dauerauftrag
bei Traueranzeigen
Betriebselektriker
Gesucht wird eine ZMF
Heimersheimer Weihnachtsmärktchen, 29. – 30.11.25
Nikolausmarkt in Oberbreisig
Weihnachtsmarkt Nickenich
Weihnachtsdorf Andernach
Kennziffer 139/2025
So 9 Weihnachten in der Region
Weihnachten in der Region
Weihnachten in der Region
Nikolausmarkt in Ehrenbreitstein
Black im Blick Angebot
Black im Blick
Anzeigenauftrag #PR106350-2025-0503#